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von baumarktpflanze
#1402332
Cirque du Soleil: Kooza

Ich komme gerade aus dem Cirque Du Soleil in Düsseldorf. Der kanadische Zirkus tourt jährlich durch Europa mit einer Mischung aus Artistik und Clownerie und Phantasie. Dabei wird auf der Manege live mit Orchester und Sängern musiziert, mit 20 Artisten "artistiert" und mit drei Clowns die Umbauphasen überbrückt.

Das aktuelle Programm beinhaltet vor allem Nummern, die in der Höhe spielen: Ob durch schnelles (!) Wettlaufen auf einem gespannten Seil (ungesichert), Menschenpyramiden auf einem Seil bilden (gesichert), Fahrrädern auf dem Seil hin- und herfahren (ebenfalls gesichert) oder das Seilspringen im Takt der Musik auf einem großen drehenden Rad - die Artisten schaffen es immer wieder, dass die Zuschauer gebannt nach oben schauen, manchmal auch kreischen und am Ende erleichtert klatschen. Zwischen den Höhennummern gibt es immer wieder kleine Clownerie mit den Zuschauern und einen unfassbar guten Schlagzeuger, der mit einem Solo das Zelt zum Toben brachte.

Für 30 Euro hinter einer der vier zelttragenden Säulen oder 140 Euro in der ersten Reihe liefern die Artisten ein buntes Programm mit feiner, sehr gut gesungener Musik auf Englisch, Spanisch und Sanskrit, mit Popelementen, ein bisschen Soul und typischen Klängen aus dem Zirkus. Die Show ist ebenso ähnlich wie bei Musicals perfekt und sehr aufwendig ausgeleuchtet. Kurzum: Der Preis ist für das, was in den zwei Stunden der Show geboten wurde, wirklich in Ordnung, wobei die Plätze für 50 Euro in der oberen Mitte die besten Plätze der Show sind - und für den Preis war es geradezu fantastisch.

Nicht okay und ein dicker Minuspunkt ist dagegen das drumherum. Die Parkplatzgestaltung ist desaströs, die Preise in der Pause viel zu überzogen (5 Euro für eine normal große und unbelegte Brezel? 23 Euro für eine Portion Popcorn, ein Hotdog und eine Cola? Never ever!) und leider beginnt die Show auch ohne Rücksicht auf die Parkplatz- und Anreisesituation drumherum, was dazu führt, dass in der ersten halben Stunde ständig Zuschauer nacheingelassen werden und die Menschen in den Reihen mehrfach immer wieder aufstehen müssen, weil zu Beginn erst etwas mehr als die Hälfte der Zuschauer den Weg gefunden hatte.

Kooza ist noch bis 14. Dezember in Düsseldorf zu sehen, zieht dann nach London und ist ab März in Bern zu Gast.
Zuletzt geändert von baumarktpflanze am Mi 25. Feb 2015, 01:22, insgesamt 1-mal geändert.
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von Tanja Timanfaya
#1402435
Liegt die Parksituation etc nicht in städtischen Händen, sodass der Cirque dafür wenig kann?
Wurde zumindest bei Afrika! Afrika! in der Zeitung geschrieben.
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von baumarktpflanze
#1402445
Teils, teils. Der Circus spielt in Düsseldorf auf einer großen Freifläche in einem Gewerbegebiet. Die Straßen dort sind klein und unübersichtlich. Dennoch hat man einen eigenen (im Gegensatz zu den letzten Jahren kostenlosen) Parkplatz eingerichtet. Diese Fläche wurde aber leider nicht geregelt durch Einweiser. Das führte dazu, dass Besucher mit der Bahn und Besucher mit dem Auto über die gleichen Wege geleitet worden sind, wodurch die Autos schlicht nicht mehr durchkamen und das Gewerbegebiet immer weiter verstopfte. Ein paar Einweiser und ein klar abgetrennter Weg für die Fußgänger hätten hier vielleicht geholfen.
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von Tanja Timanfaya
#1402456
Wäre aber auch wieder die Frage, wer dafür zuständig wäre. Die Stadt, die den Verkehr kennt und f und die Fläche vermietet oder der Cirque selbst.
Ich würde da, wie viel zu oft, auf mangelnde Absprache tippen
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von baumarktpflanze
#1402544
Ich habe gerade zu meinem Erstaunen festgestellt, dass nicht einmal ein Drittel des Soundtracks der gestrigen Cirque Du Soleil - Show auf dem offiziellen Soundtrack wiederzufinden ist, sondern zwei Drittel mit ganz anderen Stücken bestückt wurde.
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von baumarktpflanze
#1402753
Sweet Charity

Ich komme gerade aus der Premiere des Musicals "Sweet Charity" in Stuttgart. Das Musical erzählt von der Bartänzerin Charity, die von den Männern nur ausgenutzt wird, weil sie Bartänzerin und ziemlich naiv ist, bis sie durch Zufall Oscar kennenlernt und ein neues Leben anfangen will.

Das Broadwaystück hat in den USA mehrere Tony Awards abgeräumt und wird in Deutschland am alten Stuttgarter Schauspielhaus mit 15 Darstellern und Liveband auf der Bühne umgesetzt. Die dreistündige Show schwankt zwischen Komödie, Boulevardtheater und klassischem Musical hin und her. Es ist gut gesungen, es gibt schöne Gruppennummern, es ist teilweise eine richtige Requisitenschlacht und dennoch ist es nicht perfekt: Die Choreographie stimmt hier und da nicht, die Töne machen nicht immer mit, die Übersetzung ist doch manchmal sehr holprig und textsicher sind die Darsteller auch noch nicht so ganz. Ebenso hat das Stück seine Längen, vor allem in den Teilen, in denen nicht gesungen wird.

Dennoch ist Sweet Charity wahnsinnig sympathisch, weil die Mischung aus Boulevardtheater und Musical an sich stimmt. Und wenn Charity sich in einem Kleiderschrank versteckt und auf kleinstem Raum singt, wenn die Tänzerinnen aus dem Club gemeinsam den Schweiss an die Stangen tanzen und wenn Lienhaber Oscar, der unter Platzangst leidet, in einem Aufzug auf kleinstem Raum fast durchdreht, ist das Stück sehr sehr unterhaltsam, zeigt richtig Klasse und zeigt Musical von einer Seite, wie ich sie bisher nicht kenne. Und manch einer der Darsteller hat eine so gute Stimme, dass man sich fragt, warum er nicht schon anderweitig aufgefallen ist. Oder ne Rolle mit mehr Gesang bekommt.

Leider gab es am Ende wieder nur den schwäbischen Pflichtapplaus ohne Standing Ovations, der nicht einmal reichte, bis die bereits bereitgestellten Blumen verteilt werden konnten für die Darsteller. Die gabs dann hinter der Bühne.

Die Karten für Sweet Charity kosten zwischen 11 Euro im Rang und 35 Euro in den ersten Parkettreihen. Das Stück läuft noch bis Ende Januar in Stuttgart.
Zuletzt geändert von baumarktpflanze am Mi 25. Feb 2015, 01:21, insgesamt 1-mal geändert.
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von baumarktpflanze
#1403539
Jemand Lust auf Musical? Ab dem 01.01. gibt es für verschiedene Musicals von Stage zwischen 20% und 30% Rabatt auf die ersten drei Preiskategorien. Folgende Musicals sind dabei:

- Rocky (30% Rabatt in Kategorien 1 - 3:)
- Das Phantom der Oper (30% Rabatt in Kategorien 1 - 3:)
- Hinterm Horizont (20% Rabatt in Kategorien 1 - 3)
- Sister Act (25% Rabatt in den Kategorien Premium - PK 2)

Das Angebot ist jeweils buchbar vom: 01.01.15 - 31.01.2015 für Vorstellungen vom: 03.01.15 - 28.02.2015. Es gilt für alle Tage, solange der Vorrat reicht.

Und hier ist der Link.
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von baumarktpflanze
#1405875
Ich war noch niemals in New York

Das Musical "Ich war noch niemals in New York" erzählt die Geschichte einer berühmten Fernsehjournalistin, die mit einem begehrten Preis ausgezeichnet werden soll, aber erstmal ihre Großeltern auf einem Schiff suchen muss, die sich aus dem Heim aufgemacht haben in die neue Welt.

Mit einer Mischung aus Rentnerrevue mit Fernsehballett, vielen Schlagern von Udo Jürgens und einer einfachen, preiswerten, aber wie in den Volksmusik-Fernsehsendungen äußerst detailverliebten Schiffskulisse wird mit vielen Requisiten und ein paar durchtranierten Matrosen ein unterhaltsames Ensemble-Musical inszeniert, dass von der Freiheit des Augenblicks und dem im Grunde ganz einfachen Entfliehen aus dem Alltag erzählt, dass wir alle so gern wollen, aber doch nur selten machen.

Im Verlauf der Geschichte finden sich viele große Hits und manch kleine Perle von Udo Jürgens wieder, die durchaus bemerkenswert passend eingearbeitet worden sind. Vor allem das Finale des ersten Aktes mit "Schöne Grüße aus der Hölle" ist auch durch die große Ensemble-Tanznummer sehr sehr sehenswert, die Performance vom "Ehrenwerten Haus" mitreissend gut gemacht und nicht zuletzt ist auch der Titelsong in einer schönen Szene eingebaut. Die Hauptdarstellerin des Musicals darf leider nur in einer Szene ihr durchaus vorhandenes gesangliches Talent zeigen, während der Rest des Ensembles eher im stimmlichen Mittelmaß verharrt und die anderen Schlager die stimmliche Qualität der Hauptdarstellerin nicht im Ansatz ausreizen. Dem Schunkeln und Mitklatschen und Mitsingen der Senioren im Publikum tut das aber keinen Abbruch.

Nach einer längeren Pause wird im Frühjahr 2015 das Musical "Ich war noch niemals in New York" von Stage Entertainment in Berlin auch nach dem Tod von Udo Jürgens wieder aufgelegt. Die Premiere ist am 25. März 2015.
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von Tanja Timanfaya
#1406029
rosebowl hat geschrieben:
Davinia-EP hat geschrieben:Wir werden uns hier nicht einig :wink:
Das Gefühl habe ich auch ;)
Ja, dann würde ich mich mal äußern können wenn du noch Interesse hast B-)
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von rosebowl
#1406156
Wenn ich bei Konzerten/Musicals nur schreiben würde, wenn jemand Interesse bekundet, wären die Threads nur halb so groß... :D
Klar, schreib mal, was du von der Truppe hältst ;)
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von baumarktpflanze
#1406716
baumarktpflanze hat geschrieben:Jemand Lust auf Musical? Ab dem 01.01. gibt es für verschiedene Musicals von Stage zwischen 20% und 30% Rabatt auf die ersten drei Preiskategorien.

(...)

Und hier ist der Link.
Kurze Anmerkung: Ich habe inzwischen mehrfach versucht, für die oben genannten rabattierten Musicals Karten zu buchen. Leider funktioniert bisher der Link nur für Sister Act. Schade :?
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von Tanja Timanfaya
#1407031
So, nachdem ich mir nochmal den Film angetan habe, um nen ehrlichen Vergleich zu haben kommt hier meine Meinung zu Rocky Horror.

Ich muss sagen, dass wir für Frank und Brad die Zweitbesetzungen hatten. Beide waren nicht sonderlich überzeugend. Insgesamt waren die Sänger okay, aber vor allem Eddie völlig überfordert mit seiner Rolle.
Columbia und Magenta waren aber herausragend. Magenta nicht so gut wie in Glee :-P Columbia viel besser.
Die Musik hat durchaus Spaß gemacht.

Unser Publikum war durchaus mitgerissen, hat Zwischenrufe gemacht und Fanbag genutzt. Schade war, dass die Nutzung der Fanbag nicht komplett erklärt wurde. Wann das Klopapier nutzen, wann den Partyhut aufziehen, das war unklar und wurde daher von den Meisten nicht gemacht.
Ansonsten hats aber Spaß gemacht mit den Fanbags. Wischen und Kehren wollte ich da aber nicht.

Die Änderungen zum Film haben mich verwirrt, also vor allem das Ende zwischen Brad und Janet (im Film wird nicht klar, ob sie noch zusammen sind, im Musical eindeutig nicht) und die Auslassung des Dinners.
Auch fand ich den Kühlschrank nen Witz, da ginge mehr. Und man kriegt in irgendeiner Form sicher ein Motorrad auf die Bühne, wenn man will.

Sky du Mont war ein solider Erzähler mit etwas Humor. Und der sieht echt gut aus, wie im Fernsehen :-o

Ich hab ja nichts für die Karte bezahlt, die gabs zu Weihnachten von Schwiegereltern, aber ich hätte mich nicht geärgert wenn ich gezahlt hätte. Klar, die Sänger waren... Nunja... Aber wir hatten trotzdem Spaß und einen witzigen Nachmittag
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von Tanja Timanfaya
#1411921
Habe von ein paar Verkaufserlösen Karten für Rocky gekauft, Golden Seat wenn dann richtig, zumal ich ja weniger zahle. ;-)
Am 11.6. Ist es soweit, bin gespannt!
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von baumarktpflanze
#1413672
Tanja Timanfaya hat geschrieben:Habe von ein paar Verkaufserlösen Karten für Rocky gekauft, Golden Seat wenn dann richtig, zumal ich ja weniger zahle. ;-)
Am 11.6. Ist es soweit, bin gespannt!
Bitter, wo jetzt Rocky im Herbst nach Stuttgart kommt, wenn man der Stuttgarter Zeitung glauben kann.
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von Tanja Timanfaya
#1413684
baumarktpflanze hat geschrieben:
Tanja Timanfaya hat geschrieben:Habe von ein paar Verkaufserlösen Karten für Rocky gekauft, Golden Seat wenn dann richtig, zumal ich ja weniger zahle. ;-) Falls
Am 11.6. Ist es soweit, bin gespannt!
Bitter, wo jetzt Rocky im Herbst nach Stuttgart kommt, wenn man der Stuttgarter Zeitung glauben kann.
Ähm nein sinnvoll und günstiger als Stuttgart. Bin eh in HH, muss also nicht extra Anfahrt und Übernachtung zahlen.
Sparen locker 200euro mit Hamburg.
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von baumarktpflanze
#1413950
Häuptling Abendwind und die Kassierer

Dieses Stück am Schauspiel Dortmund ist kein Musical an sich, sondern wird als Operette angekündigt. Es erzählt die Geschichte von Häuptling Abendwind aus dem Königreich der Wilden, der dem Kannibalismus mit leckerem Bier und Menschenfleisch frönt, aber leider eine Tochter hat, die sich doch lieber vegan ernährt und Möhren und Lauch bevorzugt. Eines Tages kommt es, dass er Besuch aus dem Nachbarkönigreich bekommt. Die Musik steht, die Tochter ist eingekleidet - nur allein: Es fehlt das Fleisch.

Aber Geschichte ist bei diesem Stück wohl das falsche Wort: Der Punk lebt hier und stellt sich gegen sämtliche Konventionen, die das moderne Theater immer noch hat: Schon das Publikum trägt lieber Shirts mit Witzsprüchen und hat fein geschnittene Irokesen und auch auf der Bühne wird lieber der Geschmacklosigkeit die Bretter geöffnet. Und so wird fleissig mit Gummipuppen gevögelt, Bier gesoffen, kiloweise Spaghetti mit Bolognesesauce um sich geworfen und nicht zuletzt auch das Örtchen besucht. Da halten sich im Parkett selbst die Irokesen das schützende Plastik übers Haupt, wenn mal wieder was ins Publikum spritzt.

Dennoch: Dieses Stück ist irre - irre geschmacklos, irre niveaulos, irre laut, irre punkig mit der im Ruhrpott beheimateten Band "Die Kassierer". Und am Ende einfach herrlich, weil sämtliche Konventionen des Theaters in nur 100 Minuten gebrochen werden und das Publikum am Ende auf den Sitzen steht und Zugabe schreit.

"Häuptling Abendwind" läuft im Schauspiel Dortmund noch bis Mai 2015. Bei den Plätzen im Parkett geht es nicht ohne Mitmachen, im Rang hat man seine Ruhe, aber auch keine Party. Die Karten kosten zwischen 11 Euro auf dem Balkon und 33 Euro im Parkett.
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von rosebowl
#1414720
Relativ spontan mit Freunden organisiert: Am 1. März geht es nach Karlsruhe zu My Fair Lady.
Bin mal gespannt. Das ist wohl die deutsche Version. Die englische hab ich mit dem Englisch-LK mal gesehen, weil Pygmalion Abithema war...
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von baumarktpflanze
#1414807
Roxy und ihr Wunderteam

In diesem Musical der Oper Dortmund wird die Geschichte einer zufälligen Begegnung einer jungen Frau namens Roxy, die gerade vor ihrem Bräutigam während der Hochzeitszeremonie entflohen ist, und einer Fußballmannschaft, die gerade ein wichtiges Spiel krachend verloren hat, erzählt. Die Mannschaft nimmt Roxy auf und nimmt sie mit ins Trainingslager, wo sie sich auf das Rückspiel vorbereiten will. Es kommt, wie es kommen muss: Der Torwart verliebt sich in Roxy, aber die bekommt bald Besuch von ihrem Verlobten, vor dem sie weggerannt ist.

Die simple Geschichte des Musicals, die mit allerlei Verstrickungen erzählt wird, spielt in den dreissiger Jahren. Dementsprechend ist die Musik sehr jazzig angehaucht. Und es ist eine wahre Schlacht: Mit über fünfzig verschiedenen Darstellern, mit massig Kostümen, mit vielen Requisten und vielen vielen Gruppennummern wird eine launige Storyline erzählt, die manchmal albern ist, manchmal zum Stirnrunzeln, manchmal großartig - vor allem aber in ihrer Inszenierung beeindruckend ist.

Wenn die Fußballer, durchtrainiert und nackt in der Sauna, von sieben Mädels überrascht werden, die sich an sie ranmachen, schlackert es vor nackten Beinen dem gediegenen Opernpublikum geradezu mit den Ohren. Wenn die Mädchen später mit hochhackigen Schuhen eine astreine Steptanznummer hinlegen, kocht der Saal. Und wenn alle fünfzig Darsteller in der Mitte des Stückes singen und nur von einer Geige begleitet werden, ist das ein echter Gänsehautmoment. An mehreren Stellen traut sich das Musical auch, allein auf die Kraft der Musik zu setzen und die Bühne dunkel und leer zu lassen. Das ist ungewohnt, aber gut gemacht.

Leider geht da gerne auch mal was daneben: Bei fünfzig verschiedenen Mikrofonen kommt der Tonmann immer wieder ein bisschen durcheinander. Was wahnsinnig schade ist, weil die beiden Hauptdarsteller durch ihre Opernausbildung eine wahnsinnig tolle Stimme haben und ein beeindruckendes Stimmvolumen. Es gibt auch nur eine einzige Solonummer, die dann durch einen nicht zur Geschichte passenden Appell an die Zuschauer völlig aus dem Rahmen fällt - und vor allem auch nicht von einem Hauptdarsteller gesungen wird. Und einen richtigen echten Mitsummohrwurm gibt es auch nicht.

Dennoch: Für gerade einmal sieben Euro im Rang oder 49 Euro ganz vorne im Parkett bekommt man ein äußerst wunderbar inszeniertes Musical und einen sehr launigen Abend. "Roxy und ihr Wunderteam" läuft in der Oper Dortmund bis März 2015.
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von baumarktpflanze
#1416018
Johnny Cash Songbook

Als vor gut einem Jahr der Intendant des Stuttgarter Schauspielhauses wechselte und Hasko Weber durch Armin Petras ersetzt wurde, ging ein Ruck durch gesamte Ensemble. Petras, der vorher in Berlin mit großen Schauspielern arbeiten durfte, nahm das große Theaterflair und die Möglichkeiten, die das Kulturparadies Berlin bot, mit nach Stuttgart samt einiger Schauspieler - wie beispielsweise Edgar Selge - und lies dafür andere gehen - wie Harald Schmidt.

Eines der Stücke, die Petras aus dem großen Berlin ins Schwabenland mitbrachte, war das Johnny Cash Songbook - unter Weber noch ein Affront gegen die Theaterkultur. Und so stehen am Schauspiel an diesem Abend 20 Ensemblemitglieder auf der Bühne, die gemeinsam mit Torsten Kindermann und seiner Band - bekannt aus vielen Stücken aus Bochum und Dortmund - Johnny Cash singen. Jeder darf mal ans Mikrofon, jeder darf auch mal ans Instrument und so entsteht ein bunter Abend mit viel Country, manchen unfassbar guten Stimmen und ein paar Ausreissern, vor allem aber ganz eigenen Versionen der alten Johnny Cash Klassiker, wenn nicht gerade mal eine B-Seite präsentiert wird. Dabei sind die großen Songs aber alle, manche nur erkennt man nicht gleich.

Das ist abwechslungsreich, unterhaltsam, aber auch irgendwie unpassend. Man nutzt die Möglichkeiten der riesigen Schauspielbühne kaum, die Beleuchtung ist sehr zurückgefahren und vermittelt eher Theater- als Konzertatmosphäre - und am Ende wird trotz vieler Wechsel einfach nur gesungen, aber nicht Theater gespielt. Dabei hätte man mit 20 Mann durchaus die Songs auch mit Choreographie unterlegen können. Immerhin hat man es hier und da gewagt. Auch ein paar Worte ans Publikum zu richten, scheint bei der Inszenierung und Sangesfreude unterzugehen. Dennoch hat die Band die trägen Schwaben nach kurzen 70 Minuten und dem zweiten Mal Ring of Fire zum Stehen und Tanzen gebracht, nachdem mit zwei echten Gänsehautmomenten der Hauptteil des Konzerts zu Ende geht.

Das Stück / Konzert läuft in dieser Spielzeit im Schauspiel Stuttgart noch bis April. Die Karten kosten zwischen 7 Euro neben den Regieplätzen im Parkett und 31 Euro in den ersten Reihen. Das Schauspiel hat keinen Rang. Wer tanzen will, dem sei Reihe 18 im Parkett wärmstens empfohlen, weil hier ein Durchgang viel Platz bietet, sich auszutoben. Durch den starken Anstieg im Schauspiel hat man von dort zudem beste Sicht.
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von baumarktpflanze
#1416060
Ich habe mal auf der ersten Seite des Threads eine Übersicht der bisher in diesem Thread und anderen Threads besprochenen Theater und Musicals erstellt, damit man sich schnell einen Überblick verschaffen kann. Sollte ich eine Kritik vergessen haben oder wenn etwas falsch ist, wird es natürlich korrigiert. :wink:
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von baumarktpflanze
#1416655
The return of "Das goldene Zeitalter"

Vor einem Jahr feierte in Dortmund ein Stück Premiere, das bald einen gewissen Kultstatus hatte. "Das goldene Zeitalter" thematisierte die ständigen Wiederholungen im Leben und die Tatsache, dass wir alle diese Wiederholungen ständig bewerten müssen, weil wir gar nicht realisieren, daas wir in einer Wiederholung leben: Alles war schon einmal da, alles wurde schon einmal gesagt - was ist da eigentlich neu?

Da ist es nur folgerichtig, dass man das Stück nun neu auflegt und die Premiere wiederholt. Das Publikum daef derweil kommen und gehen, im Saal trinken und essen - vor allem aber Teil des Stückes werden, eingreifen in den Wiederholungsreigen, während die Regie live aus dem Publikum ständig in das Stück eingreift, es ändert, Szenen nochmal spielen lässt. Und nochmal und nochmal und nochmal. Mit Video, mit Theater, mit Musik

So entsteht ein Reigen aus Wiederholungen, der immer anders ist, obwohl er gleich sein soll. So entsteht aber auch ein riesiger Assoziationsraum aus Sätzen, Videos, Eindrücken: Langeweile. Spannung. Wiederholung. Langeweile. Spannung. Wiederholung. Wenn auf der Bühne minutenlang ohrenbetäubend laut geschossen wird, ist das mindestens anstrengend und irgendwann unerträglich. Wenn auf der Bühne drei Burkaträger stehen und immer wieder das Individuum beschreien, ist das echt stark. Und wenn ein Feuerwehrmann anklagt, dass wir uns um alles kümmern, aber nicht um den Brandschutz, ein wunderbarer Running Gag.

The return of Das goldene Zeitalter ist Experimentaltheater, das man aushalten muss: Über drei Stunden ohne Pause wird der Zuschauer beschallt mit Informationen, Szenen und immer wieder Wiederholungen. Wer rausgeht, verpasst die Wiederholung und verpasst die kleinen Momente, die dann anders sind. Wer drinbleibt, sieht aber nicht, dass auch das Foyer bespielt wird. Ein gemeinsamer Raum entsteht, aber Neues ensteht dabei nicht. Und das ist nirgendwo besser gezeigt, als hier und heute im Schauspiel Dortmund. Und weil jede Aufführung aus anderen Szenen besteht, ist jede Aufführung ein neuer Versuch, Neues zu erschaffen, der dann doch nur in der Wiederholung besteht.

The return of Das goldene Zeitalter läuft ab heute im Schauspiel Dortmund. Karten kosten zwischen 7 Euro im Rang und 23 Euro im Parkett.
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von baumarktpflanze
#1416818
Bekenntnis eines Masochisten

Drei Schauspieler, die in einem kleinen Saal mit gerade einmal 50 Zuschauern, eine Mischung aus Mitmachtheater, Kabarett und Moralkeule servieren - das ist das "Bekenntnis eines Masochisten". Gezeigt wird ein Spiegel der modernen Arbeitswelt mit Blick auf niedrige Gehälter, Ärger, weil man in der Gewerkschaft ist und die irre Angst vor den Chinesen - erzählt am Bild eines Masochisten, der gepeitscht werden will, der Schmerze ertragen möchte und das alles am Ende auch noch geil findet.

Da geht es 70 Minuten also heiß und wild her: Die Bühne wird erst Stück für Stück in ein Chaos verwandelt und dann wieder aufgebaut, genauso wie die Themen wild durcheinander gewürfelt werden. Das funktioniert insofern gut, als dass alle drei Schauspieler sehr nah sind, gerne auch mal improvisieren und sehr ausdrucksstarke Stimmen haben. Ja, es wird viel geschrien, aber das Schreien berührt und das ist ein Unterschied.

Das funktioniert aber insofern schlecht, als dass am Ende der Zuschauer ratlos zurückbleibt. Dass die Arbeitswelt ihre Kehrseite hat, ist ja durchaus bekannt, aber wer eine Stunde lang nur hart kritisiert, aber am Ende keine Lösung hat, bleibt eben doch nur ein ewiger Kritiker. Dass die Arbeitswelt durch die Gier nach Geld auch Täter und Opfer hat, ist durchaus bekannt - dann muss man aber auch die Frage nach Schuld und Verantwortung stellen.

So blebt ein durchaus unterhaltsamer Abend mit viel Kritik und einem großen Spiegel, sehr nahen Schauspielern mit echter Ausdrucksstärke, aber leider auch einem Stück, dass einen mit Bauchgrummeln entlässt in die böse Welt da draussen.

Bekenntnis eines Masochisten wird noch bis April im Schauspiel Dortmund aufgeführt. Die Karten kosten zwischen 10 und 15 Euro.
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von rosebowl
#1416941
Ich war gestern in Karlsruhe bei My Fair Lady.
Eine Inszenierung der Kammeroper Köln, die wirklich Spaß gemacht hat. Sehr klassisches Theater, keine aufgedrehten "wir sind ja so modern"-Abwandlungen oder ähnliches, aber auch kein bisschen langweilig. Die Sänger waren top, besonders Eliza war richtig stark besetzt. Die ganze Truppe hat während der knapp 3 Stunden wirklich Spaß auf der Bühne, und das überträgt sich auch auf das Publikum. Also wer mal einen richtigen Klassiker unter den Musicals sehen will, dem kann ich diese Inszenierung nur empfehlen...

Dir Gruppe tourt noch bin mindestens Ende Monat durch Deutschland, Österreich und die Schweiz:
http://www.highlight-concerts.com/index ... -lady#tab3
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von baumarktpflanze
#1419041
Jesus Christ Superstar

So etwas hatte das Opernhaus des Dortmunder Staatstheaters noch nicht erlebt: Da verpflichtet man den Castinggewinner Alexander Klaws, den Musicalsänger David Jakobs und Patricia Meeden für eine Spielzeit und für ein Stück, dass komplett auf Englisch aufgeführt wird - und schon am ersten Tag des Vorverkaufsstarts für die neue Spielzeit rennen die Menschen dem Theater die Bude ein. Kurze Zeit später, noch am gleichen Tag, und ein paar Tumulte im Foyer später war die gesamte Spielzeit mit jeweils rund 1.000 Plätzen pro Vorstellung ausverkauft.

Auf Englisch.
Ein Musical.
Im Opernhaus.

Jesus Christ Superstar, eine Rockoper, komplett durchmusiziert, in einem Opernhaus: Mit über 50 Darstellern wird die Geschichte von Jesus' Kreuzigung erzählt. Im ersten Akt wird dargestellt, wie Judas Jesus verrät, im zweiten Akt wird Jesus dann der Prozess gemacht. Diese zwei Handlungsstränge werden auf verschiedene Weisen erzählt. Der erste Akt ist sehr dunkel, man spielt viel mit Licht und Schatten und baut die Verräterthematik mit ihren Geheimnissen aus. Einzelnummern werden gezeigt, es wird mit der Bühnentechnik gespielt, aber es bleibt alles sehr zurückhaltend. Als dann klar ist, wer Jesus verraten hat, im zweiten Akt, ist die Bühne plötzlich heller. Ensemblenummern folgen, die Lichttechnik zeigt was sie kann, es gibt jetzt plötzlich Requisiten. Das Stück fängt an zu leben, die Musik wird mainstreamiger und nicht zuletzt auch wird das Stück in der Erzählung viel schneller und verständlicher.

Auf einer deutschen Theaterbühne ein Stück komplett auf Englisch in einem großen alten Opernhaus zu zeigen, ist ein sehr mutiger Schritt. Und tatsächlich: Es gibt keinerlei Übersetzungen oder Übertitel, nur das Programmheft erklärt die Handlung und hin und wieder werden kleine Erklärungen eingeblendet, was nun kommt. Hier und da hätte es aber gerade für das ältere Publikum durchaus Übertitel gebraucht.

Dennoch: Jesus Christ Superstar ist gut umgesetzt worden. Alexander Klaws muss als Jesus in diesem Stück richtig was leisten, David Jakob als Judas blüht erst im zweiten Akt richtig auf. Die Ersatzschauspielerin für Patricia Meeden hat mit ihrer Soulstimme auch eine beeindruckende Maria Magdalena gegeben. Freilich: Eine echte Musicalbühne kann mehr. Sie spielt mehr mit dem Licht, sie spielt mehr mit der Technik und sie hat eine Tonanlage, die auf solche Sounds ausgelegt ist. Das war im Theater Dortmund doch hin und wieder nicht gerade schön. Aber für 39 Euro auf den vorderen Plätzen und 15 im Rang ist das Preis-Leistungsverhältnis einfach unschlagbar.

Jesus Christ Superstar ist in dieser Spielzeit hoffnungslos ausverkauft, wird aber in der kommenden Spielzeit nochmal im Theater Dortmund zu sehen sein.