Die Hochzeit meines besten Freundes
...habe ich nicht gesehen, aber gestern als Trauzeuge mitgefeiert.
Dadurch habe ich heute endlich mal wieder ein bisschen Zeit hier Filme zu bewerten, statt an meiner Rede zu feilen
A Tale of Two Sisters
Was im Stil starker Asia-Horror ala The Ring oder Grudge beginnt, will irgendwo nach der Mitte den Sprung zum verstörend düsteren Familiendrama-Psychothriller schaffen und setzt sich kraftlos zwischen alle Stühle. Die Charaktere sind für einen leider bald vorhersehbaren Twist mit voller Absicht so unzugänglich gehalten, dass man als Zuschauer auf Distanz gehalten wird. Die Dialoge schiffen so forciert um unausgesprochenes und ein großes Geheimnis herum, dass es oft verkrampft wirkt und man einfach ahnt, was da in den Gesprächen bzw der Charakterkonstellation nicht stimmen kann. Das war den Machern offenbar auch bewusst und so versucht man nach dem großen Twist gleich noch nachzulegen und schlägt einfach ein paar Purzelbäume mehr als die Handlung verkraftet. Schade eigentlich, denn filmisch ist das Ganze hervorrange umgesetzt. Die quälend langsamenen Suspense-Kamerafahrten und grandiosen Einstellungen, die tolle Arbeit mit Beleuchtung und Musik schaffen eine dichte Atmosphäre, die in der erste Filmhälfte harte Gruselstimmung hervorrufen. Leider fällt das ab der Hälfte zunehmend in sich zusammen.
5/10
Alice in Wonderland
So richtig begeistert schien irgendwie kaum jemand vom inzwischen sechsten billion-dollar Kassenhit zu sein. Jetzt versteh ich auch warum. Es fehlt an konsistenter Charakterarbeit. Die Vorlage - das muss man aber auch mal betonenen - ist auch wirklich schwierig für eine Filmumsetzung, weil sie als Abfolge kurioser Begegnungen eigentlich keinen übergeordneten Plot, keine dramaturgisch griffige Struktur hat. Da hat man sich Mühe gegeben eine reinzubasteln, was leider nur mäßig geklappt hat. Das Plotdesign ist erkennbar, aber leider trägt es den Film nicht. Mehr als Wegweiser auf einer visuellen tour de force sind die Plotpunkte einfach nicht. Optisch ist das Wunderland allerdings berauschend. Es ist zwar weit von der digitalen Perfektion eines Avatar entfernt und allzu oft als CGI-Wundertüte erkennbar, aber das visuelle Design... omg, grandios. Settings, Kostüme und Makeup sind brillant. Die künstlerische Leistung läuft der Tricktechnik hier weit davon. Dafür ist Danny Elfmans Score entäuschend, ungewohnt dünn und austauschbar. Lichtblicke sind dafür Mia Wasinkowska, die als Alice aus dem mäßigen Material das Beste rausholt und ihre Position als große Schauspielentdeckung unterstreicht. Auch Helena Bonham Carter sieht man die Freude an der Rolle der Red Queen deutlich an, was allerdings "nur" burtonesk verschrobenes type casting ist. Enttäuschend ist allerdings das aufgesetzte Finale, das sich einen unglücklichen Star Wars Episode 1 Anstrich verpasst und anonyme CGI-Figuren ohne emotionalen Wert in eine Schlacht wirft, während Alice sich einem leider ebenso persönlichkeitsfreien Monster stellen muss, für das es einfach kein vernünftiges build up gab. Und während das alles noch mit einem "ganz okay aber nicht mitreissend" durchging, kommt ausgerechnet zum Ende noch eine fremdschäm-Tanzszene und ein ganz dicker Löffel Kitsch als Nachtisch, was den Gesamteindruck leider negativ abrundet.
6/10
Where the Wild Things Are
Dem Film in Worten gerecht zu werden ist mal eine echte Herausforderung. Denn eigentlich entzieht er sich klassischen Analyse- und Strukturierungsmustern auf ganz einzigarte und großartige Weise. Er ist eine atemberaubend schöne Reise in die Phantasiewelt von Max, der nach einem eskalierten Streit mit Mutter und Schwester von zu Hause ausgerissen ist. Jetzt könnte man weit ausholen, um mit Tiefen- und Kinderpsychologie die ganzen Analogien und Doppelung zu den "realen" Handlungsmomenten herzustelllen und in Max Abenteuerbesuch auf den unberührt natürlich wirkenden Wald-, Küsten- und Wüstenlandschaften Verarbeitungsmuster für seine Wut und Verletzlichkeit, seine Ängste und Sehnsüchte zu finden. Braucht man aber gar nicht - sollte man vielleicht gar nicht. Das würde Where the Wild Things Are glaube ich ganz viel von seinem einzigartigen Zauber nehmen. Denn auch ohne es zu interpretieren fühlt sich hier alles ganz intuitiv richtig gemacht an. Die Entscheidung die riesigen wilden Kerle über herausragende Kostüm-Puppet-Performances und mit einem wirklich perfekten voice cast darzustellen ist ebenso brillant wie der fast komplette Verzicht auf CGI-Effekte. Ganz im Kontrast zu Alice ist hier alles so greifbar und dadurch in seiner unwirklichen Echtheit viel faszinierender und wunderbarer. Man muss sich aber schon darauf einlassen hier emotional mitzugehen und sich ein bisschen von der sonst verinnerlichten Plot-Point Taktung verabschieden. Sonst könnte man es streckenweise eher langweilig finden. Wer sich aber in diesen Film fallen lässt und erlaubt in die Gefühlswelt einzutauchen wird sie sicher gerührt und reich belohnt verlassen. Spike Jonze hat hier eine ganz außergewöhnliche Filmperle geschaffen.
9/10