24 - Season 7
Achtung: Folgende Review enthält gravierende Spoiler!
Die Uhr tickt wieder. Unaufhaltsam. Neue 24 Stunden gegen die Terroristen dieser Welt. Doch so neu ist das Ganze dann auch wieder nicht, waren doch im Vorfeld gravierende Veränderungen angekündigt gewesen, das was man dann tatsächlich Neues bietet ist leider etwas wenig. Die CTU ist aufgelöst, nun spielt sich das Ganze eben im FBI-Gebäude ab, das während der 24 Stunden immer mehr zur CTU umgebaut wird, eine weitere Neuerung wäre, dass die Season in Washington spielt, was aber ähnlich irrelevant ist, wie das bereits erwähnte Beispiel. Das einzige, was wirklich neu ist ist Renee Walker, die hier Jacks Partnerin ist und schon bald zum weiblichen Jack Bauer mutiert. Sonst bleibt aber fast alles beim Alten, die altbekannten Maulwürfe, die altbekannten moralisch schwierigen Entscheidungen, die die Charaktere treffen müssen, usw. Sonderlich mutig sind die Autoren auch im 7. Jahr nicht, aber das war leider vorherzusehen. Doch immerhin schafft man es ganz im Gegensatz zu Season 6 das Altbewährte absolut gelungen, wenn auch sehr routiniert umzusetzen. So ist die Story von hinten bis vorne gut durchdacht, kommt weitestgehend ohne Filler aus und schafft es konstant die Spannung oben zu halten. So beginnt die Season direkt mal mit einem Knall: Der tot geglaubte Tony hat offenbar die Seiten gewechselt, und Jack Bauer muss sich vor dem Senat für seine Taten verantworten. Dass Tony natürlich kein Terrorist ist und man auch nicht Jacks spannenden Prozess 24 Stunden beiwohnen muss wird schnell klar, zwar geht es in Folge 1 noch etwas ruhiger zu, bevor man in der nächsten Folge den Turbo einschaltet, die bisherige Story aus einem Parkhaus wirft und die erste ernsthafte Bedrohung für die USA erstmals ersichtlich wird. Leider - und das ist einer der wenigen Kritikpunkte an der Season - ist diese erste große Bedrohung nicht die Einzige, es gilt grob gemessen insgesamt 3 Anschläge zu verhindern, die natürlich alle irgendwie zusammen hängen, doch in sich relativ abgeschlossen sind, so schafft die Season leider nicht das, was z. B. Season 5 so genial machte, nämlich eine zusammenhängende epische Story zu schaffen, sondern erinnert eher an Season 4 oder 6. Doch ist diese Tatsache hier zu verschmerzen, da jede einzelne Story für sich absolut überzeugen kann wobei besonders die Stürmung des Weißen Hauses hervor sticht, diese Story ist zwar, was die Logik angeht mehr als dämlich, doch kann man hier auf Logik verzichten, sind diese Folgen, die diese Stürmung behandeln doch das Highlight der Season und gehören auch insgesamt zu den intensivsten und besten Folgen die man in "24" je zu sehen bekam. Nachdem Juma, der zweite Bad Boy der Season dann im Weißen Haus das Zeitliche segnete hat die Season ihren wirklich einzigen kleinen Hänger zu verkraften, da hier die nächste Bedrohung erst aufgebaut wird und auch alle weiteren Stories etwas abflachen - für "24"-Verhältnisse zumindest. Doch sehr bald fängt sich die Season wieder, sodass die Serie in den letzten 6-7 Folgen der Season noch einmal zur absoluten Hochform aufläuft.
Hier gibt es dann auch ein Wiedersehen mit Kim Bauer, Jacks Tochter, die Szene in der Kim nach vielen Jahren wieder auf ihren Vater trifft zählt zweifellos zu den besten und emotionalsten Szenen der Serie, anschließend gibt es dann den nächsten Schocker zu verdauen: Tony ist nun also doch ein Terrorist?!? Er mutiert binnen Sekunden zu einem eiskalten Mörder, warum erfährt der Zuschauer erst in der der letzten Folge, sodass Tonys Wandlung anfangs überhaupt keinen Sinn macht: Warum hat er nicht einfach die Raketen starten lassen, so wären doch viel mehr Menschen gestorben als mit der kleinen Dose Gift? Dass hier etwas nicht stimmen kann, weiß man zwar sehr bald, doch was wirklich dahinter steckt vermag man nicht zu erraten, umso besser, dass die Autoren in der letzten Folge eine absolut schlüssige Erklärung darbieten können, die man nach diesem Durcheinander eigentlich nicht mehr erwartet hatte. Ein weiteres dramatisches Highlight des letzten Viertels ist Jacks Erkrankung, die man zwar etwas Selbstzweckhaft einsetzt, sprich wenn die Story für den weiteren Verlauf gerade einen von Anfällen geplagten Jack gebrauchen kann bekommt er einen Anfall wenn man den ganz normalen Jack braucht ist die Krankheit abgesehen von ein paar kleinen Zuckungen verschwunden, das stört aber nicht wirklich, ist nur hin und wieder etwas amüsant. Wirklich Spannung vermag diese Story anfangs aber nicht rein zu bringen, da man sowieso in keiner Sekunde zweifelt, dass Jack stirbt. Als die Uhr dann aber irgendwann 7:56 Uhr zeigt (also 4 Minuten vor 8 Uhr - dem Ende der Season) und Jack noch immer im Sterben liegt wird wohl selbst der sicherste Zuschauer etwas nervös. Doch Kim ist zur Stelle, die Story wird zwar nicht wirklich aufgelöst, es gibt zwar einen Cliffhanger, doch dass Jack, nun da Kim ihm helfen wird überleben wird steht wohl außer Zweifel. Dennoch wirft der Cliffhanger einige Fragen auf: Wie reagiert Jack auf Kims Entscheidung? Was macht Renee mit Wilson? Und wie geht es mit Tony weiter? Und was hat es mit der groß angelegten Verschwörung noch auf sich? Die zweite große Story, die sich aber im Gegensatz zu den Terroranschlägen wirklich durch die komplette Season zieht dreht sich um die Familie der Präsidentin, sie wird geschickt mit der Hauptstory verknüpft, hat ausgezeichnete Wendungen zu bieten, ist durchweg spannend und entwickelt sich zum Ende zu einem sehr traurigen Familiendrama, von dem ich hoffe, dass wir in Season 8 noch mehr zu sehen bekommen. So haben die Autoren hier wirklich einen guten Job gemacht, ohne ernsthafte Hänger wird die Story durchgezogen, hat wieder eine Menge überraschende Wendungen zu bieten und auch gute Cliffhanger, wobei man die etwas zurückgefahren hat, man verzichtet hier lieber mal auf einen allzu heftigen Cliffhanger als der Story eine blödsinnige Wendung zu verpassen, was nur positiv zu werten ist - die Wirkung der Cliffhanger verfliegt ja wenn man sich alle Folgen in kurzen Abständen auf DVD ansieht eh ziemlich.
Neue Stadt, neue Behörde, neue Charaktere, man führt hier anfangs eine Menge neuer Charaktere ein, was natürlich schön zu sehen ist, da die Serie somit neuen Schwung bekommt, doch freut man sich auch nach einigen Folgen Bill und Chloe wieder zu sehen. Am interessantesten und wichtigsten ist hier natürlich vor allem Renee Walker, einer der ganz großen Lichtblicke der Season, anfangs noch etwas langweilig werden nach und nach interessante Charakterzüge sichtbar, sodass sie langsam aber sicher zum weiblichen Jack Bauer mutiert, alleine die Szene am Ende als sie Jack Bauer-mäßig zu Wilson in die Zelle geht ist Gänsehaut pur und ohne Ende spannend. Leider wird sie manchmal noch etwas in den Hintergrund gedrängt, doch ist sie ohne Zweifel der interessanteste neue Charakter, sie frischt die Serie auf und passt unheimlich gut zu Jack Bauer. Jack einen Partner zu verpassen ist wahrlich eine mutige Entscheidung der Autoren, wie leicht hätte das ins Auge gehen können, wie leicht hätte Renee zur Nervensäge mutieren können, tut sie aber in keiner Sekunde, sie passt von Anfang an perfekt in diese Serie. Der zweite, ausführlicher behandelte neue Charakter ist Larry Moss, der leider, leider in dieser Season auch schon wieder den Löffel abgeben muss, was wirklich sehr schade ist, da er ein sehr interessanter und vor allem authentischer Charakter ist, den wirklich jede seiner Entscheidungen ist nachvollziehbar, sie mögen nicht immer richtig sein, aber sie sind immer nachvollziehbar, diesen realistisch angelegte Charakter hätte ich wirklich gerne länger gesehen. Dann wäre da noch eine Art Chloe-Kopie in der FBI-Zentrale, die wirklich in jeder Sekunde an Chloe erinnert, richtig amüsant wird es dann erst, wenn sie und Chloe aufeinander treffen, daraus hat man wirklich einige amüsante Szenen gebastelt. Ansonsten ist sie eher unwichtig, auch nicht wirklich interessant, sie ist eben einfach da. Auch im Weißen Haus gibt es (mal wieder) eine neue Präsidentin (nachdem man bei "24" einen schwarzen Präsidenten hatte und dies einige Jahre später Realität wurde, musste man ja jetzt fast das Gleiche mit einer Frau abziehen

). Die Präsidentin ist wirklich interessant angelegt, ebenso ihre ganze Familie, um die sich die zweite große Story dreht. Anfangs nervt die neue Präsidentin noch etwas, da sie einige nicht nachvollziehbare (aber natürlich für die Story wichtigen

) Entscheidungen trifft, doch sammelt sie im Laufe der Season nach und nach Sympathie-Punkte, sodass man sie gegen Ende ziemlich sympathisch findet von denen sie aber aufgrund ihrer dummen Entscheidung am Ende einige wieder abgeben muss. Noch interessanter ist aber die Präsidenten-Tochter, auch wenn sie erst in der zweiten Hälfte dazu stößt entwickelt sich ihre Story sehr spannend, anfangs noch eine intrigante Zicke, wird auch sie gegen Ende zur tragischen Sympathieträgerin (muss wohl in der Familie liegen

). Weitere Neuerscheinungen, die allesamt recht gut in die Serie passen und auch recht sympathisch sind, ist der First Gentlemen und der Stabschef der Präsidentin.
Die altbekannten Charaktere entwickeln sich glaubhaft weiter, vor allem Jack Bauer, nach wie vor einer der interessantesten Charaktere im Fernsehen überhaupt. Jack hat mittlerweile komplett mit der Welt abgeschlossen, zeitweise hat man das Gefühl, dass er es als Erlösung ansehen würde zu sterben, da er die ganze Scheiße nicht mehr erträgt, so findet er sich gegen Ende auch schnell mit seiner Krankheit und dem baldigen Tod ab, Jack Bauer ist der absolute Anti-Held, kein Rambo, eher ein McClane und er entwickelt sich immer mehr in diese Richtung. Ich finde die Autoren haben Jack mittlerweile genug angetan, langsam könnte es für ihn auch mal wieder etwas bergauf gehen. Gleichzeitig ist er bei seinen Einsätzen einfach eine coole Sau, angefangen mit dem Sprung aus dem Parkhaus ("Das wird eine harte Landung!" :lol: ) bis hin zu der Bulldozer-Aktion, die einfach nur genial war. Zwar ein geprügelter Anti-Held, gleichzeitig ist Jack Bauer aber auch der größte Action-Held unserer Zeit. Wie schon erwähnt kehrt auch Tony zurück, zu Beginn noch als Terrorist eingeführt geben die Autoren recht schnell Entwarnung, wobei man sich bis zum Ende hin nicht sicher ist, welches Spiel der Typ eigentlich spielt, er verschwindet hin und wieder für einige Stunden, es werden undurchsichtige Andeutungen gemacht, bis er sich irgendwann doch als vermeintlicher Terrorist rausstellt, doch geht es ihm nicht darum möglichst viele Menschen zu töten, er ist lediglich auf der Suche nach den Mördern seiner Frau, Tony ist hier nur noch von Rache getrieben, skrupellos, egoistisch, und immer sein Ziel vor Augen, nach dem Tod von Wilson, hätte er wohl keinerlei Lebensinhalt mehr gehabt. Man weiß hier wirklich nie, was man von ihm halten soll, richtig sympathisch ist er eigentlich die ganze Season über nicht, da er immer etwas komisch wirkt, eine Meisterleistung der Autoren, wie sie in der Season mit Tony umgingen. Seine Motive gegen Ende sind jedoch halbwegs zu verstehen, das Gespräch mit Jack in der letzten Folge ist glaubhaft, sodass es irgendwie sogar traurig ist, dass er sein Ziel am Ende nach all der Mühe nicht erreicht, zumal man Wilson wohl nichts nachweisen kann, hier wäre wohl auch Jack im Nachhinein froh gewesen er hätte Tony gewähren lassen. Es wird mehr als interessant, wie es mit Tony weitergehen wird, wird er weiterhin seine Ziele verfolgen, ist Jack viellelicht sogar auf seine Mitarbeit angewiesen? Man darf gespannt sein. Auch gibt es ein Wiedersehen mit Chloe, die in dieser Season jedoch keine wichtige Rolle spielt und nur für das Bedienen der Computer da ist, sonst nicht in die Story involviert ist, aber immerhin ist sie da, das ist die Hauptsache. Auch Bill ist wieder da, es war jedoch abzusehen, dass er die Season nicht überleben wird, er ist schon mehrere Seasons dabei, die Serie kann auch ohne ihn weiterleben, er ist ein Freund Jack Bauers und er ist einer der sympathischsten Charaktere überhaupt, wahrlich keine guten Voraussetzungen um in "24" zu überleben. Dass er stirbt überrascht nicht, doch wie er stirbt ist ein absoluter Schocker, völlig unerwartet und überraschend tritt Bill ab, sein Ende ist ähnlich heftig wie das eines David Palmers. Zu guter Letzte schaut auch Kim in den letzten Folgen noch einmal vorbei, sie polarisierte ja schon immer, ich jedoch mochte sie immer (liegt aber eventuell auch daran, dass sie von Elisha Cuthbert gespielt wird

), sie untermauert hier wieder eindrucksvoll ihr Image als Katastrophenqueen, ist aber auch erstmals wirklich hilfreich. Ihre Verhältnis zu ihrem Vater wird in dieser Season gekittet, das Wiedersehen der Beiden ist - wie schon erwähnt - die wohl emotionalste Szene der ganzen Season, es wird interessant wie es hier weitergeht, auch weil Kim sich ohne Zustimmung von Jack auf diese Stoffzellen-Therapie einließ.
Die Darsteller sind hier einmal mehr bis in die kleines Nebenrolle Weltklasse, und ideal besetzt, die schauspielerische Qualität von "24" ist einmal mehr beeindruckend. Allen voran Kiefer Sutherland, der Jack Bauer nicht nur spielt, nein, er IST Jack Bauer. Durch und durch. Für seinen Jack Bauer hat er alle Auszeichnungen der Welt verdient, ohne ihn wäre diese Serie schlicht und ergreifend nicht umsetzbar, von einem Spin-Off ohne Jack will ich gar nichts hören, es würde einfach nicht funktionieren. Von den neuen Gesichtern ist besonders Cherry Jones als Präsidentin Taylor hervorzuheben, die ihre wahrlich nicht leichte Rolle sehr glaubhaft und überzeugend spielt, über Leute wie Carlos Bernard oder auch Elisha Cuthbert müssen wir gar nicht reden, die waren immer gut und werden auch immer gut sein. Auch Annie Wersching überzeugt vollkommen, sie muss sich zwar erst in die Rolle einfinden, erweist sich später als absolute Idealbesetzung für die Rolle des weiblichen Jack Bauers.
Auch das produktionstechnische Niveau kann die Serie zu jeder Sekunde halten, die Sets sind aufwändig gestaltet, abwechslungsreich und gut gewählt. Auch die Inszenierung überzeugt zu jeder Sekunde, es wird wieder größtenteils mit hektischer Handkamera und vielen Schnitten gearbeitet, was nach wie vor super zu dieser Serie passt, auch weil es nie zu unübersichtlich oder zu hektisch wird, davon könnten sich große Kinoblockbuster wie "Das Bourne Ultimatum" mal eine Scheibe abschneiden, man kann dieses "Mittendrin statt nur dabei"-Gefühl auch erzeugen ohne dass es den Zuschauern beim Zusehen übel wird.
Actiontechnisch serviert man hier auch wieder ein abwechslungsreiches Spektakel, von dicken Explosionen über Shoot-Outs bis hin zu Autostunts und Fights wird hier die volle Palette geboten. Direkt in der ersten Szene werden allerliebst einige Autos geschrottet, dich hochwertig produzierten Autostunts gibt es noch einige Male zu sehen, wobei vor allem der Sprung aus dem Parkhaus im Gedächtnis hängen bleibt, eine wirklich sehr coole Aktion. Auch die Explosionen sehen durchweg klasse aus, größtenteils hand-made machen die dicken Feuerbälle Spaß. Die Fights sind auch recht nett anzusehen, sie kommen nicht allzu oft vor, und wenn gibt es eher realistisches Geprügel, was natürlich sehr gut zu der Serie passt. Die wirklichen Actionhighlights sind jedoch die zahlreichen Shoot-Outs, die immer aufwändig gemacht sind, hier geht - sind mal die Wummen ausgepackt - einiges zu Bruch, gerade die Schießerei am Flughafen ist exzellent inszeniert, ebenso die Massenballerei im Weißen Haus.
Insgesamt eine routinierte Season, bei der jedoch das Altbewährte ohne besondere Innovationen gut umgesetzt ist, die Story kommt fast ohne Schwächen aus, die könnte lediglich etwas zusammenhängender sein, ansonsten ist sie durchweg spannend, mit zahlreichen Wendungen und Highlights versehen. Die neuen Charaktere wurden gut eingeführt, allen voran Renee Walker, die super in die Serie passt, die bereits vorhanden Charaktere wurden entweder abgemurkst oder glaubwürdig weiterentwickelt. Über Produktion, die Schauspieler und die Action bleibt auch in dieser Season nur ein Wort zu sagen: Genial! Das Ende lässt einige Fragen offen, sodass das Warten auf Season 8 mehr als hart wird.
Insgesamt reiht sich die Season mit
9/10 Punkten irgendwo hinter Season 5, 2 und 3 ein.