redlock hat geschrieben:Edge (Amazon)
Schwach. Wirklich schwach. Die Geschichte (und ihr Verlauf) an sich war schon nicht besonders (es geht um Gold und Rache). Aber die Dialoge setzten noch einen drauf. Die waren wirklich grottenschlecht. Das Ganze kam dann auch noch rüber wie eine miese Westernparodie. Die zudem auch noch unnötig brutal war. Manche Szenen sahen aus, als ob sie für einen Slasherfilm gemacht wären. [/color]
Der Fairness halber hättest du erwähnen sollen, dass du die selben Aussagen auch zu Django Unchained oder generell Tarantino treffen würdest.
Während der Vorwurf an der überzeichneten Comicrealität und der überspitzten Gewaltdarstellung bei einer pulpigen Spaghetti-Western Hommage, die auf einer Groschenroman-Reihe beruht, so fehl am Platze ist wie bei Spartacus oder Banshee, kann ich bezüglich der geringen Qualität leider keine Entwarnung geben. Amazon hat nach Zombieland tatsächlich eine weitere todsichere Steilvorlage durch Geiz ist Geil-Mentalität ruiniert.
Edge - The Loner (Amazon)
Edge sieht zwar längst nicht so amateurhaft billig aus, wie der erste legendäre Prime-Reinfall, aber man merkt einfach an allen Ecken und Enden, dass viel zu wenig Zeit für Vorbereitung, Dreh und Post Production zur Verfügung stand, so dass die Inszenierung flach und einfallslos daherkommt und nicht mal einen Hauch der Atmosphäre und des Stils der großen Meister um Leone oder guter Nachzügler zu versprühen vermag.
Max Martini versucht sein Bestes in der Titelrolle, aber der Charakter ist selbst für einen wortkargen einsamen Rächer einfach zu schwach realisiert, als dass er durch mehr als Statur glänzen könnte. Selbst Schauspieler, die vergleichbare Rollen schon mehrfach hervorragend gemeistert haben (wie Yvonne Strahovski in Chuck, Dexter und 24) chargieren hier ohne Sinn und echte Linie, so dass die Dialoge noch schwächer erscheinen als sie es auf dem Papier sind. Einzig Ryan Kwanten lässt als Südstaaten-Bösewicht hin und wieder aufblitzen, was für ein selbstironischer und überkandidelter Trip Edge hätte werden sollen. Vor allem im Epilog, der auch die einzige Szene im Piloten darstellt, in dem der Ton sitzt, das Timing stimmt und der Trashappeal bewusst eingesetzt wirkt und die somit einen Schimmer Hoffnung spendet, dass hier eine starke Serie aus der Asche eines vermurksten Piloten emporsteigen könnte. Vorher gab es auch hier und da Momente, die Lachpotential besaßen (u.a. mit einem Hund und einer Dynamitstange), aber in dieser Ausführung nur zum Augenrollen führten.
Man könnte den Großteil des Scheiterns auf den Autor und Regisseur schieben, aber ähnlich wie die etablierteren Castmitglieder haben auch die Macher des kommenden Predator-Reboots, Shane Black (Autor von u.a.
Lethal Weapon, Tödliche Weihnacht und Last Boy Scout, Autor und Regisseur von
Kiss Kiss Bang Bang und
Iron Man 3) und Fred Dekker (Autor von
Nacht der Creeps, House (1986) und Monster Busters), schon bewiesen, dass sie wissen, was bei einem solchen Genremix gefordert ist und das sie selbst nach 3 Wochen voller Nop-Stop Koks und Nutten-Orgien bessere Charakterschablonen und Dialoge entwerfen könnten. Das sich Edge wie das Asylum-Rip Off einer Robert Rodriguez Westernhommage anfühlt, kann ich zu großem Teil also nur mit groteskem Zeitdruck und unwürdigen Produktionsbedingungen erklären.
Die amazon Pilotseason habe ich bisher als positiv betrachtet, weil der Unterschied zu anderen Sendern, die auf Piloten setzen, nur darin besteht, dass die gescheiterten Piloten an die Öffentlichkeit gelangen, anstatt im Archiv zu verschimmeln, aber wenn der Versandriese nicht bereit ist, für diese Testballons das nötige Budget einzusetzen, dann sollten sie sich ein Beispiel an Netflix nehmen und nur noch die Sachen bestellen, von denen sie voll überzeugt sind. Direkt mit Serienorder. Die Erfolgsquote ist dort ungleich höher.
Zurück zu Edge. Ich wollte diese Piloten lieben, seit ich das erste Mal, von dem Projekt gelesen habe. Nach dem nahenden Ende von Hell on Wheels wird es keinen Western mehr im TV geben und kompetent geschriebener und stark inszenierter Pulp ist kaum weiter verbreitet. Selbst mit wohlwollendstem Blick kann man sich diesen Reinfall aber nicht zur Trashperle schön sehen, denn statt groteskem Wahn und/oder unfreiwilliger Komik gibt es uninspirierte Ödnis. Das ich dennoch auf eine Serienorder hoffe, liegt zu einem guten Teil an Spartacus oder der Rohfassung vom True Blood-Piloten begründet. Die waren im Vergleich zu Edge zwar immerhin ein „glorious mess“ mit vielen kuriosen Lichtblicken, aber auch hier wären genügend gute Zutaten für eine Kurskorrektur vorhanden. Den Piloten sollte man in diesem Fall allerdings komplett neudrehen, denn diese Billigfassung sollte nicht die Vorlage für die visuelle Gestaltung der Serie bilden.
3,5/10 (Mit viel Liebe und Bonus für das im TV darbende Subgenre.)