- Di 11. Sep 2018, 13:24
#1524768
Grundsätzlich ein guter, interessanter Artikel, aber deiner Interpretation von "American Sniper" muß ich klar widersprechen: Den Alibi-PTSD-Elementen zum Trotz ist das (passend zu Eastwoods politischer Einstellung) eine ganz klare Propaganda-Produktion, die die aktuellen US-Militäreinsätze zugleich verherrlicht und verharmlost.
Um nur ein paar typische Propaganda-Elemente zu nennen, die sich kaum von entsprechenden Filmen unterscheiden, die während des Zweiten Weltkrieges gedreht wurden:
- Die Iraker werden nicht als Menschen, sondern als "Wilde" portraitiert
- Chris hat (mit der Ausnahme von Kindern als Zielen) nie Zweifel an seiner Tätigkeit, auch der weißgott selbst in den USA umstrittene Irak-Krieg selbst wird nie hinterfragt
- Chris macht nie Fehler, selbstverständlich würde er niemals versehentlich Zivilisten erschießen
- alle Iraker, auf die Chris trifft, sind entweder offen "Terroristen" oder - noch schlimmer - sie wollen ihn und seine Kameraden in einen Hinterhalt locken
- besonders perfide (SPOILER!!!): Nachdem ein Kamerad von Chris erschossen wird, kurz nachdem er doch Zweifel an dem Einsatz bekam, ist für Chris die Sache klar: Die Zweifel sind schuld an seinem Tod!
Meinetwegen mag man argumentieren, daß zumindest einige dieser Punkte der Tatsache geschuldet sind, daß Chris auf einer realen, bekannt reaktionären Person basiert und Eastwood deshalb "lediglich" (wenn auch auffällig unkritisch) dessen Perspektive einnehme. Diese Realismus-Hypothese wird allerdings u.a. durch die Erfindung von gleich zwei "Oberbösewichten" (ein skrupelloser irakischer Scharfschütze und ein sadistischer Anführer mit dem subtilen Spitznamen "Der Schlächter") klar konterkariert ...
Es ist mir bis heute ein Rätsel, wie dieses üble Machwerk vom gleichen Regisseur stammen kann, der noch rund 10 Jahre zuvor mit "Flags of Our Fathers" und "Letters from Iwo Jima" zwei wirklich überzeugende Anti-Kriegsfilme gedreht hat.