AliAs hat geschrieben:Khamelion hat geschrieben:Hmm House und Krimi?
ich wollte noch Arztserien dazuschreiben .. .
So ganz falsch ist die Assoziation aber nicht. In einer typischen Dr. House Folge ist das Team um den Exentriker eine klassische Ermittler-Riege, wie man sie auch in CSI oder The Closer antrifft. Nur wird hier eben kein Mörder sondern ein Krankheitsbild ermittelt. Die Wege sind dabei recht ähnlich: medizinisch technische Spurensuche kombiniert mit der Befragung des Kranken und seines Umfeldes ergeben schließlich richtig zusammen gesetzt die Lösung. Und meist lügt irgendjemand dabei und versucht bestimmte Umstände zu verschleiern. Dr. House ist eine Übertragung der Ermittlungsdramaturgie aus dem Krimi in eine Arztserie.
Aber zurück zum Thema:
Ich bevorzuge eindeutig die Serials. Ich mag komplexe Stories, die sich über viele Folgen entspinnen und überraschende Wendungen nehmen. Allein durch die damit deutlich erweiterte Zeit für eine Story kann diese eine viel größere Tiefe und einen komplexeren Spannungsbogen entfalten als das in einer 45min Folge jemals möglich wäre.
Zwar werden wie von Alpha angemerkt auch in Procedurals die Charaktere allmählich weiter entwickelt, doch geschieht das sehr viel langsamer und ist nicht so direkt mit einzelnen Handlungswendungen verknüpft. Meist habe ich eher den Eindruck, dass die Autoren bestimmte Figuren einfach langsam um ein paar Nuancen erweitern oder in eine andere Richtung biegen, damit sie für immer neue Einzelgeschichten noch genug hergeben können. Gerade Nebenrollen werden da mit der Zeit weiter herausgebildet, um auch mal eine Episode tragen zu können.
Ein gutes Beispiel dafür wäre für mich zb Star Trek Voyager (gerade die Star Trek Serien sind ja typische procedurals - nur Deep Space 9 fällt da manchmal aus dem Rahmen). In der ersten Staffel waren da noch viele Typenrollen drin, die scheinbar gar keine eigene Geschichte haben und völlig blass sind (Torres, Tuvok, Paris). Anfangs erfüllen sie nur eine rein offizielle Funktion wie Schiffsingenieur oder Pilot und werden auch nur relevant, wenn diese Funktion von der Story bedient wird. Erst später bekommen die auch eine etwas eigenständigere Persönlichkeit spendiert. Sowas kommt nur manchmal etwas spät und bei einigen Charakteren spürt man, dass den Autoren auch nachträglich nichts einfällt und diese Figur für immer blass und nichtssagend bleibt (Kim).
Ein Procedural legt sich aber von vornherein darauf an, dass Figuren große Wandlungen durchmachen, die aus tiefgreifenden Einschnitten der Handlung motiviert sind. Das macht sie für mich viel interessanter. Ein weiterer Nachteil an Procedurals ist in meinen Augen, dass die Spannung gerade im Thriller und Sci-fi Bereich deutlich leidet, wenn Hauptfiguren in Gefahr geraten. Man weiß einfach, dass die in Procedurals in der Regel nicht sterben können. Bei Serials ist diese Gewissheit nicht vorhanden oder deutlich geringer. Gerade 24 und Prison Break zeigen, dass ausgenommen DIE zentrale Hauptfigur (Jack Bauer, Michael Scofield) mit so ziemlich jedem alles passieren kann - Tod nicht ausgeschlossen. Sowas erhält in meinen Augen die Spannung.
Generell muss aber ein bisschen von der Absolutheit der beiden Begriffe abgerückt werden. Das sind nur die 2 Enden eines breiten Spektrums. Es gibt nur wenige Serials, die nicht auch viele losgelöste Einzelepisoden haben, die keine größere Geschichte bedienen (bestes Beispiel sind die vielen Monster of the Week Episoden bei Buffy); genausowenig gibt es viele Procedurals wo wirklich nach jeder Folge wieder alles auf Anfang steht und wie mit dem Reset-Button alle Konsequenzen vom Tisch sind.
Die Absolutheiten verwischen immer mehr.
Selbst Krimis, die Paradebeispiele der Procedurals, sind da nicht mehr ganz so rigoros wie noch zu Zeiten von Mord ist ihr Hobby. The Closer zB hat zwar jede Woche einen neuen Fall, doch die Beziehungen der Charaktere zueinander befinden sich in einem langsamen, aber kontinuierlichen Wandel. Ihre Abteilung, wo sie Anfangs auf totale Ablehnung stieß, beginnt nach und nach doch mit ihr warm zu werden. Bei Crossing Jordan sieht es ganz ähnlich aus.
Manchmal ändert sich die Ausrichtung sogar während einer Serie. Deep Space 9 war am Anfang eine klassische procedural. Nachdem die direkte Konkurrenzserie Babylon 5 aber am Extrem des Serials bei den Sci-fi Fans mächtig Punkte gesammelt hatte, strickte man auch bei Star Trek ab Staffel 3 plötzlich zunehmend rote Fäden ein. Anders herum werden sogar manche hardcore-serials unter Quotendruck mehr in procedural Richtung umgearbeit (siehe Alias Staffel 4. oder Enterprise Staffel 4).
Letztlich ist eine Kalkulation der Macher. Serials erfreuen sich oft einer viel härteren Fanbasis, die keine Folge der fortlaufenden Handlung verpassen. Aber sie machen auch den Neueinstieg während einer laufenden Staffel sehr schwer und Gelegenheitszuschauer werden ebenfalls leicht vergrault, wenn sie nach 2 ausgesetzten Folgen nicht mehr durchsteigen, was los ist. Im vergleich mit Procedurals verzeihen die Stammzuschauer ihren Serials aber dafür auch mal kleinere Durchhänger. Procedurals müssen sich dafür jede Woche wieder mit einer guten Einzelgeschichte beweisen und sind in ihren Möglichkeiten dabei viel begrenzter. Sie können ihre Zuschauer nicht so fest an sich binden, weil denen klar ist, dass es egal ist, wenn sie mal eine Folge verpassen.
Beides hat aus Quotensicht seine Vor- und Nachteile. In meinen Augen hat es ein Serial dabei aber etwas schwerer. Wenn da Zuschauer abwandern ist es sehr schwer neue dazu zu gewinnen.