@ Neo:
Vielen Dank, dass du, obwohl du findest, dass mein Beitrag hinkt, eine ebenso konstruktive wie ausführliche Antwort verfasst hast, statt schlicht den Hammer rauszuholen.
Ich habe nicht ganz den langen Atem, um ein Wolfsrudel herbeizuschreiben, verzeih mir das bitte. Aber ein paar Eckpunkte zu deinem Feedback:
Der Unterschied ist da eben aber, und deshalb hinkt der Artikel von Beginn bis zum Schluss, dass das wirklich journalistisch-analytische Formate sind. Die Talks dienen doch nicht der Zielfindung, sondern eher, um Positionen und Meinungen auszutauschen bzw. diese einfach klarer herauszustellen
Gerade das ist ja mein Punkt: Ich finde, dass Talks zielgerichteter aufgezogen werden sollten, denn darum geht es in der Politik ja (idealerweise). Was juckt es mich, ob der CSU-Politiker sagt, es gäbe keinen Klimawandel, und der Grünen-Politiker antwortet "Doch, den gibt es"? Ja, so können die Politiker auf Stimmenfang gehen, rein basierend auf dem Faktor "Der denkt über das Jetzt ja dasselbe wie ich!", aber es wäre doch viel schöner und ergiebiger, ginge der Politdiskurs wieder weg von "Der sagt so wie es ist! / Nein, DER sagt so, wie es ist!", und mehr in Richtung "DEN Lösungsansatz finde ich gut, den unterstütze ich mit meiner Stimme / NEIN, den Lösungsansatz ..."
Daher sollte das Talkthema nicht lauten "Gibt es den Klimawandel?", sondern "Wie gehen wir mit ihm um?" Dann kannst du da wen von der FDP hinsetzen, der zu große Gesetzeseingriffe in die Wirtschaft ablehnt, und diese Meinung begründet. Das ist ja genehm. So kann er seine Meinung mit wem von den Grünen, der für harte Sanktionen ist, austauschen und seine Sicht auch, je nach Talkformat, vielleicht auch in Ruhe ergründen. Das wäre vom Grundansatz her zielgerichteter als die Beispiele, die ich rausgesucht habe (wobei natürlich nicht immer solche Sackgassenthemen angepackt werden), und würde meinem Wunsch entsprechen. Aber es würde doch auch zugleich deiner Sicht entsprechen, dass Talkshows zum Meinungen konkretisieren/erläutern da sind, oder?
Ich zumindest finde, dass (überspitzt gesagt) "Der Klimawandel wurde von den linksgrün-versifften Medien erfunden, um mehr Filter zu verkaufen, MEINE MEINUNG"-Beiträge zum Thema Klimawandel wenig mit Meinungsbildung zu tun haben und seitens der Talkshowredaktionen alles, was sowas nahezu provoziert "Wir müssen ja BeIdE sEiTeN zu Wort kommen lassen"-Pseudoobjektivität darstellt.
Faktencheck gleich auf die Ohren wäre natürlich schön, aber oftmals ist es nicht so simpel und Bedarf einigen Ausführungen*. Da kann man eben nicht mal kurz vor die Tür gehen und gucken, obs regnet. Da hats dann mal fünf Minuten zuvor getröpfelt oder es hagelt oder der Wind dreht eben in verschiedene Richtungen. Da muss man schon was länger draussen bleiben
Natürlich ist der Live-Faktencheck eine gewisse Herausforderung, aber ich habe ihn mir auch nicht als Dauerkommentar vorgestellt, in dem jedes Wort jedes Talkgastes auf die Goldwaage gelegt wird. Aber etwas mehr kritische Einordnung bei völligem Humbug darf schon gerne sein. Es mag ein sehr triviales Beispiel sein, aber bei den Movie Fights der Screenjunkies geht es in die Richtung, die mir vorschwebt. Wenn da Diskutant A sagt, der eben von Diskutant B gelobte Film hat ja noch nichtmal einen Oscar gewonnen, obwohl er sehr wohl einen Oscar gewann, wird die Fehlinformation von den Faktencheckern am Ende der Debatte als solche enthüllt. Und, gewiss, das ist ein sehr eindeutiger Fall, und noch dazu leicht nachzuschlagen - aber ich hoffe, dass mein Gedanke nun besser verständlich ist.
Bei der legendären "hart aber fair"-Geschlechterungleichheit-Diskussion hätten zB so einige Aussagen über den Gender Pay Gap direkt in der Sendung korrigiert werden können und meiner Meinung nach auch müssen. Stattdessen blieben die stehen und das Unterthema der Sendung wurde gewechselt. Es geht mir mehr um sowas als um ununterbrochene Belehrung.
*Zu den eindeutigen Statistiken, die angeblich jegliche Fragestellungen überflüssig machen, weil diese quasi schon alles beantworten: Vieles wird statistisch eben nicht erfasst.
Aber ich sage doch gar nicht, dass sämtliche Fragen bereits durch Statistiken beantwortet werden können. Ich sage, dass die Talkshows oft bereits beantwortete Fragen platttreten, und dabei Wahrheitsleugner einladen, einfach weil's einfacher ist (oder Quote bringt). Und ich sage, dass sie andere Male Themen diskutieren, deren Antwort sich kaum in einer
Meinungsdebatte finden lassen. Daher nenne ich ja das Beispiel mit dem "Bremen-Skandal". Ein paar Zankäpfel können dir doch nicht live im Fernsehen beantworten, ob das ein Einzelfall oder ein flächendeckendes Problem war. Doch dadurch, dass es eine Sendung gab, in der Leute sagen durften, was sie denken, was vielleicht bei einer Untersuchung rauskommen könnte, ehe sie ihre bereits bestens bekannten Meinungen zum Thema Einwanderung einmal mehr dreschen durften, wurde unnötig Öl in eine Diskussion gegossen. Und Monate später wurde die Frage "Einzelfall oder Riesenproblem" in einem kaum beachteten Artikel beantwortet.
Nicht sehr hilfreich, um die kippende Meinung zu beruhigen - in der Hinsicht schaden Talkshows mehr als sie nützen, was wiederum eine Wechselwirkung auf die Realpolitik hat (denn viele Leute bilden sich politisch halt nur aus Talkshows, der BILD und vlt. noch der Frage "Was haben Mama und Papa früher immer gewählt?", je nach Persönlichkeitstyp). Und das lässt sich auch auf andere Themen ummünzen, da muss man nicht auf der Migrationsdebatte verharren - mit anderen Beispielen wird's dann direkt was gelassener, was vielleicht manchem Leser gefallen würde :lol: . Erinnerst du dich etwa an die Phase, zu der es alle paar Monate den nächsten großen Lebensmittelskandal gab, der in jeder Talkshow plattgeredet wurde und für ein paar Wochen das heiße Thema schlechthin war?
Schon damals war das teils sehr albern, wie damit umgegangen wurde. Heute würde aber garantiert eine Talkshow "BSE - Wer hat uns das eingebrockt?" als Leitfrage nehmen. Eine berechtigte Frage, und keine, die sich mit einem kurzen Blick aus dem Fenster beantwortet lässt. Also sollte man Experten rausschicken, da draußen an der frischen Luft rumforschen und dann machen die einen Magazinbeitrag über deren Erkenntnisse. Man setzt aber nicht einen Politiker vor die Kamera, damit der sagen kann "Die dreckigen Salatmampfer haben mir meinen Rindsbraten vergiftet", und genauso wenig setzt man einen anderen hin, der sagt "Mir egal, wer Schuld ist, Fleischessen ist Mord, ihr habt es verdient, nun kein Rind mehr essen zu können, ihr Schweine!" Und ich könnte mir vorstellen, dass man heutzutage auch einen BSE-Leugner einladen würde, der sagt, dass es die Krankheit überhaupt nicht gibt. Das ist doch gehaltslos.
So kann man das Thema BSE nicht in einer Talkshow aufzäumen, will man brauchbaren Inhalt liefern. Also muss man entweder ein talkshowgeeigneteres Thema finden oder einen anderen Ansatz zum Thema BSE. Und um diese Unterscheidung geht es mir in meinem Artikel grundsätzlich.
Nun ist es doch ein halbes Wolfsrudel geworden ... :lol: