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von baumarktpflanze
#1372846
Ich schätze an Deutschland sehr diese Form der Genauigkeit und diese Form des auf-die-Zeit-achtens, wie ich es bisher nirgendwo in Europa oder der Welt gesehen habe. In vielen Fällen raubt einem das, was wir in Deutschland als Bürokratie bezeichnen, den letzten Nerv, am Ende weiß man aber, dass die meisten Sachen einfach ihren geregelten Gang gehen.

Und mit diesem Land verbinde ich neben meiner eigenen Geschichte und der Möglichkeit, mich hier freier entfalten zu können als in anderen Ländern - durch die Gesetze, die Infrastruktur und den allgemeinen Wohlstand, der in diesem Land herrscht - auch die Chancen, die ich hier habe und die unterschiedlichsten Menschen, die ich hier kennenlernen kann und den unterschiedlichsten Zungenschlag, der mich auf meinem Weg durch das Land begleitet.

Was ich sagen will ist: Ich glaube nicht, dass es mir auf einer Finca in Spanien oder in einem Appartment in New York wirklich besser gehen würde. Und ich weiß, dass der Weg in eine andere Kultur wahnsinnig beschwerlich ist und ich glaube erstmal nicht, dass ich diesen Weg gehen will.
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von Nerdus
#1372890
In China gibt’s gar keine Verkehrsregeln, zumindest gefühlt nicht :lol: Da kann man sich über deutsche Autofahrer wirklich nicht beschweren.
von Eva
#1372896
Lieber nicht blinken als falsch blinken. Ich weiß nicht, was sich die Leute dabei denken, beim Einfahren in den Kreisel den Blinker zu setzen, beim Rausfahren aber nicht. Danke für die Warnung, dass du wie jeder andere Mensch gegen den Uhrzeigersinn in den Kreisel einfährst, cool. Oder die Experten, die den Blinker im Kreisel schon drei Ausfahrten vorher setzen und dann empört hupen, wenn es fast knallt. :roll:
von Columbo
#1372913
Ich fahre auf dem Weg zur Arbeit jeweils 3 Kreisverkehre, also 6 am Tag und es vergeht echt kein Tag wo einem dort nicht irgendein unfähiger Vollidiot begegnet. Zu den schon erwähnten möchte ich noch den Typus hinzufügen, der grundsätzlich an der Einfahrt stehen bleibt, auch wenn weit und breit kein Auto kommt und dort gerne so lange steht, bis dann den irgendwann mal eins kommt. :roll:

Zu hier schon diskutierten Punkten; ich finde ja, dass so etwas wie Pünktlichkeit nichts typisch deutsches ist, oder eine deutsche Tugend. Das hat eher was mit Anstand und Höflichkeit zu tun. Und ich bin sicher, dass höfliche Italiener z. B., denen man ja gerne Unpünktlichkeit nachsagt auch pünktlich ist. Nur ein Beispiel.

Ansonsten, ja, ich verbinde schon einiges mit Deutschland, wenn ich so auf der Weltkarte umher fahre finde ich kaum ein Land wo ich lieber leben möchte, das "Gesamtpaket" ist in Deutschland schon sehr gut. Und ich kann mich auch wunderbar mit deutschen Sportlern oder unserer Nationalmannschaft identifizieren, meine Auto-Spiegel sind derzeit auch in die deutschen Farben gehüllt.
von Ghost
#1372923
Davinia-EP hat geschrieben:Nein habe ich nicht. Ich sagte: Die Region und ihre Denkweisen sicherlich, aber nicht unbedingt das Land. Sonst wäre ja doch jeder Deutsche gleich. konkret und explizit im Bezug zur Frage, ob man durch das Land, in dem man lebt, geprägt wird. Prägung schließt von sich aus schonmal aus, dass alle gleich sind, denn sie sind ja lediglich geprägt, nicht gepresst.
Ich sprach doch von Prägung? Wenn ein Individuum durch Regionalkultur geprägt wird, dann wird es auch durch kulturelle und historische Gemeinsamkeiten innerhalb des Landes geprägt. Ich habe deinen Beitrag so verstanden, dass du einerseits sagst, ein Individuum ist durch die Region, in der es aufwächst, geprägt, aber nicht durch landesweite Zusammenhänge, weil jeder Deutsche sonst gleich wäre. Von daher: Erkläre mir dann bitte noch einmal, WANN jeder Deutsche gleich wäre (und was du überhaupt mit "gleich" meinst).
Davinia-EP hat geschrieben:Bei deinen skurrilen Schlussfolgerungen muss ich mich langsam echt fragen, ob du eigentlich verstehen oder nur provozieren willst! Ich entscheide mich für zweiteres, denn deine Schlussfolgerung, dass ich behaupten würde, jedes Land sei gleich, ist schlichtweg so meschugge verdreht, dass sie Absicht sein muss.
Jo, ich bin le grand provocateur. Nö. Wenn du schreibst, dass ein Land keine charakteristischen Eigenschaften hat, die seine Identität ausmachen, dann wäre jedes Land gleich und hätte eben - logisch - keine eigene Identität. Japan ist aber anders in Deutschland. Und Japaner sind anders als Deutsche. Denn sie sind in einem anderen kulturellen, historischen, ideologischen, sozialen und geographischen Kontext aufgewachsen.
Anstatt mir zu unterstellen, ich wäre lediglich auf Provokationen aus, hättest du auch auf den Inhalt meines Postings eingehen können.
Davinia-EP hat geschrieben:Schon mal nen Akademiker erlebt, der es irgendwann schafft, pünktlich zu sein?
Ja.

Donnie hat geschrieben:Naja, es ist aber schon bezeichnend, dass die Fahnen hier meist, im starken Gegensatz zu den USA, nur zur Fußball-WM aus den Fenstern hängen. Ich würde schon sagen, dass der Deutsche in gewisser Weise mit einer gewissen Nationalscham aufgezogen wird auf Grund der nicht lang zurückliegenden mieserablen Geschichte.
Die Frage des Nationalgefühls finde ich beispielsweise äußerst interessant. Ich bin zum Beispiel ebenfalls ausgesprochen unpatriotisch und kann überhaupt nicht nachvollziehen, wie man stolz auf sein Vaterland sein kann bzw. wie sich das anfühlt und wie das überhaupt funktioniert. In anderen Ländern ist die Bindung zum Land, aus dem man stammt, eine ganz andere, vielleicht engere, während ich sagen würde, dass der Deutsche zumeist eine kritische Distanz bewahrt.
Donnie hat geschrieben:Brezeln gibt es in Berlin an jeder Ecke???
Fahr in den Süden, dann wirst du einen Unterschied feststellen. :D
Kaffeesachse hat geschrieben:Die tiefste Wurzel ist für mich wahrscheinlich die Sprache. Ich kann mir gar nicht vorstellen, ständig eine andere Sprache zu sprechen, geschweige denn in einer anderen Sprache zu denken.
Das sieht bei mir anders aus, ich denke auch in anderen Sprachen. Zu seiner Muttersprache hat man natürlich trotzdem eine besondere Verbindung und in dieser ist auch mein Wortschatz am größten. Im Ausland habe ich gemerkt, dass mir im Englischen dauernd irgendwelche Worte fehlten, was die Kommunikation dann doch erschwert, aber ganz allgemein steht es dem Freundschaftschließen und der sozialen Kommunikation nicht in größerem Maße im Wege. Und des Öfteren gibt es Wörter in anderen Sprachen, die das, was ich meine, besser zum Ausdruck bringen als in meiner Muttersprache.
baumarktpflanze hat geschrieben:Ich schätze an Deutschland sehr diese Form der Genauigkeit und diese Form des auf-die-Zeit-achtens, wie ich es bisher nirgendwo in Europa oder der Welt gesehen habe. In vielen Fällen raubt einem das, was wir in Deutschland als Bürokratie bezeichnen, den letzten Nerv, am Ende weiß man aber, dass die meisten Sachen einfach ihren geregelten Gang gehen.
Wie gesagt, ich kann es nicht haben, wenn sich jemand arg verspätet (nicht, dass mir das nicht auch schon passiert wäre ...), aber diese eigene Eigenschaft mag ich eigentlich nicht an mir. Das ist so befreit von jeglicher Lockerheit. Meh.
Columbo hat geschrieben:Zu hier schon diskutierten Punkten; ich finde ja, dass so etwas wie Pünktlichkeit nichts typisch deutsches ist, oder eine deutsche Tugend. Das hat eher was mit Anstand und Höflichkeit zu tun. Und ich bin sicher, dass höfliche Italiener z. B., denen man ja gerne Unpünktlichkeit nachsagt auch pünktlich ist. Nur ein Beispiel.
Ich glaube schon, dass unterschiedliche Kulturen unterschiedliche Zeitauffassungen haben können und sich diese in "typischen Verhaltensweisen" niederschlagen. Von irgendwoher muss so ein Klischee ja wie gesagt kommen. Das heißt ja nicht, dass sich diese Verhaltensweisen nicht auch auflösen etc. Beispielsweise habe ich mich mal mit einer Gruppe von Südamerikanern (und zugegebenerweisen auch zwei Skandinaviern) verabredet und war eine halbe Stunde zu früh da und sie kamen eine Stunde zu spät ... :lol: Sowas darf man natürlich nicht als repräsentativ werten, aber amüsant ist es dennoch, wenn sich solche Stereotypen bewahrheiten.
Kaffeesachse hat geschrieben:Und dass einen nichts, aber auch gar nichts mit seinem Land verbindet, glaub ich nicht und versteh ich nicht. Ich bin in erster Linie Sachse (und stolz drauf :P ), in zweiter Linie Deutscher und danach kommt der Europäer. :)
Ja. Eine Verbindung ist bereits damit gegeben, dass man in dem Land geboren ist. Eine Verbindung zu seinem Geburtsland bedeutet schließlich nicht, dass man sich als total deutsch fühlen muss oder sich in diesem Land heimatlich fühlen muss. Ich würde mich beispielsweise, wenn ich es tun müsste, eher als Europäer identifizieren als als Deutscher. Aber mein Deutschsein gehört zu meiner Identität, ob ich es will oder nicht (und ich habe mir schon mal in kindlicher Naivität gewünscht, ich wäre nicht bloß deutsch).


Etwas, was ich an Deutschland mag: die kulturelle Vielfalt und die hohe Anzahl an Museen und Ausstellungsräumen. Wenn ich in ein weniger dicht bevölkertes ziehen würde, würde ich dies wahrscheinlich vermissen.
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von Kunstbanause
#1372988
Hm, oder sich einfach gar keine Gedanken über so etwas Eseliges zu machen könnte auch ein Grund sein. "Was ist deutsch?", "Bin ich deutsch?", "Wie ist der typisch Deutsche?" - das sind Fragen, die existieren im Grunde gar nicht für mich.
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von Tangaträger
#1372995
vicaddict hat geschrieben:
Kaffeesachse hat geschrieben:Die tiefste Wurzel ist für mich wahrscheinlich die Sprache. Ich kann mir gar nicht vorstellen, ständig eine andere Sprache zu sprechen, geschweige denn in einer anderen Sprache zu denken.
Das geht schneller als du denkst. Wenn du die Sprache beherrschst, natürlich.
Jepp, hoechstens sechs Monate, und dein Gehirn wird umdenken (gnihihi) muessen. Das geschieht ganz automatisch. Natuerlich sollte man schon vorher die Sprache sprechen koennen. Wennnich jetzt nach Japan umsiedeln muesste, koennte ich die Sprache in zehn Jahren noch nicht.

Ich sehe mich uebrigens nicht als Deutscher. Ich sehe mich nicht mal als Kanadier. I am a Citizen of Planet Earth, aber da das fuer niemanden Geld einbringt, gibt es diese Buergerschaft nicht. Was mich sehr traurig macht.