Profi hat geschrieben:Quotenmeter schreibt, die Macher der ersten Folge zur neuen Staffel hätten sich zu sehr von Dan Brown inspirieren lassen und keine eigenen Ideen gehabt ... - Ich hasse Dan Brown und habe leider ein Buch von ihm zur Hälfte gelesen. Da ich zu den Machern der Serie gehöre, kann ich den Redakteuren nur widersprechen. Mag sein, dass ein Dan-Brown-Fan Parallelen erkennt, was aber in der Natur der Sache liegt. Dan Brown hat nunmal nicht das Copyright auf Freimaurerei, Mystik und Kirche.
Ich find Dan Brown auch scheußlich, der Erfolg ist mir nicht begreifbar, aber dass Pater Castell hier einen deutlichen Schritt in Richtung Sakrileg geht, fand ich doch sehr offensichtlich. Wenn es aber doch gar nicht die Idee war auf Browns Pfade von abgeschmackten Freimaurer-Klischees, Relikt-Schnitzeljagd und Mystizismus plus Morde zu setzen, hat man sich da aber offenbar etwas verlaufen.
Bei Journalisten gilt scheinbar die Regel: Alles, was aus den USA kommt ist gut, alles, was aus Deutschland kommt, ist nur nachgemacht. - Bei so einem negativen Gegenwind, werden die Filmschaffenden, die mehr wollen, als nur den Einheitsbrei, es weiterhin schwer haben.
Nene, so leicht sollte man sich auch nicht aus der Verantwortung stehlen und sagen: "Wir machen doch im Prinzip alles richtig, nur die Presse ist doof zu uns, weil wir keine Amis sind".
Im Grunde ist das Gegenteil der Fall: deutsche Fernsehware steht doch in der Kritik schon viel zu lange unter Welpenschutz. Weil wir doch nur viel kleinere Budgets haben und mit Hollywood gar nicht konkurrieren könnten.
Völlig zu unrecht wie ich finde, denn so mutlose Massenware von der Stange durchzuwinken bringt den deutschen Film auch nicht weiter. Wenn das Motto "immer schön seicht und gefällig bleiben" wenigstens in der Umsetzung gut wäre, aber nein: Dialoge aus "In aller Freundschaft" oder "Unser Charlie" lassen mir die Ohren bluten. Wonnigere Familienserien mit niedriger Spannungskurve aber trotzdem Niveau sind doch möglich: Brothers & Sisters ist ein tolles Beispiel. Die besten US Serien sind nicht durch Riesenbudgets so beliebt sondern durch herausragende Drehbücher. Was braucht man schon für eine Folge Six Feet Under? Ein großes Haus und sorgfältig ausgesuchte (vorher eher unbekannte) Darsteller und eben tolle Drehbücher. Wie schwer und teuer kann das sein?
Ganz einfach und doch tückisch schwer: schreibt bessere Drehbücher für Deutsche Serien! Gute 2/3 der deutschen Serien (und das gleichermaßen private wie öffis) kann ich mir nicht ansehen, weil die Geschichten und Dialoge zum Haareraufen künstlich, gestelzt und hölzern sind. Ich könnte eine Liste schreiben der lahmsten Plot Devices und nach einer Woche deutscher Serien könnt ich wohl hinter jeden Punkt mindestens ein Häkchen setzen. Die Amerikaner sind sich der Klischees einfach mehr bewusst und wissen diese besser zu übertünchen oder gleich zu umgehen. Das fehlt hier noch ganz drastisch.
Allein der herabstürzende Kronleuchter... oh bitte. Der letzte Tod durch Kronleuchter, der noch irgendwie originell war, war in "Der Rosenkrieg" und der ist auch schon 20 Jahre alt. Dramaturgisch nicht das einzige, was plump war, aber schon ein Start, der mir die Augen rollen lässt.
Aber gut, ich bin wahrscheinlich auch ein viertel bis halbes Jahrhundert jünger als die Zielgruppe, die leichter zu beeindrucken ist. Nur würd ich mir auch mal mehr Mut wünschen andere Konzepte anzugehen und wenn es finanzierbar ist auch mal ein radikaleres Experiment zu wagen. Man nehme nur mal ein In Treatment. Ein Raum, zwei Schauspieler, einer als Therapeut, der andere der Patient, 43 Folgen immer werktäglich, großartige Dialoge und Referenzklasse in Sachen Charaktertiefe. Und die US Version ist dabei nur eine Adaption aus Isreal.
Warum wird von uns eigentlich so wenig adaptiert? Als einer der größten Fernsehmärkte der Welt müssten wir doch ein vielfach höheres Produktionsvolumen haben als ein kleines Isreal. Richtig, weil jeder selbst seichtes Mittelmaß wie Pater Castell schreiben kann, weil die Storys so austauschbar und altbekannt sind, dass man sowas gar nicht adaptieren muss. Und weil wir in Deutschland keine Serie haben, die wirklich inhaltlich herausstechend ist, die bissig-provokativ wäre, der man echte emotional Wucht zusprechen könnte, die einen spannenden Staffelplot erzählt, die mit einem originellen Protagonisten und einem anderen Blickwinkel arbeiten (Bsp Dexter).
Alles Fehlanzeige. Hier scheitert es schon daran Dialoge und Geschichten zu schreiben, die natürlich und glaubhaft klingen. Da ist im deutschen Fernsehen (das Kino nimmt sich zum Glück deutlich mehr Zeit für seine Stoffentwicklung) alles noch mit viel zu heißer Nadel gestrickt und rudimentär und ohne Detailliebe zusammengekritzelt.
Das wären vielleicht mal die ersten Ansatzpunkte für die "Filmschaffenden, die mehr wollen als den Einheitsbrei". Pater Castell ist immerhin schon ganz passabler Einheitsbrei, aber insgesamt haben wir ja nicht mal nur Einheitsbrei sondern schlecht gemachten und sehr mängelbehafteten Einheitsbrei im deutschen Fernsehen.