- So 29. Mär 2020, 16:05
#1542925
Snowpiercer (2013)
Auf den Film bin ich gestern als Empfehlung gestoßen, nachdem ich mich noch ein wenig über "Der Schacht" informiert hatte. Hier ist die verbliebene Menschheit in einem überdimensionierten Zug gefangen, der seit 18 Jahren unentwegt durch die Welt rast und offenbar das letzte Refugium vor der neuen Eiszeit der Außenwelt darstellt. Die reiche Minderheit besetzt die vorderen Waggons des Zuges, das Prekariat hockt zusammengepfercht ganz hinten und hat zu parieren. Doch unter den Passagieren des Prekariats macht sich Revolutionsstimmung breit. Der junge Anführer Curtis (Chris Evans) und sein Kumpane Edgar (Jamie Bell) planen einen Aufstand, der Wilford (Ed Harris), den Erfinder und Herrscher des Zuges, stürzen soll.
Dystopie und Joon-ho Bong ("Parasite") - mehr Argumente bedurfte es nicht, um mich für diesen Film zu interessieren. Von der Umsetzung bin ich allerdings ehrlicherweise ein wenig enttäuscht, da sich zu zahlreichen sehr kreativen Ideen leider ebenso zahlreiche stumpfe Action-Szenen und wenig spannende Charaktere gesellen, von deren Einfalt ich doch ein wenig erstaunt war. Damit hat der Film für mich immer wieder mal seine tollen, sehr einfallsreichen Momente, rutscht aber auch sehr, sehr häufig in Gewaltexzesse ab, die mich quasi durchweg gelangweilt haben. Wenn ich dann noch höre, dass unser liebster Rollator-Grapscher Harvey Weinstein den Film gerne um 25 Minuten gekürzt und ihn auf die Action-Elemente reduziert gesehen hätte, weil er das US-Publikum für "zu dumm" hielt, bin ich schon erschrocken. Mir ist das so schon viel zu viel zu viel Klopperei, womit die Gesellschaftskritik mir auch zu sehr zur Teilzeit-Deepness verkommt.
Weniger Probleme habe ich damit, dass so ein 650-Meter-Zug mit Aquarium 18 Jahre lang emsig umherfährt, während die ganze restliche Welt vereist ist. Klar ist das unrealistisch, aber Teil dieser Science-Fiction-Welt, womit ich mich arrangieren kann. Ein denkbar bedeutungsschwanger in die Kamera stierender Chris Evans als Rächer der Armen, John Hurt als allwissender Gandalf oder Ed Harris als anbetungswürdiger Mogul... mit solch platten Stereotypen en masse habe ich deutlich größere Probleme. Und mit dem Action-Gewitter natürlich, das - übrigens anders als bei "Der Schacht" - auch so dermaßen überzeichnet wirkte, dass mich das ganze Kunstblut auch ziemlich kalt gelassen hat.
Also: Starke Prämisse, viele gute und kreative Gedanken, aber die Umsetzung hat mich doch an vielen Stellen enttäuscht.
5,5/10
Fohlen