- Di 26. Jan 2016, 10:56
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10x01 - My Struggle
Fand den Auftakt sehr, sehr stark. Carter gelingt hier nahezu perfekt die Mischung aus echtem X-Files-Feeling, massivem mythologischem Ausmisten, Modernisierung und dem Abholen neuer Zuschauer. Es gab einige offensichtliche Mängel, aber die sind ziemlich zwangsläufig und teils auch richtig.
Gefühlt wird alle paar Minuten der große rote Reboot-Button gedrückt, gerade in Sachen Mythologie räumt Carter auf, indem kurzerhand so ziemlich alles (oder auch nichts), was wir in 9 Staffeln gesehen haben zum verschwörungsgesteuerten Ablenkungsmanöver erklärt wird. Bedenkt man, dass die Mythologie eh das reinste Chaos war, sicherlich nicht der schlechteste Weg, aber das jetzt Schlüsselelemente wie die Invasion 2012 mal eben vom Tisch gewischt werden, ist schon etwas bitter. Auch dass Carter sich quasi einen Blankoscheck ausstellt, nun von der Mythologie einfach zu verwenden, was ihm passt und den Rest für nichtig zu erklären, naja.
Auf der anderen Seite steigt die Serie in ihre "neue" Mythologie richtig stark ein. Ich hatte schon gelesen (als eine der ganz, ganz wenigen Sachen, die ich zum Reboot gelesen hatte), dass Carter im Zeitalter von Totalüberwachung und Drohnenkrieg viel Potential für Akte X sieht, aber nicht damit gerechnet, dass er da dermaßen in die Vollen geht. Kam auch deshalb so gut rüber, weil Joel McHale zur Höchstform aufläuft.
Was jetzt überhaupt die "neue" Mythologie ist, da blicke ich schon nach einer Folge nicht mehr durch. Wo die Grenze zwischen wirklich geschehen und bloß inszeniert ist, wird nicht klar. Selbst Roswell, das wir hier in Rückblenden sehen wird am Ende direkt als "smoke screen" in Frage gestellt.
Hab schon seit "I want to believe" die Befürchtung, dass Carter vor allem mit der Samantha-Storyline unzufrieden ist und die spätestens in einer Staffel 11 erneut aufgreifen wird.
Die Story um Sveta ist schon fast ein MacGuffin. Wieso sich Mulder von so einem popeligen Entführungsfall locken lässt und dadurch gleich sein Lebenswerk über den Haufen wirft, ist mir schleierhaft. Das gilt so leider für die ganze Folge. Die war so expositionsüberladen, dass man eine strukturierte, nachvollziehbare Handlung echt mit der Lupe suchen musste. Dafür funktioniert das mit der Exposition imo ziemlich gut, wobei Carter auch hier ordentlich den Reboot- oder eher den Erase-Knopf drückt. Überhaupt scheint er weniger an den miesen letzten Kinofilm noch an das Ende von Akte X, noch nicht einmal an das Ende von Mulder und Scully nach Staffel 7 andocken zu wollen, sondern eher zurück zu den ganz frühen Staffeln.
Mulder und Scully sind wieder getrennt, die X-Akten geöffnet, es geht wieder um UFOs und ihre Ausschlachtung durch die Regierung (?), Skinner (der Bart tragen muss, damit er ebenfalls älter ausschaut als damals ^^) und Mulder pflegen wieder den rauen Umgangston früher Tage, Mulder ist wieder der Spinner und Scully die Skeptikerin, der CSM ist zurück. Kein Doggett, keine Reyes, keine Supersoldaten, kein William (hat man ja im Film schon "rausgeschrieben"). Manches davon wirkt etwas holprig, es dürfte der Miniserie aber gut tun, dass man alles in einer Episode abgehakt hat (hätte man zum Beispiel die X-Akten dicht gelassen und Mulder und Scully ein Gelegenheits-Duo gelassen, dann hätte es immer wieder krude Storykonstruktionen geben müssen, um sie zu nem Fall zusammenzubringen). Bei den FdW-Folgen wird man es vermutlich genauso machen: Die X-Akten sind wieder offen, daher werden eben auch normale Fälle bearbeitet. Punkt.
Das ganz große Plus: Das war Akte-X-Feeling wie seit langer, langer Zeit nicht mehr (der zweite Film hatte das imo gerade mal in Spuren). Mark Snow zaubert einen Score, in dem man sich sofort zuhause fühlt. Für hartgesottene Nostalgiker wurde selbst das alte Intro ausgegraben (mir kam es ein bisschen kurz vor, aber ich kann mich irren), auch wenn es sich massiv mit der aktuellen Bildqualität beißt.
Ich freu mich jedenfalls auf den Rest und hoffe, dass noch mehr kommt.