24 (Staffel 1)
Wenn man sich für Film und Fernsehen interessiert, kam man in den letzten Jahren im Serienbereich ja kaum vorbei an "24". Deshalb und aufgrund des wiederholten und eindringlichen Rates einiger Serien-Fans habe ich nun auch im Zuge des Neustarts neuer Folgen endlich die erste Staffel nachgeholt. So ganz weiß ich noch nicht, wo ich sie in meinem Serien-Ranking einordnen soll, aber ziemlich sicher kann ich jetzt schon zwei Dinge sagen: Sie ist sehr sehenswert und gerade hinsichtlich Spannung und Unterhaltungsfaktor super gemacht. Und sie ist hinsichtlich Schauspielleistungen, Dialoge und Realismus ein schlechter Witz gegenüber "Breaking Bad", das bei mir noch immer einsam am Serienhimmel thront.
Wenn ich auf die positiven Aspekte zu sprechen komme, denke ich tatsächlich vorrangig an die Faktoren Spannung und Unterhaltungswert, ansonsten kann ich da gar nicht so viele benennen. Klingt vielleicht negativer als es gemeint ist, denn bei aller substanzieller Qualitätsoffensive, die ich in der Konzeption vieler jüngerer Drama-Serien definiv sehe und schätze, haben manche Formate schnell verloren, da sie auf mich überfrachtet ("Game of Thrones") oder schlicht zäh und langweilig ("Mad Men") wirkten. Davon ist "24" weit entfernt, den Machern gelang es überaus schnell, mich zu begeistern und an den Stoff zu fesseln. Die Story ist nicht plump - was bei Action-Stoffen meiner Empfindung nach sehr häufig der Fall ist -, aber ihr ist stets gut zu folgen, zu den Charakteren baut man schnell eine gewisse Bindung auf und es passiert in jeder Folge genug, dass man sich nie langweilen muss.
Das als so innovativ gefeierte und stets eifrig beworbene Echtzeit-Element funktioniert in der Umsetzung in Maßen. Es ist zumindest einigermaßen relastisch in die Story eingebettet worden, aber schlussendlich hat es mir keinen inhaltlichen Mehrwert beschert. Dass die Figuren meist räumlich getrennt waren, hat auf der einen Seite zwar verhindert, dass man ihnen entweder beim Nasebohren und Autofahren zuschauen musste, andererseits musste ich mich auch immer wieder selbst daran erinnern, dass all die Dinge ja angeblich innerhalb von 24 Stunden passieren sollten - was bei näherer Betrachtung überaus unrealistisch ist. Wichtiger als die Realismus-Frage, die bei fiktionallen Stoffen generell schwierig ist meiner Ansicht nach, ist für mich die Überlegung, ob diese Echtzeit-Nummer irgendwas geleistet hat, was eine "normale" Serie mit größeren Sprüngen in der erzählten Zeit nicht hätte leisten können. Und da habe ich bis heute kaum Anhaltspunkte für. Man darf mir gerne sagen, worin der Nutzen besteht, aber für mich fühlte sich die Serie permanent so an, als werden da Ereignisse von mehreren Tagen oder Wochen zusammengefasst. Für mich also eher eine Marketingstrategie, durch die ich immerhin nicht auf die Uhr schauen musste, um zu wissen, wann die jeweilige Folge endet. ^^
Wirklich einfallsreich und speziell fand ich vor allem die Kameraführung bzw. den Bildschnitt (ich kanns nicht genau in Worte fassen, was ich meine). Das sah schon sehr ansprechend aus, wenn sich hier Bilder von mehreren Standorten überlappt oder ein Schauplatz aus mehreren Perspektiven gezeigt wurde. Obwohl ich nun wahrlich kein Multitasking-Genie bin und mich schwer tue, mehrere Eindrücke auf einmal zu verarbeiten, hat mich das hier nie angestrengt.
Hinsichtlich Schauspiel und Figurenzeichnung ist das Gesehene für mich im oberen Mittelfeld anzusiedeln, wenn ich der Serie ihr Genre Action zu Gute halte, dann wohl auch schon im oberen Drittel. Kiefer Sutherland ist in der Hauptrolle überzeugend und schafft es, mich als Zuschauer direkt mit ihm geistig zu verbrüdern. Aber er spielt dann auch irgendwie nur die recht einfache Rolle des immerstarken Helden, der aus jeder Situation letztlich schadlos rauskommt und stets die richtigen Entscheidungen auch gegen die Vorschriften seiner Vorgesetzten trifft. Joar, gut, kann man machen, ist jetzt aber auch nicht so spannend. Ähnlich straighte Merkmale haben auch David Palmer, Teri, Kim und Tony bekommen, wobei es der schwarze Präsidentschaftskandidat ja bei mir wie kaum ein anderer geschafft hat, meine Sympathien zu wecken. Schauspielerisch durchaus ein Pluspunkt, seine Figur als stets aufrichtiger und prinzipientreuer Politiker ohne moralische Mängel finde ich aber auch etwas zu glattgebügelt. Gerne mehr gesehen hätte ich von Jamey bzw. ihrer Schauspielerin (Karina Arroyave), dafür hätte ich Elisha Cuthbert als optisch schmuckes Prinzesschen nicht so oft gebraucht, die wahlweise ängstlich oder trotzig dreinblickte. Aber naja... Optik und so.
Insgesamt würde ich "24" als eine Art Zwischenweg aus den ambitionsarmen 0815-Serienformaten wie "NCIS" und "CSI" für die breite Network-Masse und den hochwertigen und äußerst storylastigen Quality-Serien wie "Breaking Bad" bezeichen, die es exzellent schafft, ihr Publikum zu unterhalten und zu fesseln, allerdings doch einige inhaltliche Defizite aufweist, viele Figuren ohne die ganz großen Ecken und Kanten ins Zentrum des Geschehens stellt und zugunsten eines spannenden Cliffhangers oder einer (mehr oder minder) unvorhersehbaren Wendung auch gerne mal Abstriche hinsichtlich Realismus macht. Ob das letztlich ausreicht, um mich als Zuschauer langfristig an die Serie zu binden, weiß ich noch nicht so recht, die zweite Staffel schaue ich mir aber in jedem Fall noch an. Nicht in der Hoffnung, hier doch noch die beste Serie aller Zeiten zu sehen, denn das halte ich hier für himmelweit übertrieben, aber in der Hoffnung, erneut sehr gut unterhalten zu werden, ohne mich für meinen Konsum schämen zu müssen. Zumindest das erfüllt "24" hervorragend.
7/10
Fohlen