Benutzeravatar
von Fernsehfohlen
#996215
Der Fliegenfänger

Raymond Marks lebt in einem Vorort von Manchester und soll mit seinen 19 Jahren nun endlich ein "echter, normaler Mann" werden. Deshalb soll er in Grimsby als Bauarbeiter arbeiten, was dem Jungen gar nicht zusagt. Seinem Idol Morrissey schreibt er Briefe, in denen er seine Lebensgeschichte seit dem zwölften Lebensjahr erzählt, als er das "Fliegenfangen" erfand. Eine Geschichte voller Missverständnisse, Trauer und der Isolation von der Gesellschaft, welcher er sich längst entsagt hat...

Das Buch ist der Erstling des britischen Autos Willy Russell, zuvor vor allem durch Songtexte und Drehbücher bekannt (und sogar zwei Mal für den Oscar nominiert). "Der Fliegenfänger" zeichnet sich durch einen sehr sarkastischen Schreibstil aus, der Protagonist schreibt seine Briefe mit viel Selbstironie. Die Geschichte ist eine klassische Tragikomödie mit vielen Momenten, wo man den Tränen nahe ist und dabei manchmal nicht einmal genau weiß, ob man es gerade traurig oder witzig findet. Der sehr charmante, junge Schreibstil wirkt sehr authentisch, so könnte in der Tat wohl auch ein sehr intelligenter Jugendlicher schreiben.

Und intelligent, das ist die Hauptfigur. Leider tritt sie in jedes erdenkliche Fettnäpfchen, sodass sie sich sogar in der Sonderschule und der Psychiatrie wiederfindet, da sie von den meisten Menschen missverstanden wird. Raymond ist ein sympathischer Sonderling mit viel Herz, der die Sympathie der Leser im Nu erlangt und nicht mehr verliert. Mein persönlicher Lieblinscharakter war jedoch die Oma mit der großen Liebe zum Ernsten, Melancholischen und Subtilen, wogegen sie Oberflächlichkeit und übertriebene Freude hasst. Eine wirklich geniale Figur. Ganz besonders schön ist nach Jahren der Demütigung auch die Freundschaft zu Twinky und Norman, die mit einer üppigen Portion Kitsch untermalt ist, was nach 200 Seiten Depression jedoch auch Not tut.

Was mir nicht so gefällt, ist die insgesamt gerade im letzten Drittel doch arg konstruierte Verkettung von Zufällen, hier nehmen manche Figuren eine sehr unrealistische Entwicklung und es wirkt so, als ob unbedingt jeder nicht ganz unwichtige Charakter im "neuen" Leben von Raymond Marks eine Rolle spielen muss. Es hätte mich nicht einmal mehr gewundert, wenn sogar eine Reinkarnation der Oma stattgefunden hätte, so unglaubwürdig war Manches. Sehr gewöhnungsbedürftig ist auch das Niederschreiben von Songtexten, die sich ohne Melodie in reiner Textform natürlich auch etwas schwer tun. Fand ich jedoch recht interessant. Insgesamt ist "Der Fliegenfänger" ein überaus charmantes Buch, das fesseln und berühren kann. Eine persönliche Unabhängigkeitserklärung, ein Bruch mit vielen gesellschaftlichen Konventionen, das Versagen einer solchen Gesellschaft wird sehr interessant dargestellt. Emotional ein tolles Werk mit viel Liebe verfasst, bei rationalerer Betrachtungsweise muss man jedoch aufgrund des sehr einfachen Schreibstils und der unrealitischen Handlung deutlich abziehen.

7/10


Fohlen
von Molino
#996237
Oh, Gaul, du hast den Fliegenfänger gelesen. <3
Deine Kritikpunkte kann ich nachvollziehen, zumindest die Handlung im letzten Drittel, weil die mir auch nicht so zusagte wie der Anfang. Allerdings nicht wirklich weil es unrealistisch ist, weil so ein bisschen fernab der Realität ist das Ganze ja schon - halt so etwas wie ein modernes Märchen. Den Schreibstil würde ich jedoch nich kritisieren - so ein in Ich-Form geschriebenes "Tagebuch" (hier sind es ja Briefe), auf so authentische, humorvolle Weise ist meines Erachtens viel schwieriger als ein "normaler" Text. Und es bringt mir den Prota näher - das ist auch der Grund dafür, warum mir Raymond so sehr ans Herz gewachsen ist.
Aber gut, total objektiv kann ich das eh nicht beurteilen, weil ich das Buch einfach über alles liebe - aller kleinen Schwächen zum Trotz.
Benutzeravatar
von Tommy Vercetti
#996303
ich lese grade john paul satre, auf französisch natürlich.
Benutzeravatar
von Tommy Vercetti
#996417
Cristóbal hat geschrieben:C'est vrai?
oui mon frere
von Commi
#996421
JohnDorian hat geschrieben:Ich lese zurzeit "Der Drachenläufer", und ich finde es sehr packend.
Jo, das Buch ist ganz toll. Mir wurde das damals von einer Kollegin empfohlen, die absolut begeistert war. Mir gings ähnlich. Auch die Verfilmung ist sehr sehr gut.
Benutzeravatar
von Fernsehfohlen
#996451
Molino hat geschrieben:Oh, Gaul, du hast den Fliegenfänger gelesen. <3
Deine Kritikpunkte kann ich nachvollziehen, zumindest die Handlung im letzten Drittel, weil die mir auch nicht so zusagte wie der Anfang. Allerdings nicht wirklich weil es unrealistisch ist, weil so ein bisschen fernab der Realität ist das Ganze ja schon - halt so etwas wie ein modernes Märchen. Den Schreibstil würde ich jedoch nich kritisieren - so ein in Ich-Form geschriebenes "Tagebuch" (hier sind es ja Briefe), auf so authentische, humorvolle Weise ist meines Erachtens viel schwieriger als ein "normaler" Text. Und es bringt mir den Prota näher - das ist auch der Grund dafür, warum mir Raymond so sehr ans Herz gewachsen ist.
Aber gut, total objektiv kann ich das eh nicht beurteilen, weil ich das Buch einfach über alles liebe - aller kleinen Schwächen zum Trotz.
Ich glaube sogar, ich las ihn tatsächlich deinetwegen. Ich wusste nicht mehr, wer vom Buch so geschwärmt hat, aber ich las den Thread bei der Auswahl eines neuen Buches und hab bei Amazon "überprüft", obs nicht nur Fanboy-Geschreibsel war. Als die Story ansprechend klang und die Bewertungen gut ausfielen, bestellte ich es mir. ;)

Warum gefiel dir denn der letzte Teil nicht so gut wie der Rest? Ich finde ja schon, dass die ersten ca. 350 Seiten zwar sehr unwahrscheinlich sind, aber bei unglücklicher Verkettung von Zufällen tatsächlich irgendwie so passieren könnte. Nur am Ende wurde es mir dann doch zu viel.

Den Schreibstil finde ich persönlich auch sehr gelungen, ich glaube nur anders als du, dass er vergleichsweise einfach ist für einen Autor, der sich vielleicht ähnlich artikuliert. Vielleicht ist es aber tatsächlich nicht angemessen, hier abzuziehen, nur weils nicht besonders intellektuell geschrieben ist. Denn, wie du schon sagst, es bringt einem die Hauptfigur tatsächlich näher.

Btw: Der Schreibstil erinnerte mich oftmals wirklich an Commanders. Deshalb dachte ich auch, er hätte das Buch empfohlen, weil es wirklich so gut zu ihm passte.


Fohlen
von Commi
#996484
Fernsehfohlen hat geschrieben:
Btw: Der Schreibstil erinnerte mich oftmals wirklich an Commanders. Deshalb dachte ich auch, er hätte das Buch empfohlen, weil es wirklich so gut zu ihm passte.
Oh, wirklich?
Jetzt muss ichs wohl auch mal lesen. :)
von Molino
#996556
@Fohlen:
Pf, Fanboy-Geschreibsel.
Ja, also, das letzte Drittel fand ich nicht ganz so stark, weil die Lockerheit und ein Teil des Charmes flöten ging - was aber auch einfach den Umständen geschuldet ist. Es wird halt merklich tragischer zum Ende hin, und es folgt da nicht ganz so sehr wie am Anfang eine erinnerungswürdige Szene nach der anderen. Aber naja, schwach fand ich auch das letzte Drittel nicht, nur nicht ganz so überragend wie die ersten zwei.
Benutzeravatar
von Holzklotz
#998446
Habe vor kurzem jetzt Never Let Me Go von Kazuo Ishiguro fertig gelesen und kann mich bei Plem nur bedanken fgür diese indirekte Empfehlung. Das Buch ist wirklich großartig. Freue mich sehr auf den Film, der im August hier in Deutschland erscheinen wird! :)
Benutzeravatar
von Kunstbanause
#998585
Den "Daemon" von Daniel Suarez habe ich nun fertig gelesen und bin ziemlich angetan, und das, obwohl es normalerweise echt nicht meine Schiene ist. Da ich "Darknet", den Nachfolger, ebenfalls hier liegen habe, ist der gleich als nächstes dran.
Benutzeravatar
von AliAs
#998620
Kunstbanause hat geschrieben:Den "Daemon" von Daniel Suarez habe ich nun fertig gelesen und bin ziemlich angetan, und das, obwohl es normalerweise echt nicht meine Schiene ist. Da ich "Darknet", den Nachfolger, ebenfalls hier liegen habe, ist der gleich als nächstes dran.
Werde mein Urteil nächste Woche schreiben ... es fehlen noch 50 Seiten ... aber das Darknet liegt schon da. ...
Benutzeravatar
von Kiddow
#999159
Nachdem ich nun "Das Leben und das Schreiben" von Stephen King mit etwas Mühe gelesen habe (ich bin nicht so ein Sachbuchfan), habe ich gerade mit "Das Blut" von Guillermo del Toro und Chuck Hogan angefangen. Es ist die Fortsetzung zu "Die Saat" und die beliebte Thematik des Vampirvirus, der die gesamte Menschheit dahin rafft. Ich bin gespannt.
Benutzeravatar
von redlock
#999320
Kiddow hat geschrieben:Nachdem ich nun "Das Leben und das Schreiben" von Stephen King mit etwas Mühe gelesen habe (ich bin nicht so ein Sachbuchfan), habe ich gerade mit "Das Blut" von Guillermo del Toro und Chuck Hogan angefangen. Es ist die Fortsetzung zu "Die Saat" und die beliebte Thematik des Vampirvirus, der die gesamte Menschheit dahin rafft. Ich bin gespannt.

Wenn du wieder Lust auf Thriller/Krimis für Kerle hast empfehle ich dir "Codename Tesseract" (O-Titel "The Killer") von Tom Wood.
Hab ich gerade beendet. Er bekommt 8,5/10 Punkte.

Ich fange jetzt mit "A Game of Thrones" (yep, die 4er Box ist endlich bei mir eingetroffen :D ) an.
Benutzeravatar
von Kunstbanause
#999488
AliAs hat geschrieben:
Kunstbanause hat geschrieben:Den "Daemon" von Daniel Suarez habe ich nun fertig gelesen und bin ziemlich angetan, und das, obwohl es normalerweise echt nicht meine Schiene ist. Da ich "Darknet", den Nachfolger, ebenfalls hier liegen habe, ist der gleich als nächstes dran.
Werde mein Urteil nächste Woche schreiben ... es fehlen noch 50 Seiten ... aber das Darknet liegt schon da. ...
Bei "Darknet" bin ich nun bereits bei Seite 220... wenn du "Daemon" magst, dann freu dich auf die (bisher) gelungene, ebenso tierisch spannende Fortsetzung.
von The Rock
#999491
Limit von Frank Schätzing

Absoluter Reinfall. Ich muss gestehen, dass ich das Buch nicht zu Ende gelesen habe, da mir jetzt irgendwie die Zeit fehlt. An sich finde ich die Story ja doch ganz in Ordnung, aber wie kann jemand nur so viel Wert auf Detail legen? Manchmal hat man das Gefühl, schon die halbe Bibel gelesen zu haben und dabei wird gerade die erste Szene beschrieben.

Vielleicht ja mal, wenn ich Urlaub habe...

Die Kunst der Täuschung: Risikofaktor Mensch

Lange hats gedauert, aber endlich hab ich Mitnicks Buch dann lesen können. Sehr interessant geschrieben, wenn auch schon etwas älter. Kann die negative Kritiken absolut nicht verstehen.
Benutzeravatar
von Kunstbanause
#999494
The Rock hat geschrieben:... aber wie kann jemand nur so viel Wert auf Detail legen? ...
Das ist, wenn ein Autor das sehr gut und bildhaft kann, eine tolle Sache. Leider gibt es aber auch Autoren, die sich schlichtweg zeilenfüllend in irgendwelchen die Story nicht unterstützenden Mäandern verlieren. Das ist dann eher müßig zu lesen. Wenn ich mir allerdings Bücher durchlese wie die von Oliver Uschmann, David Foster Wallace oder (momentan Daniel) Suarez, macht das riesigen Spaß.
Benutzeravatar
von redlock
#1002417
Plem hat geschrieben:Bin noch immer bei A Game of Thrones und komme irgendwie nicht weiter. Ich bin im Moment unheimlich gelangweilt, weil ich wegen der Serie weiß was passiert. Die anderen Bücher werde ich noch lesen, bevor die zweite Staffel beginnt, aber dann habe ich Angst, dass ich mich beim Schauen langweilen werde. Es ist ein Teufelskreis :cry:
Ich bin mit dem Buch kürzlich fertig geworden, und konnte schon beim Lesen deine Einstellung/Empfindung voll nachvollziehen. Hab's aber bis zum Ende durchgezogen.
In der Tat, die HBO Serie hält sich -- bis auf einige Kleinigkeiten, von denen die meisten auch nicht wichtig sind -- eng ans Buch.

Fazit: Wer die Serie kennt, kann sich das Buch ersparen ( :shock: ), wenn er Zeit sparen will.

Hab jetzt mit Teil 2, "A Clash of Kings" angefangen.
Benutzeravatar
von Kunstbanause
#1002437
Nebenbei... für die Kids mitgeordert und auch mal reingeschaut: Tom Angleberger - "Yoda ich bin, alles ich weiß!". Ganz ulkig: Außenseiter, den alle für den totalen Freak und Loser halten, lässt seine Origami-Yoda-Fingerpuppe sprechen und gibt seinen Mitschülern rat. Spaßig. Nun lesen's die Kids.

Ansonsten parallel (noch) Daniel Suarez' "Darknet", und zusätzlich noch Richard Kadrey - "Sandman Slim - Höllendämmerung" angefangen. Der "Darknet"-Roman ist zur zeit ätzend überzogen...
Benutzeravatar
von Kiddow
#1002442
Das Yoda Buch hatte ich neulich auch in Hand. Klang ganz witzig.

Nachdem ich nund Del Toro/Hogan "Das Blut" beendet habe (eigentlich wirkt das alles wie die Vorlage für ein Drehbuch. Ich warte dann jetzt noch auf den Film mit Del Toro als Regiesseur), lese ich nun das Finale der 8. Staffel von Buffy.
Ich schätze, jetzt werde ich endgültig Abschied vom Buffyversum nehmen.
Benutzeravatar
von Holzklotz
#1002474
Ich lese zurzeit Disney War von James B. Stewart. Großartig geschrieben, macht es unglaublich Spaß in die Hintergründe des riesigen Disney-Imperiums einzusteigen. Sehr lesenswert mit einem hohen Mehrwert für Leute, die hinter die zuckersüße Fassade schauen wollen.

Danach warten auf mich noch die Bücher Disney ist jeden Tag ein Abenteuer - die Biografie von Michael Eisner und Von Mann und Maus Die Welt des Walt Disney

Und ja, its Disney-Time... :mrgreen:
Benutzeravatar
von AliAs
#1002486
The Rock hat geschrieben:Limit von Frank Schätzing

Absoluter Reinfall. Ich muss gestehen, dass ich das Buch nicht zu Ende gelesen habe, da mir jetzt irgendwie die Zeit fehlt. An sich finde ich die Story ja doch ganz in Ordnung, aber wie kann jemand nur so viel Wert auf Detail legen? Manchmal hat man das Gefühl, schon die halbe Bibel gelesen zu haben und dabei wird gerade die erste Szene beschrieben.
Ich habe mich wirklich ganz durchgequält (an manchen Stellen). Ich weiß gar nicht, ob das Problem die Liebe zum Detail ist (wenn er über 30 Seiten die Geschichte von Äquatorial Guina beschreibt, fand ich das noch recht spannend), aber warum man 15 Personen (die auf die Mondbasis) fliegen so viel quatschen und erklären lassen muss ist mir ein Rätsel. Der Schluss ist zwar nicht wirklich besonders, doch als ich das Buch durchhatte fand ich es besser als zu Beginn oder in der Mitte.
von Stefan
#1003225
Apartment 16 von Adam Nevill

Ich hab keine Ahnung, warum ich das Buch gekauft hab - aber es hat auf jeden Fall ein gutes Cover :lol: Die Mystery/Horror-Story rund um Apryl, die den Tod ihrer entferten Tante untersucht und dabei auf Geheimnisse stößt, die sie lieber nicht hätte erfahren wollen - ist eigentlich ziemlich spannend geschrieben.. wobei ich nie ein Problem damit hatte, das Buch wieder wegzulegen.. und das ist eigentlich kein gutes Zeichen.

Das Mysterium rund um Barrington House und die Bewohner ist aber ganz clever aufgebaut und es gibt einen netten Twist am Ende, den ich nicht kommen sah. Das Ende ansich fand ich dann aber etwas enttäuschend - das war mir zu offen :?
  • 1
  • 46
  • 47
  • 48
  • 49
  • 50
  • 80