- Mi 3. Aug 2022, 21:59
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Everything Everywhere All At Once (2022)
Waschsalonbesitzerin Evelyn Wang (Michelle Yeoh) geht im Chaos ihres Alltags unter. Der bevorstehende Besuch ihres Vaters (James Hong) überfordert sie, die Wünsche der Kunden bringt sie an ihre Grenzen und die anstehende Steuererklärung wächst ihr komplett über den Kopf. Der Gang zum Finanzamt ist unausweichlich. Doch während sie mit ihrer Familie bei der Steuerprüferin (Jamie Lee Curtis) vorspricht, wird ihr Universum im wörtlichen Sinn durcheinandergewirbelt. Raum und Zeit lösen sich auf und sie und ihre Mitmenschen haben plötzlich weitere Leben in diversen Parallelwelten. Im Multiversum soll Evelyn die Welt vor dem unbekannten Bösen retten.
Dieser Film der von mir sehr geschätzen Produktionsgesellschaft A24 ist von einem vergleichsweise bodenständigen Beginn und Ende abgesehen über weite Strecken seiner knapp 140-minütigen Laufzeit vor allem kompromissloser Wahnsinn, bei dem einem teilweise fast die Birne durchknallt angesichts der zahlreichen audiovisuellen Absurditäten, die auf den Zuschauer abgefeuert werden. Ich habe wirklich noch nicht viele Filme gesehen, die derart absurd, witzig, kreativ und überdreht sind. Das ist alles mit so viel Liebe zur Filmkunst und zur Kreation eines einzigartigen Filmerlebnisses gemacht, dass ich eigentlich kaum etwas Kritisches dazu sagen möchte.
Für mich persönlich muss ich aber festhalten, dass ich mich an manchen Stellen einfach ein wenig überfordert fühlte und den Einzeluniversen quasi gar nicht mehr folgen konnte - was aber glaube ich von Dan Kwan und Daniel Scheinert auch so intendiert ist. Bei vielen langen Actionsequenzen bin ich wie so oft gedanklich ein wenig abgeschweift, wobei die Kämpfe hier nun wirklich sehr abwechslungsreich und pittoresk choreografiert sind. Und für meinen Geschmack hätten auch die dramatischen Elemente rund um eine Einwandererfamilie, deren "American Dream" ebenso in sich zusammenzufallen droht wie das Miteinander an kommunikativen Inkompetenzen, auch einen größeren und geerdeteren Raum einnehmen dürfen (weshalb meine persönliche Lieblingsszene wohl auch jene ist, in der zwei Felsbrocken minutenlang tonlos über den Sinn ihrer Existenz sinnieren).
Ich glaube aber, dass alle diese Kritikpunkte eher mir selbst bzw. meinem Geschmack anzulasten sind und der Film hier nichts falsch macht. Er ist einfach sehr speziell und an vielen Stellen kaum greifbar. Was man ihm aber kaum absprechen kann, ist seine kreative Inkontinenz, seine Wurschtigkeit gegenüber narrativen und inszenatorischen Hollywood-Konventionen und eine ganz große Liebe zu gutem, abgedrehtem Kino. Und das ist alles ganz wunderbar, so schwer ich mich partiell auch damit getan habe, dem Geschehen in diesem Multiversum noch irgendwie zu folgen.
8/10
Fohlen
