- So 21. Nov 2010, 15:33
#910976
Nachdem ich zum Bday mal ein schickes Wireless Xbox360 Pad für den PC bekommen habe, hab ich gleich hintereinander Darksiders und Batman Arkham Asylum gezockt. Da beide Games so ziemlich das gleiche Genre bedienen und auf jeden Fall Aufmerksamkeit verdient haben, hier mal mein "kleiner" Vergleichstest:
Szenario:
Batman ist natürlich eine mächtige Lizenz und aus der wurde sehr gut geschöpft. Wichtig ist zu bemerken, dass es sich hier eher um den modernen Graphic Novel Batman handelt als den realistischeren Kino Dark Knight von Christopher Nolan. Das ganze ist also etwas comiclastiger, aber immer noch sehr viel geerdeter als ein Spiderman oder die X-Men. Grundstory: Batman liefert den geschnappten Joker im Irrenknast Arkham ab und läuft dabei in eine Falle. Der Joker kehrt den Spieß um und reißt die ganze Anstalt an sich. Batman findet sich plötzlich umzingelt von Schlägerscharen und einigen seiner schlimmsten Erzfeinde.
Darksiders entfesselt dafür gleich die biblische Apokalypse. Oder doch nicht? Obwohl plötzlich die Höllenscharen durch die Städte der Menschen marodieren und einer der vier Reiter, Krieg, den Ruf vernommen hat, wartet schnell eine böse Überraschung. Das siebente Siegel ist noch intakt. Der Endkrieg hätte gar nicht beginnen können und aus Himmel, Hölle und dem eigentlich Balance-schaffenden Wächterrat, denen die vier apokalyptischen Reiter als Ordnungsmacht unterstehen, zeigen plötzlich alle Finger auf Krieg: er habe das alles angezettelt. Vom Rat seiner Kräfte beraubt und von einem Wächtergeist an der kurzen Leine gehalten, sinnt Krieg nun auf Rache und will herausfinden, wer ihm das angehängt hat. Für die Menschheit scheint es aber inzwischen zu spät. Nach dem Tutorial sind 100 Jahre verstrichen und die Erde ist ein verwüstetes Schlachtfeld.
Darksiders kann zwar weniger große und ikonische Namen auffahren als Batman, Joker, Harley, Poison Ivy oder Scarecrow, doch es erzählt die spannendere und wendungsreichere Geschichte und liegt so trotz der dichteren Atmosphäre bei Batman hauchdünn vorne.
Kampfsystem und Upgrades
In beiden Spielen verdient man für das Ausschalten von Gegnern und Finden von mehr oder weniger gut versteckten Secrets Erfahrungspunkte. Bei Batman gibt es feste Stufenaufstiege: erreicht man einen bestimmten XP-Wert kann man pro Stufe eine neue Combo oder ein Gadgetupgrade freischalten. So kann man statt einem, gleich zwei oder gar drei Baterangs auf einmal werfen, um Feinde kurz zu betäuben, für den einzelnen die Betäubungsdauer erhöhen oder dessen Flugbahn genauer lenken. Die meisten Upgrades wirken aber etwas uninspiriert. Finisher schon nach weniger Schlagketten auslösen, mehr Hitpoints, etwas leichteres Hacking, mehr Hitpoints, Sprengladungen einzeln auslösen statt alle zugleich und oh ja, mehr Hitpoints und eher auslösbare Finisher. Bei Darksiders sammelt man indes aus bezwungenen Gegnern Seelen, die man jederzeit (wenn man einen seiner "shops" in der Nähe hat) bei einem neutralen Dämon einlösen kann. Dafür gibt es massig Auswahl an neuen Combos für die verschiedenen Waffen.
Der Kampf läuft recht unterschiedlich ab. Bei Batman gibt es nur eine Taste für Schläge. In größeren Gegnergruppen muss man nur noch die ungefähre Richtung angeben und dann haut und tritt Batman weitgehend automatisch zu. Allerdings muss er öfter auch mal blocken und sich aus dichteren Gegnerknäulen mal mit einem Hechtsprung befreien. Der Anspruch an Timing und Tastenbeherrschung ist eher gering. Das simple und rein auf Gruppenkämpfe ausgelegte System zeigt aber bei den Bossen seine Schwäche. Richtige 1vs1 Faustkämpfe sind leider nicht drin. Darksiders erfordert mit seinen vielfältigen Combos schon etwas mehr Fingerspitzengefühl und bei härteren Gegnern wird einem auch das ganze Programm aus Sprungattacken, Blocken, Kontern und Ausweichen abgefordert, das hier deutlich dynamischer wirkt. Bei Upgrades und Kämpfen hat Darksiders recht deutlich die Nase vorn.
Rätsel:
Den Riddler bekommen wir zwar leider nie persönlich zu Gesicht, aber quer durch Arkham hat er kleine Trophäen versteckt und an vielen Locations gibt er kryptische Hinweise auf besondere Spots. Wer sie entdeckt sammelt rasch Punkte, um schneller an Upgrades zu kommen und schaltet zudem Profile oder gar kleine Audiofiles aus "Patientengesprächen" von Arkhams Prominenz frei. Das motiviert zum Sammeln, was an sich aber recht simpel von statten geht. Batman kann jederzeit auf den Analyse-Sichtmodus schalten, um Räume genauer zu untersuchen, Gegner durch Wände zu sehen oder eben auch brüchiges Mauerwerk zu erspähen, hinter dem sich oft eine Riddler-Trophy verbirgt. Außerdem kann man so Photos schießen. Kriegt man in einem Gebäudeteil zB einen Hinweis auf Katz- und Mausspiel, schaut man sich etwas um und findet in einer Vitrine Maske und Peitsche von Catwoman. Photo knipsen, Punkte abstauben. Gehirnakrobatik ist nicht erforderlich.
Darksiders fordert den Denkkasten da erheblich mehr. Sogar erstaunlich viel für einen Actiontitel. Dafür sorgen vor allem, die neuen Gagdets, die man mit jedem Kapitel bekommt. In der zweiten Hälfte sogar eine Art von Portalkanone, wo man einige recht knifflige Rätsel im (natürlich) Portal-Stil hat. Der Schwierigkeitsgrad ist dabei sehr gut ausbalanciert. Mit etwas Beobachtung und Überlegung denkt man schnell in die richtige Richtung und muss nur noch das genaue WIE etwas ausknobeln. Frustmomente, wo man keine Ahnung hat, was gerade von einem verlangt wird, gibt es kaum. Zudem sind die Rätsel variantenreich und motivierend gebaut. Am Ende des Spiels habe ich bei meiner Statistik sogar gestaunt, dass ich unter 40% meiner Spielzeit mit Kämpfen verbracht habe. Der Kletter-, Sprung und Rätselanteil ist groß, wird aber nie langweilig. Großes Plus für Darksiders.
Grafik:
Darksiders setzt auf einen stilisierten Comiclook, der an eine graphic novel erinnert. Die Effekte sind ansehlich, das Design der Umgebungen, Charaktere und Gegner ist äußerst stimmig und durch teils turmhohe Bosse ist viel los auf dem Schirm. Trotzdem keine technische Meisterleistung. Batman sieht man zwar etwas den glossigen Renderlook der Unreal Engine 3 an, aber das macht bei der Comicwelt gar nichts. Die Umgebungen und vor allem Gegner sind hochdetailliert gestaltet, bis auf wenige Ausnahmen sind die Texturen knackscharf und die Beleuchtung verdient großes Lob. Klarer Punktsieg für Batman.
Sound:
Beide Spiele haben eine ausgezeichnete englische Vertonung. Die Sprechen sind wirklich exzellent gewählt und waren mit spürbarer Spielfreude bei der Arbeit. Die Musikuntermalung ist bei beiden gut, aber nicht überwältigend, die Soundeffekte dafür knallig und präzise. Akkustisch sind beide Titel auf Augenhöhe und sehr hochwertig umgesetzt.
Gegner und Bosskämpfe:
Hier stinkt Batman leider ziemlich ab. Das Kampfsystem lässt keine spannenden 1 gegen 1 Kämpfe zu, so dass man eigentlich nie direkt gegen seine illustren Erzfeinde antreten kann. Meist schicken die einem nur wellenweise Standard-Schläger und ab und an mal einen hochgeputschten Muskelberg entgegen. Hat man die auf die minimal variierte aber sonst immer gleiche Art abgefrühstückt, gibts die eigentliche Konfrontation mit zb Harley Quinn nur in der darauffolgenden (sehr schicken) Cutscene zu bewundern. Auch wenn Flucht- und Schleichpassagen bei zb Killercroc oder Scarecrow etwas Abwechslung reinbringen, enttäuscht es doch einfach denen nicht selbst die Fresse zu polieren. Unbefriedigend.
Dafür muss man die KI der Gegner sehr loben. Sind sie unbewaffnet, kann Batman natürlich einfach in den Nahkampf und sie alle niederprügeln, tragen sie aber Waffen, wird das Spiel eher zu einem Schleichactioner ala Splinter Cell. Denn im Kugelhagel segnet Mr Wayne schnell das zeitliche und sollte seine Gegner am besten einzeln und still ausschalten. Beides nicht so einfach, denn der Joker funkt schnell mal durch, wo einer seiner Schergen zu Boden gegangen ist. Der Rest ist dann alarmiert und sucht in zweier bis dreier Gruppen die Umgebung ab. Dabei geben sie sich Deckung und achten darauf mit dem Rücken zur Wand zu bleiben. Finden sie immer mehr bewusstlose Kollegen werden sie deutlich nervöser und feuern auch schon mal auf ein zischendes Ventil. Sehr stimmig!
Schleichen gibt es bei Darksiders nicht, aber es trumpft im Kampf so richtig auf. Schon bei den normalen Gegnern gibt es immens viel Abwechslung. Da gibt es Kleinvieh wie Zombis, die selbst in größeren Gruppen keine wirkliche Bedrohung darstellen, mittlere Skelettkrieger, die gut beherrschbar sind, bis hin zu fiesen, bullig-gehörnten Dämonen, die schon allein eine echte Herausforderung darstellen und fast als Mini-Bosse durchgehen können. Darüber kommen noch Zwischenbosse, die bereits besondere Taktiken erfordern und schon mächtig was hermachen. Und dann gibt es noch die teils gewaltigen, richtigen Endbosse, der jeweiligen Akte, die oft deutlich über zehn Minuten für schweißnasse Hände sorgen können, extrem abwechslungsreich sind und über mehrere Kampfphasen nicht nur die Schwertkombos abfragen, sondern auch gute Beherrschung der Zusatzfähigkeiten und Interaktion mit der Umgebung fordern. Einziger, ganz kleiner Wehrmutstropfen ist, dass der finale Boss nicht der spektakulärste in der Riege ist. Bei dem extrem coolen Ensemble aber immer noch auf hohem Niveau und so absolut verschmerzbar.
Level / Umfang
Beide Games haben eine im Grunde recht frei begehbare Welt, in der man nach und nach neue Abschnitte freischaltet, aber fast immer auch in bereits besuchte Gebiete zurückkehren kann, um noch nach Extras zu suchen. Arkham Asylum setzt dafür die Gefängnisinsel sehr detailliert um. Während Darksiders um ein zentrales Gebiet herum die verschiedenen, teils ziemlich großen Abschnitte anschließt, verteilen sich auf Arkham mehrere Gebäudekomplexe. Von der Levelarchitektur her ist Batman damit im Variantenreichtum etwas beschränkt. Außer den originellen Scarecrow-Abschnitten fehlt es auch an zündender Abwechslung im Spielgeschehen. Auch hier hat Darksiders deutlich mehr zu bieten. Die (post)apokalyptische Kulisse bietet viel Variation in den Settings. Rasante Flug- und Reitpassagen sowie kleine Shooter-Einlagen sorgen neben den bereits erwähnten tollen Rätseln für sehr viel Abwechslung. Bei der Spielzeit kam ich bei Batman auf rund 11 Stunden, bei Darksiders auf knapp 18.
Fazit:
Die Gesamttendenz ist sehr klar. Darksiders hat deutlich mehr Abwechslung bei erheblich längerer Spielzeit, dazu die besseren Kämpfe und Rätsel. Selbst bei der Story bietet es die spannenderen Wendungen. Nur bei Grafik und KI liegt Arkham Asylum vorne und sorgt in den Schleichabschnitten für starken Nervenkitzel. Der Batman-Bonus durch die bekannten Schurken und Gadgets kann den Abstand trotz toll eingefangener Gotham-Atmosphäre nicht aufholen. Dafür bietet Darksiders selbst eine viel zu tolle Palette aus Gegnern, atmosphärischen Levels und coolen Fähigkeiten. Beides ohne Frage Topspiele und beide eine Empfehlung wert, aber Darksiders ist für mich der große Überraschungshit und für mit das beste Action(-Adventure)-Game, das ich dieses Jahr gespielt habe.
Batman Arkham Asylum 8/10
Darksiders 9,5/10
"And in that moment, I swear we were infinite."