Kunstbanause hat geschrieben:Herr Vorragend hat geschrieben:Aber ob Du vor vier Jahren, als Du und Deine Frau noch beide Langzeitarbeitslose ohne Perspektive waren, als es richtig "dreckig" ging, wie Du sagst, wirklich ganz genau so über die Flüchtlingsthematik gedacht hättest, wenn es damals eine derart massive Migrationswelle nach Deutschland gegeben hätte?
Mglw. wirst Du glauben, dass Du auch damals ganz genauso gedacht hättest; wissen kannst Du es nicht...
Ich denke schon, denn ab 2011, wir beide voll Hartz IV und 24/7 sozusagen unfreiwillig dauerzuhause, war diese "Konkurrenz" ja auch schon gen D unterwegs, wenn auch in anderer Form.
Die derzeitige Situation ist aber nun mal völlig anders als 2011. Natürlich gab es Migration schon damals und schon immer - aber hier geht es nun mal genau um diese völlig "andere Form" der Migration nach Deutschland seit ca. 3 Monaten. Im gesamten Jahr 2011 hatten wir gerade mal ca. 40.000 Migranten, also gerade mal ca. 110 Migranten pro Tag. Das war überhaupt kein Problem, das haben wir offensichtlich wunderbar gemeistert. (in Anbetracht dessen kann ich übrigens auch nicht ganz verstehen, wieso Du schon 10k Migranten pro Jahr als "Belastungsgrenze" betrachtest, @bmwtop)
110 Migranten pro Tag (im Jahr 2011) sind einfach eine vollkommen andere Hausnummer als die derzeitigen Zahlen - wir hatten in den letzten drei Monaten häufig die 100fache Menge Migranten pro Tag.
Kunstbanause hat geschrieben:Warum versucht man mir, einen Was-wäre-wenn-Sozialneid zu suggerieren?
Ich frage mich eher: Wieso denkst Du, dass Dir Jemand "Sozialneid" unterstellt?
Kunstbanause hat geschrieben:Herr Vorragend hat geschrieben:Kunstbanause hat geschrieben:Und selbst wenn ich meinen Job verlöre und die Bleibe in Gefahr ist: Warum sollte ich meine Mitmenschen, zu denen Flüchtlinge eben auch zählen, in Konkurrenz zu mir sehen? In dem Fall wäre ich eine genau so arme Sau wie sie. Aber wäre ich eine "bessere" arme Sau, "nur" weil ich Deutscher bin?
Weil sie in dieser hypothetischen Situation (Du bist arbeitslos und evtl. sogar obdachlos) nun mal Konkurrenten wären - noch mehr Konkurrenten um die knappen Güter "Job" und "bezahlbarer Wohnraum".
Meiner Meinung nach ist "Konkurrenz" auch ein völlig neutraler Begriff - wie Du in diesem Zusammenhang überhaupt plötzlich auf die Idee kommst, dass Du deshalb eine "bessere" oder "schlechtere" arme Sau sein könntest, erschliesst sich mir so überhaupt nicht.
Ich halte den gesamten Gedankengang für völlig absurd.
Ich halte ihn für völlig logisch und nachvollziehbar.
Dann hast Du mich da offensichtlich gerade falsch verstanden. Ich will's mal versuchen mit einem Beispiel zu erklären, was ich gemeint habe: Du unterhältst Dich mit einem Bekannten, und er erzählt Dir, dass er gerade von einer Wohnungsbesichtigung kommt und dass er ganz stark hofft, dass das was wird; denn die Wohnung erscheint ihm geradezu perfekt, und die Miete ist für eine derart tolle Wohnung super-gering. Weil das aber ein so interessantes Angebot ist, gibt es noch ca. 40 weitere Interessenten für diese Wohnung, wie der Bekannte kurz danach erzählt. Es gibt also 40 Konkurrenten um die begehrte Wohnung.
So weit, so gut. Dann aber sagt der Bekannte im nächsten Satz aus heiterem Himmel plötzlich und scheinbar völlig zusammenhangslos: "Aber nur weil sich noch 40 weitere Leute für diese Wohnung interessieren, sind diese Leute doch trotzdem keine verfickten Arschlöcher!"
Wenn der Bekannte sowas sagen würde, dann würde man sich nicht denken: "Hmmm, ja, stimmt, da hat er ja im Grunde Recht..." sondern man würde sich denken: "Häh? WTF? Natürlich sind das keine "verfickten Arschlöcher", warum in aller Welt sollten sie das auch sein? Was zum Geier sollte dieser völlig verwirrte Satz - wie kommt der aus heiterem Himmel auf den völlig absurden Gedankengang, dass die anderen 40 Interessenten "verfickte Arschlöcher" sein könnten?"
DAS meinte ich damit, dass ich den Gedankengang an sich absurd finde.
Kunstbanause hat geschrieben:Herr Vorragend hat geschrieben:Kunstbanause hat geschrieben:In vielen Berufen ist ständig Bedarf, besonders in denen, für die sich der Deutsche zu fein ist. Rate mal, wer die dann machen darf.
...sprach der Herr, der nur ein Posting vorher noch das hier geschrieben hat:
Kunstbanause hat geschrieben:Die Jahre davor waren wir sehr lange arbeitslos, fast ganze zehn Jahre trotz permanenter Eigenbemühungen
(Sorry, die kleine Anspielung konnte ich mir dann doch nicht verkneifen.
)
Und nun klopfst Du Dir chapeauisierend auf die eigene Schulter?
Ich habe lediglich auf den vermeintlichen Widerspruch hingewiesen, dass Jemand einerseits sagt, dass er "zehn Jahre trotz permanenter Eigenbemühungen" arbeitslos war, nur um im nächsten Moment dann das urdeutsche Lied mit dem sinngemässen Text "Wer in Deutschland einen Job will, der findet immer einen - die scheiss Arbeitslosen sind sich doch einfach nur viel zu fein dafür, die weniger begehrten Jobs anzunehmen!" zu singen.
Kunstbanause hat geschrieben:Ich sags mal so: Ich habe auch schon Straßen gefegt und habe Dreck aus Bächen gefischt, Pferdemist von der Straße geschippt, Äste matschige Hänge hochgeschleppt. Bei Wind und Wetter. Nicht aus Spaß, sondern um über die Runden zu kommen. Freiwilliger 1€-Job. War ich mir nicht zu fein für.
Fein, aber was sollte das in diesem Zusammenhang bitte belegen? Meiner Meinung nach widerlegst Du damit ironischerweise lediglich Deine obige Aussage, belegst also gerade den kleinen Widerspruch, den ich hier sehe.
Denn wenn Du einerseits sinngemäss sagst: "Wer in Deutschland einen Job sucht, der findet immer einen - er darf sich halt nur nicht zu fein für gewisse Tätigkeiten sein!", und Du dann mit Beispielen wie den eben genannten belegen willst, dass Du Dir für keine Tätigkeit zu fein bist - dann stellt sich doch zwangsläufig erst recht die Frage, warum Du dann derartige 1-Euro-Jobs gemacht hast, statt einen viel besser bezahlten Beruf in einem Bereich zu wählen, in dem, wie Du sagst, "ständig Bedarf ist"?
Kunstbanause hat geschrieben:Herr Vorragend hat geschrieben:Anyway - ich finde es übrigens wirklich schön, dass Du jetzt hier auch mal richtig beteiligst und mitdiskutierst. Deine früheren (eher nichtssagenden) Einzeiler hier im Thread haben mich zugegebenermassen eher genervt - aber jetzt, wo Du mehr schreibst, bin ich ehrlich überrascht, wieviel Interessantes Du zum Thema beizutragen hast!
Bei dem, was ich hier immer wieder zu lesen bekomme, ist es schwierig, nicht polemisch zu werden. Bei den subtil fremdenfeindlichen Dingen, die so mancher von sich gibt, kann ich nur kopfschüttelnd Bemerkungen von mir geben, wie hässlich sich das liest und wie hässlich manche Gedankengänge und Denkansätze sind.
Du hast zum gleichen Thema jetzt mehrere ausführliche (und, wie gesagt, meiner Meinung nach: wirklich interessante) Postings verfasst - es geht also offensichtlich auch anders, wenn Du willst.
Kunstbanause hat geschrieben:Herr Vorragend hat geschrieben:(Mögliche Abschaffung des Mindestlohns)
Das wäre in der Tat unschön. Nur: Politiker und Wirtschaftsbosse sind die, die ihren Arsch im Trockenen haben, und in der Wirtschaft geht es darum, Gewinne zu erzielen - sind diese nicht mehr ganz so groß (obwohl es noch immer Gewinne sind, die beispielsweise das erste Mal eben nicht noch weiter gesteigert werden konnten), ist das Geheul groß.
Selbstverständlich wäre ich stinksauer. Aber schon wieder eine Was-wäre-wenn-Sozialneid-Frage. Ich würde im Leben nicht auf die Idee kommen, die Flüchtlinge dafür verantwortlich zu machen, sondern in dem Fall den Turbo-Kapitalismus und die Megalomanie der Mächtigen. Da wäre manchmal etwas Bescheidenheit gut.
Ich verstehe auch hier wieder nicht ganz, was das jetzt überhaupt konkret mit "Sozialneid" zu tun haben soll; meiner Meinung nach interpretierst Du da wieder etwas hinein, was so gar nicht gemeint war.
Als tatsächlicher Mindestlöhner würden Dich derartige Änderungen an den Mindestlohn-Regeln am stärksten treffen - und da mir in meinem Bekanntenkreis keine anderen Mindestlöhner bekannt sind, die ich fragen könnte, fand ich es einfach mal sehr interessant zu hören, was Du als direkt Betroffener über derartige Forderungen denkst, ob Dich das nicht beunruhigt etc.
Deine Antwort/Einstellung diesbezüglich erscheint mir übrigens ehrlich und rational. Was den Punkt mit den Flüchtlingen betrifft, hast Du natürlich völlig recht: natürlich wären die Flüchtlinge nicht schuld, falls es zu einer Abschaffung/Aufweichung des Mindestlohns kommt - für Wirtschaftsbosse, Arbeitgeberverbände etc., die jetzt derartige Forderungen stellen, ist die Flüchtlingswelle derzeit lediglich ein hochwillkommenes Argument, um Dinge zu fordern, die sie auch schon davor wollten. Das ist ja völlig klar, das hat doch auch niemand hier bezweifelt.