- Mo 12. Sep 2016, 14:26
#1486760
Das US-Kinojahr ist schon seit Ewigkeiten in vier verschiedene Seasons eingeteilt, in denen die Studios traditionell alle immer die gleiche Art an Film starten. Auch weil sich kaum jemand traut, aus diesem System auszubrechen, und mal was neues auszubrobieren.
Da wäre die Herbstsaison, in denen die Dramen und Biografien starten, von denen man hofft, dass sie für die Oscars in Frage kommen. Dann gibt es die Weihnachtssaison, in der man nochmal ein paar teure (Familien-) Filme startet. Die Frühjahrssaison ist Resteverwertung, in der alles das startet, von dem man eh wenig Erwartungen hat, und von dem man nicht weiß, wohin sonst damit.
Und dann kommt der Sommer und die Blockbusterzeit.
Man war lange Zeit der Meinung, dass ein teurer Effektfilm im Sommer mehr Geld einspielt als außerhalb des Sommers, hauptsächlich wegen der langen Schulferien. In den USA gibt es kaum Oster-/Herbsferien usw. sondern das Schuljahr läuft ohne größere Unterbrechungen am Stück durch, dafür gibt es dann im Sommer fast 3 Monate am Stück frei. Womit in der Sommerseason die Hauptzielgruppe, die sich diese Blockbusterfilme ansieht (die Jugendlichen ab 13 und die Studenten) alle endlos Freizeit haben, und sich eher Filme ansehen werden als während des laufenden Schuljahrs.
Und weil es Tradition ist, und die teuren Effektfilme immer im Sommer liefen, und es immer funktioniert hat, und weil was einmal funktioniert auch weiterhin für immer und ewig weiter so funktionieren wird, ist das auch heute noch so.
Dann nimmt man es auch in Kauf, dass sich einige Filme gegenseitig die Zuschauer streitig machen. Weil man der Meinung ist, dass im Sommer mehr Geld für Kino ausgegeben wird, und dadurch durch den Start im Sommer unterm Strich trotz dem gegenseitigen kanibalisieren mehr Geld eingenommen wird als außerhalb. Und ein paar Flops sind halt immer dabei, es kann nicht alles gut laufen, und das nimmt man dann so hin.
In den letzten Jahren gab es aber eine Entwicklung, die das Sommer Modell mehr und mehr in Frage stellt.
Zum einen die immer größer werdenden Budgets, wo 200 Mio und mehr für einen Film schon fast zum Normalfall werden. Und damit verbunden die hohen Erwartungen der Studios, die auf sehr hohe Umsätze angewiesen sind um Gewinn zu machen, und für die ein so teuer produzierter Film mit weltweiten 500 Mio Umsatz ein finanzieller Flop ist.
Dann werden auch immer mehr dieser großen und teuren Filme produziert, die auch alle so viel Umsatz brauchen, und dann suchen die Studios die vermeintliche Sicherheit des Sommers mit den vermeintlich hohen Umsätzen, was natürlich nicht funktionieren kann.
Damit hat man dann die Übersättigung erreicht, wie man sie heute findet.
Vor zehn Jahren startete alle drei Wochen ein großer und teurer Film mit 100 Mio+ Budget, mit noch ein paar Komödien und Kleinkram dazwischen. Heute startet oft jede Woche ein solcher Film, und irgendwann ist auch das gelangweilte Schüler-Publikum satt und mag sich nicht die x. Comicverfilmung ansehen. Davon abgesehen ist auch das Geld nicht da, dass sich jeder Schüler zwei oder drei Filme pro Woche ansehen kann.
Die Studios reagieren auch schon darauf. Filme wie Captain America 2, Batman v Superman, 50 Shades of Grey, Fast & Furious 7 oder Deadpool starteten alle schon im Zeitraum Februar-April, und machten sehr zufriedenstellende Umsätze. Der Trend des Entzerrens wird sich in den nächsten Jahren fortsetzen, da man festgestellt hat, dass auch ein richtig teurer Film außerhalb des Sommers gut laufen kann und sogar weltweite Umsätze über 1 Milliarde möglich sind. In den nächsten Jahren sind zahlreiche Filme im Frühjahr terminiert, die vor ein paar Jahren noch im Sommer hätten starten müssen.
Dass es die letzten Jahre viele teure Flops gab, liegt aber auch an der Tatsache, dass die Studios Filme drehen, die niemand sehen will. Oder riesige Budgets freigeben für Filme, die nur ein sehr begrenztes Publikum haben. Wie die (von Waterboy schon genannte) Neuverfilmung von Ben Hur für über 100 Mio. Oder die großen Disney-Flops John Carter und Lone Ranger, wo man sich fragt, welcher Idiot die Entscheidung getroffen hat, die Filme für über 200 Mio. drehen zu lassen. Aber das ist ne ganz andere Diskussion..