AliAs hat geschrieben:AlphaBolley hat geschrieben:
Was sollen wir denn aus der Geschichte lernen, wenn wir unser Wissen über das Dritte Reich auf "alles scheiße" beschränken?
Was wünscht du dir denn zurück?
Es geht mir weniger darum, dass ich mir was zurückwünsche, als darum, dass so etwas in der heutigen Gesellschaft gar nicht möglich ist. Womit wir gerade beim "Fall" Eva Herman wären. Da wird ein Wert aus dem Dritten Reich als erstrebenswert dagestellt und prompt gilt die Frau deutschlandweit als Kopf der Neonazis. Eva Herman ist ja vielleicht ziemlich dämlich in ihrer Ausdrucksweise, aber sicher nicht rechts orientiert.
Und das ist nämlich eben die Heuchelei. Es ist ja nicht so, dass da nach dem Krieg jemand kam und sagte "war alles schlecht, deshalb schmeißen wir sämtliche Gesetze und Errungenschaften in die Tonne und machen alles neu und anders". Wir leben heute noch mit "Errungenschaften" des Nationalsozialismus, auch wenn das jetzt ziemlich krass klingt. Das Thema Autobahnen will ich da gar nicht bemühen, da reagiert jeder gleich allergisch statt einfach mal drüber nachzudenken. Aber The Rock hat auf der letzten Seite doch einige Dinge aufgezählt. In der Zeit des Nationalsozialismus sind einige Fortschritte in der Sozial- und Krankenversicherung erzielt worden, die wir noch heute nutzen. Es schimpft heute niemand darüber, krankenversichert zu sein, aber wenn es darum geht, dass das "damals" eingeführt wurde, ist prompt wieder alles schlecht.
Man kann natürlich zwischen allem jetzt Bezüge auf die NS-Ideologie herstellen und feststellen, dass alles, was da geschaffen wurde, tatsächlich im Endeffekt mit den ganzen schrecklichen Untaten im Zusammenhang stand, die später verübt wurden. Aber daraus den Rückschluss zu ziehen, dass alles schlecht, weil ja zu bösen Zwecken geschaffen, war, ist mir schlicht zu kurzsichtig.
Wolpers hat geschrieben:AlphaBolley hat geschrieben:Ich bin froh, dass es immerhin 25% gibt, die fähig sind, zu differenzieren
Du meinst, du bist froh, dass du dich dank dieser Umfrage nicht so alleine mit deinen Ansichten fühlen musst. 
Ich fühle mich mit meinen Ansichten nicht allein, was immer du mir jetzt für Ansichten unterstellen möchtest.
Im Gegenteil kenne ich fast niemanden, der mir da nicht zumindest teilweise Recht geben würde. Und in meinem Bekanntenkreis befinden sich bestimmt keine Nazis, desillusionierte Hartz-IV-Empfänger oder Idioten, sondern zum Großteil Leute aus dem studentischen Umfeld.
Wolpers hat geschrieben:Wie schon geschrieben: "Differenzieren" heißt nicht, Zusammenhänge aufzulösen, wenn einem die Zusammenhänge nicht in den persönlichen Kram passen.
Differenzien heißt für mich, Dinge von ihrem Zusammenhang isoliert betrachten zu können bzw. ihren Zusammenhang isoliert von der Sache selbst. Betrachte ich Autobahnen in untrennbarem Zusammenhang mit Hitler, dann muss ich feststellen, dass Autobahnen ein schlimmes Verbrechen sind und wir uns von ihnen trennen sollten Das ist eine sehr fadenscheinige Sichtweise.
Die Frage darf nicht sein "hängt das zu betrachtende Objekt mit den Verbrechen des zweiten Weltkrieg zusammen?" sondern muss vielmehr "führt es dazu?". Und wenn Frau Herman eine klassische und angesehene Rolle der Frau will, dann mag das dem einen in den Kram passen und dem anderen nicht, aber es führt uns ganz sicher nicht zurück zum Nationalsozialismus. Und da haben wir nämlich auch die Betrachtung des Zusammenhangs wieder, isoliert vom Rest.
Wolpers hat geschrieben:Aber warum auch nicht: Man definiere "Ignoranz" einfach in "Toleranz" um, "Egozentrik"/"Egoismus" in "Selbstbewußtsein" und "Beliebigkeit" in "Liberalität" - und schon hat man aus Scheisse Gold gemacht, weil's einem so schön in den persönlichen Kram passt...
Ach komm, jetzt wirst du langsam polemisch. Ich und sicher ein Großteil jener 25% werden die Geschichte des Holocaust weder ignorieren noch tolerieren, damit hat doch die ganze Thematik schlicht und ergreifend gar nichts zu tun. Was Egoismus und Beliebigkeit jetzt hiermit zu tun haben sollen, verstehe ich überhaupt nicht.
Wolpers hat geschrieben:Was hier als "Differenzierte Betrachtungsweise" propagiert wird, hat dann in anderen Fällen z.B. zum Ergebnis, dass ein Kinderschänder es als positiv darstellt, dass das Kind von einem Erwachsenen in Sachen Sexualität "geschult" wurde und so keine negativen Erfahrungen mit sexuell unerfahrenen Gleichaltrigen gemacht hat. Also mal eben die sexuelle Handlung von dem Umstand der Vergewaltigung "differenzieren". Und schon gibt es angeblich auch "positive" Aspekte bei einem sexuellen Kindesmissbrauch (die typische "differenzierte" Betrachtungsweise von Missbrauchs-Tätern, um ihre Handlungen zu rechtfertigen).
Das Beispiel ist einfach totaler Unfug.
Aber dazu brauche ich eigentlich nur auf Revos Beitrag verweisen.
Wolpers hat geschrieben:Na, und wenn man schon beim "Differenzieren" ist: Nazis erscheinen dann plötzlich auch als "soziale" Wesen, schließlich treffen sie sich ja immer in großen Gruppen und kommen miteinander gut klar. "Differenzieren" wir mal eben den Umstand, dass sie sich treffen, um Ausländer zu "klatschen", von der Situation der "sozialen" Gruppenbildung. Und schon haben wir einen "positiven" Aspekt an dem Umstand, dass sich Nazis gerne in Gruppen treffen (ist ja bei "differenzierter" Betrachtung ein "sozialer" Aspekt, nicht wahr?).
Du bist entsprechend der Meinung, dass wir den Wert "soziale Treffen" verbannen sollten, alle Menschen ab in die Isolation, denn soziale Treffen sind böse. Die gab's schon im Nationalsozialismus und da waren sie fatal, da damals ohnehin alles schlecht war.
Es ist schon erstaunlich, wie du hier ein Beispiel bringst, das deine eigene Position ad absurdum führt.
Hier ist eine DIfferenzierung zwischen der Tätigkeit selber und dem nationalsozialistischen Zusammenhang ("Ausländer klatschen") notwendig. Existiert dieser Zusammenhang? Ja, natürlich existiert er, da müssen wir uns nichts vormachen. Führen soziale Treffen per se zu rassistischen Aktionen? Nein, sicher nicht, sonst sehe es in unserer Gesellschaft ja genauso bräunlich düster aus wie vor gut 60 Jahren.
Das ist es, was ich mit Differenzieren meine: nicht die Zusammenhänge ausblenden, aber schon überlegen, ob diese Zusammenhänge wirklich aus der Sache selber hervorgehen.
Wolpers hat geschrieben:Herr, schmeiss Hirn vom Himmel. 
Ich erspare mir mal, darauf zu kontern
