- Mi 2. Feb 2011, 00:29
#941516
Black Swan
Das New Yorker Ballettensemble plant die Auffuehrung einer neuen Version von Tschaikowski's Schwanensee. Hierfuer sucht der Regisseur Thomas (Vincent Cassel) eine neue Besetzung fuer die Hauptrolle - die sowohl den weißen als auch den schwarzen Schwan spielen soll. Die Taenzerin Nina (Natalie Portman), die ihr ganzes Leben dem Ballett unterordnet und nahezu jede Sekunde nur mit dem Training beschaeftigt ist, ist nahezu besessen davon, die Rolle zu kriegen. Doch laut Meinung des Regisseurs ist sie nur fuer den weißen Schwan perfekt geeignet, waehrend ihr fuer den schwarzen Schwan die Leidenschaft fehlt. Durch eine ueberraschende Aktion entschließt sich Thomas dann allerdings doch, ihr die Rolle zu geben. Im Laufe der Zeit scheint Nina allerdings mit dem Druck, der auf ihr lastet, nicht klarzukommen und beginnt wahnsinnig zu werden, auch aufgrund der Konkurrenz durch die Taenzerin Lily (Mila Kunis), die das genaue Gegenteil von Nina darstellt.
Ich gebe zu, der Einstieg in den Film verlief etwas zaeh, da recht wenig spektakulaeres passiert, was allerdings absolut Sinn macht, da zu diesem Zeitpunkt auch Ninas Leben selbst noch sehr ruhig und besinnlich wirkt. Doch wenn der Film nach wenigen Minuten so richtig loslegt, vergisst man die Zeit rasend schnell und die knapp zwei Stunden vergehen wie im Flug.
Regisseur Darren Aronofsky zeigt den langsamen Verfall einer jungen Person schonungslos. Nina ist geplagt von Selbstzweifeln, dem manischen Drang nach Perfektion und fehlendem Selbstbewusstsein, was auf ihre Mutter zurueckzufuehren ist, die sie in erschreckender Manier bemuttert. So dreht sie beispielsweise nachts vorm Schlafen gehen fuer Nina eine alte Spieluhr auf und auch sonst finden sich in Ninas Zimmer zahlreiche Kuscheltiere und andere Spielereien, die eher den Eindruck erwecken, als befinde man sich im Zimmer einer 10-jaehrigen und nicht einer erwachsenen Frau. Im wirklichen Leben steht Nina in keinster Weise. Ihre ganzen Probleme sorgen auch dafuer, dass sie sich immer wieder am Koerper kratzt, sodass ihre Haut sich langsam aber sicher bereits abschaelt.
Ein weiterer Punkt ist ihre Asexualitaet, auf die sie auch immer von ihrem Regisseur und ihrer Konkurrentin Lily angesprochen wird, mit der Intention, dass sie sich einfach mal gehen und fallen lassen muesse.
Im Film selbst erlebt Nina dann eine Metamorphose eben hin zu einer ansatzweise selbstbewussten Frau, die sich auch mal gegen ihre Mutter auflehnt und abends hemmungslos feiern geht sowie ihre fehlenden sexuellen Erfahrungen nachholt. Doch eben waehrend dieses Wandels wird sie selbst auch immer verrueckter und bekommt Halluzinationen. Was Illusion und was Wirklichkeit ist, ist an manchen Stellen fuer den Zuschauer schwierig zu durchschauen.
Der Film hat einige wirklich krasse Schockmomente, die einen auch mal richtig erschrecken und verstoeren. Dennoch bleiben die Horrorelemente in einem vernuenftigen Rahmen, sodass die Handlung selbst darunter auch nicht leidet.
Zur schauspielerischen Leistung muss man nicht viel sagen. Natalie Portman traegt den ganzen Film, eigentlich IST sie der Film. Eine grandiose Performance, vor allem auch ihre koerperlichen Anstrengungen (Wahnsinn, wie duenn sie ist) darf man nicht unterschaetzen. Der Oscar kann nur an sie gehen, davon bin ich fest ueberzeugt.
Die wenigen weiteren Darsteller ueberzeugen allerdings auch, Vincent Cassel und Mila Kunis passen sehr gut in ihre Rollen, Barbra Hershey verkoerpert die nahezu kranke Mutterrolle glaubwuerdig. Winona Ryder ist nur in wenigen Szenen zu sehen, spielt dort allerdings hervorragend.
Die wackelige Handkamera, die vor allem immer wahnsinnig nah an den Gesichtern ist, sorgt dafuer, dass man Portmans Regungen und Gefuehle noch intensiver spuert.
Sensationell ist mal wieder der Score von Clint Mansell. Die Musik macht den Film noch eine Spur besser, die Schwanensee-Melodie mag einem kaum mehr aus dem Ohr gehen.
Abschließend muss man sagen, dass Aronofsky mal wieder ein spitzenmaeßiger Film gelungen ist, auch wenn er sicherlich nichts fuer schwache Nerven ist. Das Ende ist fantastisch, passt perfekt zum Film und laesst einen richtig nachdenklich im Sessel sitzen. Zwar kommt der Film meiner Meinung nach nicht an "Requiem For A Dream" ran, aber dennoch ist er ein Volltreffer. 9/10
„90 Prozent des Lebens eines Fußballfans bestehen aus Demut, Leiden und Verzweiflung. Aber für die anderen zehn Prozent lohnt es sich, immer wieder zu kommen!“ (Nick Hornby)