- Di 1. Dez 2009, 13:43
#750479
Ich bin Schweizer und hoffe ich kann hier ein bisschen zur Aufklärung beitragen. Neben der Möglichkeit mittels Referendum über eine vom Parlament beschlossene Vorlage abzustimmen, haben wir auch das Mittel der Initiative mit der wir mithilfe von 100'000 gesammelten Unterschriften eine Verfassungsänderung (resp. die Abstimmung darüber) beantragen können. In aktuellen Fall lautete der Wortlaut:
Art. 72 Abs. 3: Der Bau von Minaretten ist verboten
Als Gegner dieser Initiative war ich natürlich schockiert über die ziemlich eindeutige Annahme, insbesondere weil die Umfragen nicht darauf hingedeutet haben. Den Initianten ging es laut eigenen Aussagen hauptsächlich darum, ein Zeichen gegen die „wachsende Islamisierung“ zu setzen und versteckten ihre rassistischsten Anschauungen kaum. Diese diffusen Ängste scheinen (allerdings nicht in den grossen Städten, wo die Initiative nur ca. 35% Zustimmung erhielt) deutlich vorhanden zu sein, was ich persönlich etwas seltsam finde, da es keine eigentlichen Parallelgesellschaften wie in UK, F oder D gibt. Erklärungsansätze zum Resultat gibt es mittlerweile dutzendweise, z.B. äussern Frauenrechtlerinnen, dass viele feministische (dem linken Spektrum zugeordnete) Frauen ihre negative Einstellung gegen den als frauenfeindlich empfundenen Islam kundtaten. Ich sollte vielleicht noch erwähnen, dass ausländerfeindliche Vorlagen (leider) immer mindestens 40% Zustimmung erhalten, wobei ich mir nicht so sicher bin, ob das ein typisch schweizerisches Problem ist. Nicht repräsentative Online-Umfragen unserer Nachbarländer (Spiegel/Welt/Le Monde) gezeigt, dass die Zustimmung für Minarettverbote noch höher ausfallen würde. Auch die Bewunderung der Herren Wilders (BEL) und Strache (AUT) oder der Parteien Lega Nord (ITA) und Front National (FRA) war uns selbstverständlich sofort gewiss.
Ich bin eigentlich ein Befürworter der direkten Demokratie. Allerdings besteht das Problem, dass ausser dem unabänderlichen Völkermord-, Folter- und Sklavereiverbot so ziemlich alles in die Verfassung geschrieben werden kann, was man möchte und es keine Verfassungsgerichtsbarkeit gibt. Der aktuelle Fall des Minarettverbotes verstösst wahrscheinlich gegen die EMRK und wird vom EGMR wohl beanstandet werden. Dann hat die Schweiz die Wahl zwischen dem Volksentscheid oder einem Aufkünden der Menschenrechte-Vereinbarung. Das sollte eigentlich eine leichte Wahl sein, Demokratie wird in der Schweiz schon zu lange als Diktatur der Mehrheit (resp. der Wahlberechtigten) missverstanden. Es sei erwähnt, dass die Einführung des Frauenstimmrechts erst nach mehrmaligem Scheitern in den 1970er-Jahren eingeführt wurde!!! Der Bevölkerung des Kantons Appenzell Innerrhoden musste man 1990 dieses gar aufzwingen (dieser äusserst rückständige Kanton hat letzten Sonntag der Initiative mit 80% zugestimmt, obwohl sich noch kaum je ein Moslem dorthin verirrt hat)!
Art. 72 Abs. 3: Der Bau von Minaretten ist verboten
Als Gegner dieser Initiative war ich natürlich schockiert über die ziemlich eindeutige Annahme, insbesondere weil die Umfragen nicht darauf hingedeutet haben. Den Initianten ging es laut eigenen Aussagen hauptsächlich darum, ein Zeichen gegen die „wachsende Islamisierung“ zu setzen und versteckten ihre rassistischsten Anschauungen kaum. Diese diffusen Ängste scheinen (allerdings nicht in den grossen Städten, wo die Initiative nur ca. 35% Zustimmung erhielt) deutlich vorhanden zu sein, was ich persönlich etwas seltsam finde, da es keine eigentlichen Parallelgesellschaften wie in UK, F oder D gibt. Erklärungsansätze zum Resultat gibt es mittlerweile dutzendweise, z.B. äussern Frauenrechtlerinnen, dass viele feministische (dem linken Spektrum zugeordnete) Frauen ihre negative Einstellung gegen den als frauenfeindlich empfundenen Islam kundtaten. Ich sollte vielleicht noch erwähnen, dass ausländerfeindliche Vorlagen (leider) immer mindestens 40% Zustimmung erhalten, wobei ich mir nicht so sicher bin, ob das ein typisch schweizerisches Problem ist. Nicht repräsentative Online-Umfragen unserer Nachbarländer (Spiegel/Welt/Le Monde) gezeigt, dass die Zustimmung für Minarettverbote noch höher ausfallen würde. Auch die Bewunderung der Herren Wilders (BEL) und Strache (AUT) oder der Parteien Lega Nord (ITA) und Front National (FRA) war uns selbstverständlich sofort gewiss.
Ich bin eigentlich ein Befürworter der direkten Demokratie. Allerdings besteht das Problem, dass ausser dem unabänderlichen Völkermord-, Folter- und Sklavereiverbot so ziemlich alles in die Verfassung geschrieben werden kann, was man möchte und es keine Verfassungsgerichtsbarkeit gibt. Der aktuelle Fall des Minarettverbotes verstösst wahrscheinlich gegen die EMRK und wird vom EGMR wohl beanstandet werden. Dann hat die Schweiz die Wahl zwischen dem Volksentscheid oder einem Aufkünden der Menschenrechte-Vereinbarung. Das sollte eigentlich eine leichte Wahl sein, Demokratie wird in der Schweiz schon zu lange als Diktatur der Mehrheit (resp. der Wahlberechtigten) missverstanden. Es sei erwähnt, dass die Einführung des Frauenstimmrechts erst nach mehrmaligem Scheitern in den 1970er-Jahren eingeführt wurde!!! Der Bevölkerung des Kantons Appenzell Innerrhoden musste man 1990 dieses gar aufzwingen (dieser äusserst rückständige Kanton hat letzten Sonntag der Initiative mit 80% zugestimmt, obwohl sich noch kaum je ein Moslem dorthin verirrt hat)!