taht hat geschrieben:1. Finde ich es absolut schlimm, dass in Japan gerade eine der größten Naturkatastrophen tausenden Menschen das Leben gekostet hat und die deutsche Weltverbesserungsfraktion absolut NICHTS anderes zu tun hat als irgendwie politisch Profit aus der Sache zu schlagen. Allen voran natürlich Greenpeace und die Propagandamaschine Spiegel (online). Es muss ja niemand verlogen Betroffenheit winseln (wie bei 9/11) aber ein bisschen Anstand scheint wohl zu viel verlangt. Statt Spendenhotlines auf den Titelseiten, liest man nichts anderes als "Kernschmelze" und "Atomaussteig". Erbärmlich.
2. Wieso zum Teufel vergleicht man die Situation in Deutschland mit der Situation Japans. Die geografischen Gegebenheiten sind grundverschieden. Es ist so hirnlos Parolen a la "JETZT müssen wir die Atomkraftwerke abschalten" blöde in die Welt zu brüllen. Da können wir ja gleich anfangen in München Deiche aufzuschütten für den Fall, dass demnächst ein Tsunami Deutschland überschwemmt.
3. Warum soll die Regierung bitteschön JETZT die Laufzeiten verkürzen. Es ist doch nicht so, dass man nicht auch schon vor der Katastrophe wusste, dass es Risiken gibt. Die Abschätzung Chance-Risiko hat aber nun ergeben, dass Atomkraft sich lohnt. Das ganze wird doch nicht gemacht um den Normalbürger zu ärgern, sondern weil es eben noch dauert bis die Öko-Technologie ausgereift ist, um auch ohne Subventionen Absatzmärkte zu finden. Wie toll Ökostrom "für nur ein paar Cent mehr" beim Konsumenten ankommt, sieht man ja hinlänglich. Aber klar, verlegen wir unsere Solarzellen lieber nach Libyen, Tunesien und Ägypten. Dort unten läufts im Moment so super.
Danke. Wenigstens einer, der sich nicht mit irrationalen Ängsten zum Parolenschreier hat anfüttern lassen.
Diese Aussetzung des Aufschubs des Ausstiegs ist natürlich ganz großer Käse und sicher auch der Wahl geschuldet. Da brauchen wir gar nicht groß drüber diskutieren. Aber was soll die Bundesregierung angesichts des aktuellen, öffentlichen Drucks machen?
Mit ein bisschen Zappen kann man gegenwärtig den ganzen Tag über eine Sondersendung nach der anderen sehen und kriegt wahrscheinlich mindestens 20mal pro Stunde das Wort Tchnerobyl um die Ohren geknallt. Nachrichtensprecher bohren unablässig nach dem ultimativen Horrorszenario, obwohl ihre Außenkorrespondenten in Japan oder dem Nachbarn China wegen der schlechten Nachrichtenpolitik dort noch viel weniger informiert sind als wir hier. Es wird also fröhlich gemutmaßt und rausgekitzelt, ob das nicht doch noch ein bisschen dramatischer gehen könnte. Als Experten holt man sich dann auch besonders gerne Leute von Greenpeace oder den Grünen ran, denn die bekennenden Atomkraftgegner malen ihnen natürlich mit besonderer Freude die apokalyptischsten Szenarien aus und können gleich noch ihr eigenes Programm promoten.
Kurzum: Deutschland wird medial gerade volle Breitseite mit Angst bombardiert. Und einige Leute verstehen sich darauf, diese Ängste für ihre Zwecke zu kanalisieren. Denn wenn die Leute Angst haben, dann wollen sie vor allem eins: Irgendwas muss irgendwie ganz schnell passieren, damit man sich wieder sicher fühlen kann. Am besten man verbietet einfach, dass so etwas unvorstellbares passiert. Nun lässt sich eine Naturkatastrophe eben nicht verbieten, also muss die Atomkraft per se dran glauben. Und zwar am besten noch vor dem zu Bett gehen und weit, weit bevor man wieder zu einer distanziert-rationalen Sichtweise zurückgefunden hat.
Mit genau so einer Stimmungslage muss die Bundesregierung gerade umgehen. Und jetzt verabreichen sie eben einen Placebo zur Beruhigung. Wären sie ganz konsequent gewesen, hätten sie einfach gar nichts getan. Denn für Deutschland hat sich in meinen Augen die Lage überhaupt nicht verändert. Japan liegt von den Sicherheitsstandards auf deutschem Niveau, die Kraftwerke sind erschütterungsfest bis wenigstens Stärke 8.0 - mehr als das bislang maximal gemessene Beben in Japans Geschichte. Und auch nur in Kombination mit den immensen Tsunamischäden gerät die Lage jetzt außer Kontrolle. Beides Risikofaktoren, die es in Deutschland so überhaupt nicht gibt. Da fehlt jedwede Vergleichbarkeit. Das ignoriert oder leugnet man jetzt gerne bei Greenpeace, Grün und SPD, weil es ihnen nützt und verängstigte Leute sich weniger um die Stimmigkeit von Argumentationen kümmern.
Der Ausstieg aus der Atomenergie läuft ja bereits. Aber da Deutschland sich dafür entschieden hat gleichzeitig großflächig auf erneuerbare Energien umzurüsten ist das ein sehr langwieriges, ja fast ein Generationsprojekt; eines das ich auch voll unterstütze, solange es vernünftig und ressourceneffizient umgesetzt wird.
Jetzt aus einer irrationalen Angstlaune heraus alle Pläne über den Haufen zu werfen und bloß jetzt, jetzt, jetzt alles abzuschalten ist doch Schwachsinn. In Japan hat ein Doppelschlag höherer Gewalt das kalkulierte Restrisiko in einer Art realisiert, die dort extrem unwahrscheinlich war und hierzulande nahezu ausgeschlossen ist. Mit diesem Fitzel Restrisiko leben wir seit Jahrzehnten. Und jetzt soll das alles ein völlig untragbarer Zustand sein, der SOFORT beendet gehört? Hört noch jemand die Hysterie-Alarmglocke läuten? Erstmal muss der Energiebedarf aus anderen Quellen tatsächlich deckbar werden.
Atomstrom aus Nachbarländern zu importieren, bloß damit hier keine Meiler mehr stehen, wäre der dümmste Schritt von allen. So gibt man doch erst Recht die Kontrolle über die Sicherheit ab, kann sich eben nicht mehr auf die sehr hohen deutschen Standards verlassen und ist im Ernstfall auch nur wenige hundert Kilometer bzw für die Wolke wenige Stunden entfernt. Ganz schlechte Variante. Wind, Wasser und Solar reicht leider noch nicht alleine aus. Damit bleiben also die fossilen Brennstoffe wie Erdgas, Öl und Kohle, auf die wir dann wieder stärker setzen müssen. Na hurra, also würden wir aus Angst vor dem 0,0001% Restrisikos eines GAUs also lieber auf die definitiv realisierte und konstant ansteigende Gefahr aus dann deutlich erhöhten CO2 Emissionen umsteigen? Das unwahrscheinlichste, aber eben punktuell-knalligste Horrorszenario eintauschen gegen eine weit weniger kontrollierbares Spiel mit dem kippenden Gleichgewicht des Weltklimas. Klingt für mich nach einer ganz, ganz dummen Idee.
Umplanen wie man noch laufende AKWs evtl etwas früher vom Netz kriegt sobald genug erneuerbare Energie verfügbar ist, wäre ein guter Schritt. Aber man darf nicht vergessen, dass ein AKW rund 600 Windrädern entspricht. Das dauert einfach noch seine Zeit. Und die kriegen wir auch noch rum.
Nur steht die Regierung wie nach jedem vergleichbaren Schockereignis mit höchster Medienaufmerksamkeit unter dem Druck doch sofort irgendwas zu unternehmen - einfach damit irgendwas passiert. Dieser verklausulierte 3-Monats-Placebo ist zwar albern, aber in meinen Augen sogar ein ganz adäquates Mittel um künstlich geschürter Angst mit künstlicher Beruhigung zu begegnen. Zumindest so lange bis die Mehrheit wieder rational denken kann und die Opposition die Atomkuh nicht mehr nur deshalb durchs Dorf scheucht, um dem Gegner bei der nächsten Wahl zu schaden.