- Do 7. Feb 2008, 05:20
#451674
Es ist ein Fehler, sich bei einem solchen Dilemma immer darauf zu berufen, daß die Serie eben zu speziell wäre. Ich glaube es gibt gar keine speziellen Serien, denn ob nun z.B. Dr.Who, Lost oder Seinfeld gewisse Eigenheiten aufweisen oder nicht, sie könnten dort, wo sie erfolgreich sind, nicht so erfolgreich sein, wenn sie nicht etwas Universelles besitzen würden, etwas für jeden Zuschauer Greif- und Nachvollziehbares. Liebesbeziehungen, Alltagsprobleme, die klassische Abenteuermär' mit Helden und Gefahren...sowas versteht jeder Mensch, von Deutschland bis Patagonien, egal in welcher Kulisse sich das abspielt.
Das eigentliche Problem, wieso hierzulande viele Hitserien schlecht bis überhaupt nicht laufen, ist doch eher, daß der deutsche Zuschauer nicht mehr bereit ist, sich auf ein neues Format einzulassen. Würde jetzt auf Pro7 zum ersten Mal die erste Staffel Simpsons laufen, kein "normaler Mensch" wäre bereit, sich das anzuschauen. Und nach der Absetzung hieße es dann hier im Forum "Die Serie ist aber auch so seltsam gemalt - mit gelben, undefinierbaren Figuren, und der Humor ist viel zu schräg für die Deutschen. Das konnte nicht gut gehen..." Unsinn ! Natürlich kann das gut gehen, ist es doch früher auch. Und Dr.Who hätte auch funktionieren können. Aber der deutsche Zuschauer ist nun inzwischen ein Anderer. Er will sich erst einmal generell nicht mehr auf deutsche Produktionen einlassen, selbst wenn sie auf RTL laufen - einem Sender, den der deutsche Zuschauer neben ARD und ZDF noch am meisten vertraut, und der deutsche Zuschauer will sich nicht mehr auf ausländische Serien einlassen, wenn sie nicht auf den eben genannten Sendern laufen, die sich auf Grund ihrer bisherigen Programmpolitik ein Image aufbauen konnten, das für Qualität und Kontinuität steht. Das ist doch letztendlich der Grund, warum ein Doctor House (bei dem auch schon mal eine ganze Folge aus Fieberwahn oder einem philosophischen Dialog bestand) zum Hit wurde, ein Doctor Who aber nicht. Wenn RTL eine Serie ins Programm nimmt, denkt man automatisch "Na wenn das auf RTL läuft, kann die Serie nur gut sein, weil was sonst dort so läuft, ist ja auch gut. Und da die Serie vielleicht über Jahre hinweg gesendet werden wird, muß ich mir das auch mal ein paar Folgen lang anschauen - könnte mir ja gefallen und dann habe ich lange Spaß daran."
Wenn Pro7 eine Serie ins Programm nimmt, denkt man hingegen "Ist das jetzt wieder so eine Serie, die in den USA schon abgesetzt wurde, und wenn nicht, ist die trotzdem gut ? Und falls ja, setzen sie die Serie vielleicht nach ein paar Folgen plötzlich ab ? Wäre ja blöd, wenn ich jetzt mit einer Serie anfange, die mir gefällt und ich dann im Regen stehe...aber wahrscheinlich ist das sowieso nur Müll...ach, da schalte ich doch mal lieber zu RTL und guck auf Pro7 nur Spielfilme und Serien, die sie garantiert nicht absetzen." So läuft es doch, oder ?
Und es wird immer schlimmer, denn Pro7 bringt mit seinem fortwährenden Verhalten auch noch den letzten Rest der Zuschauer, die bisher noch bei neuen Formaten einschalteten, dazu, sich von Pro7 in Sachen Serien abzuwenden, und auch RTL scheint ja nun diesen Weg einzuschlagen. Wie schon in einem anderen Beitrag richtig festgestellt wurde, bringt so etwas natürlich kurzfristig Gewinne, langfristig aber Verluste. Nur das wissen die Verantwortlichen doch auch. Ist vielleicht bei den Sendern schon Endzeitstimmung angebrochen ? Nochmal ganz flink die schnelle Mark machen, bevor die Sender von Video-On-Demand-Lösungen vollständig abgelöst werden ? Dann ist die Programmpolitik von Pro7 vielleicht gar nicht so selbstzerstörerisch und kurzsichtig, wie man bisher dachte, sondern sogar richtig schlau und visionär...