Boardwalk Empire S1
Einerseits bin ich fasziniert von der Serie, andererseits auch ein wenig enttäuscht. Zunächst einmal möchte ich festhalten, dass das writing schon jetzt zur obersten Liga gehört. Die Dialoge sind so originell geschrieben und umschiffen jegliche Plattitüden und abgedroschenen Phrasen und Wortgefechte wahnsinnig geschickt. Zudem ist es den Autoren gelungen, die Figuren ihrer Zeit entsprechend klingen zu lassen, ohne dass es übertrieben showy rüberkommt. Wirklich beeindruckend!
Die Charakterarbeit spielt in einer ähnlichen Liga mit und ist auch ein Beweis dafür, warum wir die Network vs. Pay TV Diskussion gar nicht führen brauchen. Ich möchte eine Network Sendung sehen, die ihre Figuren derart subtil ausfleischt und gleichzeitig Motivationen und Backstory langsam beleucht, ohne es zu offensichtlich zu machen. Die Serie gibt uns genau soviel wie wir wissen müssen, um uns den Rest selbst zu erarbeiten, was deutlich befriedigender ist, als wenn einem alles vorgekaut wird. Obwohl es durchaus einige große "reveals" gibt, werden sie nie nur des Effektes wegen herausgeholt, wie zum Beispiel bei der Frage, wer Jimmys Vater ist. Manchmal haben mich die vielen Schauplätze, Figuren und Konfliktherde schon ein wenig überfordert, aber großteils hat man da eine tolle Balance gefunden.
Die einzige Schwachstelle im ansonsten tollen Figurenpool, ist für mich nur Van Alden, den ich fürchterlich überzeichnet finde. Silas aus The Da Vinci Code mit einer Extra Portion Big Jim oder Maragert White aus Stephen Kings Feder? Entweder hab ich da einen wichtigen Teil nicht mitgekriegt, oder der Charakter ergibt einfach keinen Sinn. Was is' er jetzt? Pflichtbewusster aber besessener Polizist, fanatischer Christ, oder doch nur ein wahnsinniger Massenmörder? Vorallem die "Tauf"szene fand ich fürchterlich, weil ich wirklich keine Ahnung hatte was mir die Serie damit über Van Alden erzählen will. All die anderen Leute haben mit der Zeit immer mehr Sinn ergeben, nur bei Van Alden habe ich das Gefühl völlig im Dunklen darüber zu tappen was ihn eigentlich antreibt, was seine Ziele und Motivationen sind.
Die öfters angesprochene Langsamkeit der Serie fand ich auch ein wenig störend. Wobei mein Problem eher ist, dass man sich mit den Payoffs in den letzten Folgen sehr zurück gehalten hat. Da wurden 10 Folgen lang die Fronten zwischen Atlantic City und New York, aber auch in Chicago verhärtet und dann
Es wurde ja genug aufgebaut: Die Probleme zwischen Nucky und seinen engsten Vertrauten Margaret, Elias und Jimmy; Rothstein; Van Alden; Chicago. Aber es gab kaum wirkliche Eskalationen oder große dramaturgische Höhepunkte.
GOT habe ich dafür auch kritisiert, da viele Set Ups auch erst in der zweiten Staffel genutzt wurden, aber selbst da gab es doch zumindest ein paar dramatische Höhepunkte. Die haben mir im Staffelfinale von Boardwalk ein wenig gefehlt.
Ansonsten, aber eine starke erste Season und ich hoffe dass die Folgestaffeln sich mehr mit dem austoben dürfen, was hier bisher aufgebaut wurde.
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