- Mo 12. Feb 2018, 14:25
#1517368
Star Trek: Discovery
1x15 - Will you take my Hand?
Wow, was für ein antiklimatisches Finale. Dafür dass hier eine terranische Despotin die Crew bzw. geradezu ganz Starfleet anführt und es um nicht weniger als die völlige Zerstörung Kronos' geht ist das ne gewaltige Schnarchnummer. Da ist kaum Konflikt, da ist kein Drama, das geht alles zu einfach. "Admiral, wenn ihr wirklich die letzte Chance zum Gewinn des Krieges ergreifen wollt, dann meutern wir!" - "Oh, achso, na dann halt nicht". "Philippa, wenn du terranische blutdürstige Irre Kronos wirklich zerstören willst, musst du mich, deine Fast-Tochter aus nem völlig fremden Universum, töten!" - "Oh, achso, na dann halt nicht". "Ich bin L'Rell, ein unbekanntes Weibchen aus dem Geschlecht des verlachten Voq. Macht mich zu eurem Anführer oder ich spreng unser aller Heimatplaneten in die Luft!" - "Oh, achso, na gut, All Hail L'Rell!"
Eigentlich passiert in der Folge nichts außer dass dreimal mit lahmen Argumenten Cornwell, Georgiou und sämtlichen klingonischen Häusern ihre fiesen Pläne ausgelabert werden.
Es gab natürlich auch gute Aspekte an der Folge. Das orionische Camp auf Kronos hat mir gut gefallen, auch wenn es handlungsmäßig dann völlig für die Katz war. Der Föderations-Pathos am Ende lässt zumindest für die Zukunft hoffen ebenso wie der Abschied von Voq/Tyler hoffentlich endgültig ist. Und der von Georgiou auch, die die Karikatur eines Bösewichts ist, so wie sie sich zu Beginn der Folge auf der Brücke völlig arschlochhaft verhält, dann aber Burnham einen Rüffel erteilt weil diese sie zu entlarven versucht.
Der Schluss... Ich hatte ja gehofft, dass auf Vulkan dann der echte Captain Lorca wieder eingesetzt wird. Stattdessen präsentiert man uns eine Enterprise, die - nach kurzer Vorfreude ob der bekannten Registriernummer - erstmal noch deutlich weniger nach Enterprise aussieht als dies in den Abrams-Filmen der Fall war. Was aber auch an Discos fürchterlich buntem Overall-Design liegen kann. Auf den zweiten Blick sieht die von den Proportionen und Details her - von den leuchtenden Warpgondeln abgesehen - nämlich gar nicht so verkehrt aus. Trotzdem fürchte ich mich davor, dass man jetzt auch noch die Gelegenheit hat, die Enterprise unter Captain Pike zu verhunzen.
Gesamtfazit Staffel 1
Hot Mess. Die Storyführung ist geradezu chaotisch, mehrere Storyline sind sinnlos durcheinander geworfen, die Geschichte vom Klingonenkrieg erzählt so ziemlich gar nichts, vor allem nicht vom Krieg, die Story im Spiegeluniversum ist wildes Comic-Kino, Lorca und Tyler/Voq verhunzte Twists. Es bleibt der Eindruck, dass hier jeder Produzent (und das sind viele, viiiel zu viele) seine eigene Idee in den Ring geworfen hat und einiges dann auch noch nachträglich auf Fullers Setup geschraubt wurde. So ist ja zum Beispiel bekannt, dass Lorca bei Fuller gar nicht aus dem Mirror Universe kam, sondern das erst von Haberts/Berg aufgestülpt wurde.
Die Charaktere zünden zum Großteil nicht. Und das liegt nicht etwa an den Schauspielern, die nämlich gute Arbeit leisten, oder daran, dass sie grundsätzlich uninteressant sind. Sondern daran, dass die Drehbücher ihnen schlicht keine Luft geben. Fast die gesamte charakterfokussierte Screentime geht für Burnham drauf und die Figur funktioniert für mich einfach nicht, weil man ihre Origin-Story verkackt hat. Saru, Stamets, Tilly? Da kommt fast nichts. Gerade Saru gibt zwar wenn er darf ein starkes Bild ab, ist zumeist aber einfach zum Statisten degradiert. Im Staffelfinale war das erneut der Fall.
Stattdessen geht es viel zu oft um den nächsten gewaltigen Twist. Noch mehr Twist. Und ganz viel aufgesetzte Düsternis.
Ich will gar nicht groß diskutieren, ob Discovery nun gutes Star Trek oder überhaupt Star Trek ist. Nicht über das Aussehen der Klingonen, den Kanon oder die Roddenberryschen Ideale - hab ich schon genug getan. Aber als Serie für sich ist Disco bislang in meinen Augen einfach nur extrem inkonsistentes Popcorn-Kino, was richtig viel auf einem will und das meiste davon zielsicher vor die Wand setzt.
Ein paar Wünsche (einige sicher höchst unrealistisch, das weiß ich) für die zweite Staffel. Jetzt auch wieder mehr aus Trekkie-Sicht:
Mehr Charaktermomente
Und zwar gerne von der lockeren unbeschwerten Art. Lasst sie Leute doch einfach mal ungezwungen miteinander reden. Das geht Disco bislang vollkommen ab. Jede Szene ist Drama, wenn sich jemand unterhält, dann liegt immer Spannung in der Luft. So lernt man die Charaktere nicht kennen und erst recht nicht mögen.
Mehr kleine Geschichten, weniger High Stakes
Disco hat es binnen einer Staffel geschafft, nicht nur die Föderation an den Rand der Auslöschung zu treiben und Kronos an den Rand der Auslöschung durch eine popelige Wasserstoffbombe in einer verlassenen Höhle, sondern wegen eines missbrauchten Sporennetzwerk auch gleich die Vernichtung nicht nur des Universums, sondern gleich aller Universen ins Spiel gebracht. Und zumindest letzteres im Handumdrehen wieder vom Tisch gewischt. Geht's vielleicht eine Nummer kleiner? Würde vielleicht auch die Charaktere etwas stärker ins Rampenlicht stellen, wenn sie nicht ständig unter Adrenalinschock das Universum retten müssen.
Haltet euch für nicht so wichtig
Disco wirkt zuweilen geradezu prätentiös. Dafür braucht man nur mal auf die Episodentitel schauen. Dies ist nicht die wichtigste Show im Star-Trek-Universum und es garantiert kein TV-historisches Highlight, welches die Fernsehserie neu erfindet. Wenn man sich dessen bewusst wird, könnte das auch beim ein oder anderen sonstigen Problem helfen.
Weniger Space-LSD (oder LED, kommt aufs gleiche raus)
Ich finde die "Effekt-Ästhetik" von Discovery einfach scheußlich. Warum zur Hölle ist der Weltraum in dieser Serie blau? Also ständig und andauernd. Ich habe SciFi-Serien gesehen, in denen war das Weltall schwarz, ich habe welche gesehen, die viel zu viele bunte Nebel in den Hintergrund reingepackt haben oder zu viele und zu große Sterne. Aber keine einzige sah dermaßen dämlich aus wie Disco, wo das Weltall ständig bewölkt ist. Dazu kommen so Dinge wie die Bonbonexplosion, wenn der Spore Drive verwendet wird und andere Farbgewitter. Bitte zurückschrauben, das ist weder glaubwürdig noch sieht das schön aus.
Weniger Science-Fantasy, mehr Sciencefiction!
Hatte mich damals schon bei der Vorstellung der Charaktere gefragt, was man wohl mit einem Mykologen im Hauptcast anfängt, aber auf die Idee eine superdimensionalen Weltraumpilzes, durch das zu groß geratene Space-Bärtierchen mit Transwarp navigieren, wäre ich niemals gekommen. Ja, ich weiß, Star Trek hat sich schon immer Freiheiten genommen und das ist auch richtig so. Aber es hat zumindest meist darauf geachtet, dass es noch irgendwie glaubwürdig erzählt. Bei Disco ist so manches einfach lächerlich.
Keine Klingonen mehr
Ich werde nicht weiter hoffen, dass das Klingonenredesign wieder rückgängig gemacht wird, was Anatomie, Kleidung, Raumschiffe, Sprache, Ideale, ... also alles betrifft. Also in Zukunft bitte einfach nicht mehr zeigen.
Weniger Lazy Writing
Ich halte mal zugute, dass zumindest keine Absicht dahinter steckt. Aber viel zu oft macht es sich Disco einfach viel zu einfach. Das sieht man daran, dass alle drei Hauptgefahren (Tyler ist Voq, Lorca ist aus dem Spiegeluniversum, die Klingonen stehen vor der Erde) in kürzester Zeit abgefrühstückt werden und zwar relativ simpel. Oder daran, dass es im Weltraum keine nennenswerten Distanzen mehr zu geben scheint und jedes Schiff binnen zwei Minuten an jedem Ort ist - was insbesondere dann lächerlich wird, wenn man der Discovery gerade dafür einen hochexperimentellen Antrieb zur Verfügung stellt. Oder daran, wie man mal eben einen Planeten mit Pilzen bevölkert. Oder oder oder.
Weg mit dem Spore Drive!
Der Spore Drive ist einfach Bullshit. Er ist technisch lächerlich, sieht beknackt aus mit seinem Pilzwald und menschlichen Sporenwirt und wird, sollte er jetzt eine Standardeinrichtung bleiben, noch so einige Logiklöcher reißen, weil die Discovery damit ziemlich übermächtig wird.
Kanon oder kein Kanon
Bitte entscheidet euch. Wenn euch der Kanon nicht interessiert, dann sagt, dass das nicht das Prime Universe ist. Viel schlimmer als das Eingeständnis, dass ihr halt einfach macht, was ihr wollt, ist ständig von Kanon zu faseln und dann das gesamte klingonische Volk zu retconnen, einen Transwarp-Drive und ohne jede Not Holokommunikation einzuführen und auch sonst wenig auf etablierte Normen und Formen zu geben. Wenn ihr weiter behauptet, das sei alles Kanon und würde sich in die Zeit vor Kirk fügen, dann zeigt das auch. Wie ihr das anstellt, ist mir egal. Das habt ihr euch selber eingebrockt.