Theologe hat geschrieben: ↑So 16. Jan 2022, 09:24
Vielleicht ertrage ich The Office auf Deutsch.
Es gibt viele Comedys, die trotz Verlusten bei Wortspielen auch in der Synchro zu genießen sind. Serien wie Seinfeld, Simpsons, Bundys, KOQ, Scrubs und co. haben die meisten unter uns schließlich so kennen und lieben gelernt. Auch bei einigen heutigen Serien wie Modern Family oder Ted Lasso, die ich erst im O-Ton und beim Rewatch auf Deutsch gesehen habe, gelang der Wechsel trotz der Gewöhnung an die anderen Stimmen problemlos.
The Office zählt leider nicht dazu. Ich hatte damals in die ersten 2 Folgen auf Super-RTL hineingeschaut, um zu sehen, ob ich die Deutschsehern empfehlen kann, aber die Synchro fand ich absolut grottig und unerträglich. Muss mehr an einer lieblos und billig hingeschluderten Synchronarbeit liegen als an den Sprechern, denn die sind zwar unpassend gewählt (besonders Steve Carrell), aber keine Amateure. Neben dem Erfolg von Stromberg, das in Staffel 1 genau wie das US-Remake sehr dicht am UK-Original lag und dem falschen Sender war das der Sargnagel für die Erfolgsaussichten im deutschen TV. Vielleicht ist es nicht so schlimm, wenn man ohne Vorbelastung herangeht, aber ich fürchte du wirst es hassen und deine Frau wird die Show nicht annähernd so gut finden, wie es im Original oder mit einer guten Synchro der Fall gewesen wäre.
Bei Sitcoms oder generell klassischen Live-Action Comedys dürfte es in der Tat schwer fallen nochmal einen Klassiker mit über 100 Folgen und hohem Rewatch-Faktor zu schaffen. Die wenigen Versuche von Netflix in dem Bereich (also die Comedys mit 2x 10 Folgen pro Jahr) waren fast alle tiefer als CBS-Shows gezielt. Fuller House-Level. (R.I.P. Bob Saget) Da vermittelten schon die Trailer den Eindruck, dass nicht mal versucht wurde, eine gute Comedy zu kreieren, sondern dass man nie mehr als billiges Algorithmus-Futter für einen harten Kern abladen wollte.
The Ranch war dabei schon die einzige positive Ausnahme. Für eine Multicam aufwendig produziert, altmodisch, aber mit der Ambition es erzählerisch an die Streamingzeit anzupassen. Wenn auch nicht immer unbedingt gut gemacht. Der Humor war oft schmerzhaft flach und die Serie war vor allem wegen der Chemie des Casts und den dramatischen Elementen um Sam Elliott sehenswert. Die Nascar Serie mit Kevin James und die Kathy Bates Kiffercomedy von Chuck Lorre waren darüber hinaus die einzigen Streaming-Sitcoms, von der ich mehr als den Trailer oder den Piloten gesehen habe. Beide zu Recht nach 10 bzw. 20 Folgen eingestellt, denn die waren auf dem Fließbandlevel wie diese hingewixten F/X Comedys a la Anger Management, von denen gleich 88 Folgen auf einen Schlag bestellt wurden.
Während es immer noch möglich sein sollte pro Jahr 20 Folgen von einer Comedy mit Stand Alone Episoden zu produzieren, glaube ich aber auch, dass selbst die besseren Examplare nicht mehr an Hochzeiten der Sitcom-Ära anknüpfen könnten. Die Aufmerksamkeit von Serienerfindern/Showrunnern wurde schon immer nach wenigen Staffeln einer Erfolgsshow auf neue Serien gelenkt, aber durch die unglaubliche Fülle an Serien bekommt heute gefühlt jeder Hinterbänkler-Schreiberling nach 1-2 Staffeln direkt das Angebot eine eigene Serie als Showrunner zu übernehmen. Solche All Star Writer's Rooms wie bei früheren Hits sind deshalb kaum noch langfristig möglich. Schon gar nicht mit einem Arbeitsaufwand, der nicht mehrere Projekte pro Jahr erlaubt.
Wenn man Animationscomedys, Nischencomedy und Dramedys zusammen zählt, kann ich mich zwar nicht über die Comedy-Landschaft beschweren. Mittlerweile kommen ja selbst aus Deutschland immer mal wieder gute Vertreter (Jerks als aktueller Nordstern, aber auch KBV kann sich sehen lassen. Die Wespe hatte ich ebenfalls schon vorgemerkt und das "Extras"- Meta-Remake mit Kida Khodr Ramadan wird hoffentlich nicht verhunzt). Da gibt es weltweit insgesamt nicht nur mehr Bandbreite, sondern auch mehr Qualität als früher, aber ja, ich hätte gerne auch mal wieder so eine Sitcom, bei der die Staffel nicht schon wieder vorbei ist, bevor man richtig mit den Figuren warm geworden ist. Superstore (ebenfalls sehr schlechte Synchro, von dem wenigen zu urteilen, was ich so beim zappen mitbekommen habe) war da der letzte Vertreter, der diesen Nerv voll für mich getroffen hat, aber selbst das kam nie an die Hochzeiten von The Office, Scrubs oder HIMYM heran.
btw. ich möchte mal wissen wie viel Koks Taylor Sheridan verbraucht. Der klatscht ja nicht einfach nur seinen Namen auf Projekte wie Berlanti oder Murphy, sondern schreibt bisher alle Folgen von Yellowstone, 1883 und Mayor of Kingstown selbst (und ohne klassischen Writer's Room), inszeniert zudem viele Folgen, schreibt und inszeniert nebenbei noch Filme und erweitert sein Imperium immer weiter. Sowas hat man seit den koksseligen 80ern/90ern kaum noch gesehen. Kurt Sutter muss insgeheim schon etwas neidisch sein.

Hoffen wir mal, dass dessen kommende Western-Serie auf Netflix die Erwartungen erfüllen kann, die Bastard Executioner damals so arg enttäuscht hat.