Theologe hat geschrieben:Für mich besteht das Ende aus 3 Punkten, mit einem bin ich sehr zufrieden, einer ist unbefriedigend und einer kitschig.
- Die Inselhandlung kam zu einem guten Ende (Showdown, Flucht, Nachfolge)
- Auflösung der Inselmythologie gab es keine, das war zu erwarten, aber ist trotzdem nicht zufrieden stellend
- Vorhimmel, hat für mich mit der Serienhandlung selbst nicht mehr so viel zu tun, weil es im Jenseits spielt. Irgendwann in der Zukunft. Die Vorstellung das Jenseits mit seinen "Seelenverwandten" zu verbringen ist kitschig, aber doch ganz schön, ärgerlich war natürlich, dass man dafür soviel Screentime verschleudert hat.
Joar, ich sehe das eigentlich sogar ganz ähnlich.
Ich möchte zum Finale an sich auch gar nicht so viel, vor allem nicht so viel negatives schreiben. Das war alles in allem schon gut umgesetzt. Zugegebenermaßen: nicht wirklich packend, da hatten wir uns früher mal sicherlich furiosere Showdowns ausgemalt. Die Fehler wurden aber nicht im Finale gemacht. Das Finale darauf zu verwenden, roboterhaft dutzende Fragen aufzulösen, die sich nicht alle mit einer zentralen Antwort entschnüren lassen (
das wäre natürlich eine Meisterleistung gewesen), hätte auch kein gutes Finale gegeben.
Daher gibt's eigentlich nur zum Schluss was zu sagen. Ich fand's blamabel. Der Schluss hatte nix mit dem Rest der Serie zu tun und wenn man nun erzählt, dass genau dieser Schluss es war, den man von Anfang an im Kopf hatte, muss man konstatieren, dass der fünfeinhalb Jahre geleistete Unterbau dafür völlig beliebig und irrelevant war. Man hätte genauso eine Serie über eine geheime Forschungsstation in der Arktis oder eine sexbesessene College-Clique drehen und mit diesem Schluss versehen können. Wenn man der Meinung war, die Beantwortung der mythologischen Fragen sei unwichtig, solange das Finale stimmig bleibt, dann hat man in diesem Fall entweder die Zuschauer verarscht oder sich munter selbst in die Tasche gelogen. Lost hatte immer den - auch selbst gegebenen - Anspruch, am Ende mit einem "Wow!"-Effekt zu enden. Den gab es nicht.
Was das "Serienfinale" ganz allgemein und unabhängig von der konkreten Finalepisode angeht, hat Plem ja seinen schönen Character/Mystery-Text gepostet, in dem viel Wahres drinsteckt. Wobei ich mich bei den Charakteren nicht ganz anschließend kann. Lost hatte mal eine wirklich starke Charakterarbeit, die wurde in den letzten Jahren aber zunehmend dermaßen vernachlässigt, dass es Lost imo disqualifiziert sich als Charakterserie feiern zu lassen. Die letzten Staffel hat man die meisten Charaktere alle paar Folgen die Gesinnung wechseln lassen, um neue Charakterkonstellationen zu schaffen, weil man kaum noch andere Möglichkeiten fand, Dynamik in die Serie zu bringen. Das Glück war, dass Lost eine Handvoll wirklich starker Darsteller hatte wie einen Michael Emerson, der es schaffte seine Darstellung über jede noch so dümmliche Enthüllung über seinen Charakter, dessen starken Aufbau man fortlaufend zerstörte, konsistent zu halten.
Letztendlich muss ich sagen:
Die Finalfolge geht in Ordnung, Lost als gesamtes bleibt eine der bedeutensten und auch besten Serien der letzten zehn Jahre und würden mir Darlton nächste Woche mit einer neuen Mysteryserie ankommen, ich würde wahrscheinlich wieder begeistert einschalten.
Nur die komplette letzte Staffel hat man vollkommen verkackt.
Die Inselhandlung hat einfach nicht funktioniert, weil man kein ganzheitliches Konzept zusammenbekam. Erst war der Tempel, der nach einigen Folgen zerstört war und der und die Geschehnisse um den überhaupt keine Bedeutung haben sollten. Parallel dazu das Camp an der Statue, in dem genau nichts passierte und Ilanas Gruppe, die absolut gar nichts beitrug und einfach vergessen wurde (oder waren die alle tot?) genau wie Lockes Gefolgschaft später einfach von der Bildfläche verschwand (die müssten doch noch alle auf der Insel sein?). Dann kommt Widmore, um irgendwas zu tun, was wir nie erfahren und wird beseitigt bevor er irgendeine bedeutende Rolle einnehmen kann. Mag sein, dass all diese Ereignisse ihren kleinen Beitrag zum Gesamtbild leisten, dass Widmore uns Desmond brachte, dass Ilana uns mehr über die Bedeutung Jacobs brachte und der Tempel uns .. ja, das weiß ich auch nicht genau .. aber alles in allem ergibt das ein absolut erbärmliches Storywriting. Der Großteil der Staffel wirkt wie ferngesteuert, ziellos, unausgegoren und alles andere als toll durchgeplant.
Und die Flashsideways waren nunmal schlichtweg langweiliges Füllmaterial, hinter dem immerhin noch die Hoffnung oder selbst bei hartgesottenen Zweiflern der feste Glaube stand, dass das alles am Ende noch seine Bedeutung haben würde (für das, was für die meisten Fans das zentrale Element der Serie war: die Insel-Handlung). Das war nicht der Fall.
Da können sich Darlton jetzt für feiern lassen, ihre ursprüngliche Vorstellung vom Finale gegen alle zu erwartenden Widerstände durchgebracht zu haben - das kann eine positive Sache sein, ist hier am ins Gegenteil umgeschlagen. Meiner Meinung nach haben die beiden vor langer Zeit völlig den Kontakt zum Zuschauer verloren, womit ich nicht meine, auf die Ideen und Forderungen der Fans zu hören (das endet nämlich oft nicht gut), sondern sich schlichtweg die Perspektive der Zuschauer zu erhalten. Die ganze Staffel wirkt so als könne man sie wirklich toll finden, wenn man all das weiß, was einem nicht gezeigt wird, man als Serienmacher aber natürlich weiß.
So bleiben die beiden und je nachdem wie weit man JJ dazuzählen darf, Leute mit einer großen Vision und einem bewundernswerten Willen, sich diese nicht verpfuschen zu lassen, Meister darin, in der Frühphase einer Serie Charaktere aufzubauen und enorme Spannungsmomente zu schaffen. Aber wenn es zu den wirklich handwerklichen Aufgaben kommt, die Handlung stringent und interessant und so mit der Charakterarbeit vereinbar zu halten, um nicht ständig den einfachen Weg über zweifelhafte dramaturgische Kniffe gehen zu müssen, dann sind sie in meinen Augen ganz lausige Autoren.
Im Endeffekte würde ich mir echt wünschen, dass sich in sagen wir mal zehn Jahren jemand dem Stoff annimmt, den esoterischen Quatsch rauswirft und die Serie mit Fokus auf die Geschehnisse auf der Insel, die antike Mythologie, die Dharma-Initiative, die Anderen, neu auflegt und das Potential ausreizt, was darin steckt.
Aber das würde wahrscheinlich nach wenigen Folgen abgesetzt :lol: