Vor 5 Minuten ging nun das Finale zu Ende und ich bin echt traurig und etwas deprimiert, schaute ich doch die letzten 3 Monate an Serien eigentlich nur "Friends". Doch beginnen wir von vorne: Zunächst ist "Friends" keine Sitcom, in der bahnbrechende Ideen verwirklicht werden, nein, die Rezeptur ist einfach und auch ziemlich berechenbar. Man wirft 6 absolut typische Comedy-Charaktere - die neurotische Monica, die verrückte Phoebe, die liebenswerte Zicke Rachel, den herzensguten, etwas doofen Joey, den sarkastischen Chandler und den Tollpatsch Ross - in einen Topf, legt die Charaktere auch so an, dass sie eigentlich Niemand unsympathisch finden kann. Doch dennoch ist daraus eine der erfolgreichsten und besten Sitcoms geworden, oder vielleicht genau deshalb. Den "Friends" ist genau deswegen die Feel-Good-Serie schlechthin, man fühlt sich auf eine gewisse Weise als ein Teil dieser Gruppe, man kann mit den Charakteren mitfühlen, man pickt sich seinen Liebling raus aber im Grunde mag man sie alle.
Mein persönlicher Favorit ist ja mit ordentlichem Sicherheitsabstand Ross. Ein Tollpatsch wie er, der wirklich kein Fettnäpfchen auslässt kommt irgendwie eben immer gut an. David Schwimmer spielt die Rolle absolut grandios, die genialen Gesichtsausdrücke wenn er wieder Mist gebaut hat, die Stimme - perfekt. Und er hat mit Sicherheit auch die besten Einzel-Stories bekommen, besonders in den späteren Seasons.
Joey ist sicher der am einfachsten gestrickte Charakter, mir fällt es daher auch schwer mir das Spin-Off mit ihm vorzustellen. Ich mag die Serie eigentlich schon jetzt nicht, alleine die Tatsache, dass sie in LA spielen soll, also bitte, das passt nach Season 10 doch so absolut gar nicht, dass Joey seine Freunde nun verlässt, außerdem mag ich den Gedanken, dass die 6 immer zusammen bleiben. :evil: Egal, darüber kann ich mich zu einem späteren Zeitpunkt noch intensiver auslassen. Joey hat viele tolle Einzel-Stories bekommen, doch nur sehr wenige folgenübergreifende größere Geschichten, und wenn doch funktionierte das meist nicht so gut (Joey + Rachel z. B. ), dazu ist Joey teilweise einfach zu sehr Karikatur und ehrlich gesagt halte ich Matt LeBlanc auch nicht für übermäßig talentiert. Aber als Teil des Ensembles nicht wegzudenken.
Chandler ist der Teil der Gruppe der zu jedem Zeitpunkt seine Witzchen los werden muss und die sind oftmals tatsächlich der Brüller und herrlich sarkastisch. Chandler ist für mich der Charakter mit dem man sich am besten identifizieren kann, zu jedem Zeitpunkt.
Monica als die Mutter der Gruppe sorgt mit ihren Macken und Ticks für viele Lacher, gerät allerdings gerade im ersten Teil der Serie oft etwas in den Hintergrund, was aber meist auch nicht groß auffällt. Zudem geht sie einem in manchen Folgen doch sehr auf die Nerven.
Phoebe ist eine Sache für sich. Es dauert wirklich seine Zeit bis man lernt sie zu mögen und doch bleibt sie oft wirklich sehr anstrengend. Als verrückter Gegenpol zu Monica aber oft sehr witzig, zudem schockt Phoebe manchmal einfach nur, wenn sie einen einfach nur bekloppten Spruch raushaut sorgt das nicht selten für Lacher.
Und zu guter Letzt wäre da noch Rachel. Zu ihr fällt mir auf Anhieb eigentlich sehr wenig ein. Für sich alleine steht Rachel eigentlich für recht wenig, sie funktioniert als Charakter eigentlich nur zusammen mit den anderen, ihre Einzel-Stories sind meist langweilig. Aber dennoch mochte ich sie.
"Friends" ist nie nur Sitcom, nein, man findet eigentlich fast immer die perfekte Balance zwischen Soap und Sitcom und streut auch ordentlich Drama-Elemente ein. So ist die Serie nie wie die meisten anderen Sitcoms nur Serien-Fast-Food, doch gibt es garantiert auch keine Folge in der man nicht genug zu Lachen hätte. So hat die Serie auch absolut brutale Cliffhanger zu bieten, ich war oft doch sehr froh einfach direkt die nächste DVD einlegen zu können. Gerade die Season-Finals in der sich die Stories meist in einer Doppelfolge zuspitzen sind eigentlich alle unglaublich toll. Insbesondere die Love-Story zwischen Ross und Rachel bleibt über alle 10 Seasons ein Thema und ich finde, dass man diese Story über 10 Jahre richtig toll entwickelt hat. Man lässt sich Zeit, lässt die Beiden eigentlich nur 1 Jahr zusammen sein um die Fans dann 6 Jahre auf die Folter zu spannen um ihnen im Serienfinale ihr unvermeidliches Happy-End zu geben. Und es war ein angebrachtes und tolles Happy-End, jawohl. Da eine Love-Story nicht die ganze Serie füllen kann ließ man dann irgendwann auch noch Chandler und Monica zusammenkommen. Als das erstmals angedeutet wurde sah ich die Serie ja schon über den Hai springen. Aber nichts dergleichen geschah, auch diese Geschichte hat man über mehrere Jahre glaubwürdig entwickelt, über die Hochzeit zum Kinderwunsch und auch hier zum wunderschönen Happy-End. Ganz großes Kino. Weitere Anflüge von Love-Stories wie z. B. die zwischen Joey und Rachel hätte man sich aber echt sparen können, das wirkte zu jedem Zeitpunkt total unglaubwürdig und verkrampft.
Einzelne Highlight-Folgen aufzuzählen fällt mir nach dem ersten Run etwas schwer, ich weiß nur, dass die Serie eigentlich keine Folge hatte die so richtig scheiße war. Sicher waren nicht alle Folgen gleich gut, doch die Serie konnte in absolut jeder Folge ihren Feel-Good-Faktor ausspielen, sodass man der Show eigentlich nie böse sein konnte. Und die Serie konnte ihr Niveau auch über 10 Jahre einigermaßen halten. Der Anfang war etwas holprig, Season 3-6 stellen das Highlight dar, aber auch danach wird es nicht merklich schlechter und das ist doch ein großer Pluspunkt wenn man bedenkt wie scheiße einige wirklich tolle Sitcoms nach 6-7 Jahren wurden, weil den Autoren die Ideen ausgingen. Und am Ende bekommt man noch ein wirklich perfektes und wunderschönes Finale zu sehen, genauso hatte ich mir das gewünscht. Hinzu kommen tolle Gaststars in fast jeder Folge, als besonderes Highlight natürlich Bruce Willis in gleich 3 Folgen. Und natürlich Christina Applegate als Rachels Schwester. Für diesen Auftritt hat sie absolut zu Recht den Emmy bekommen.
Insgesamt eine der tollsten Sitcoms überhaupt, reiht sich in meiner Liste irgendwo zwischen "Seinfeld", "The King of Queens" und "Married ... with Children" ein. Und es war sicher nicht der letzte Durchlauf. Ich vermute, dass ich die Serie in einem Jahr schon zum zweiten mal gesehen haben werde.