- Fr 27. Jun 2014, 19:17
#1372934
Ein bisschen europäisches bzw. "nordisches" Kino!
Was bleibt
Der in Berlin lebende Autor Marko kehrt für ein Wochenende in das Heim seiner Eltern in der Provinz zurück. Wie es in solch einem Drama nun mal so ist, kommt die ganze Familie zusammen, inklusive Markos jüngerem Bruder Jakob, der Zahnarzt ist, und Konflikte entstehen, in diesem Fall durch die Entscheidung der Mutter, ihre Antidepressiva abzusetzen, was den Rest der Familie in Ratlosigkeit und eine Art Schockzustand versetzt. Diese erste Offenbarung bringt den Stein ins Rollen und im Laufe des Filmes werden weitere Geheimnisse und Lügen ans Tageslicht gebracht. Es geht um die Dichotomie von Offenheit und Verbergen und der Frage danach, was man einem Menschen zumuten kann und was nicht und wie man diese Entscheidungen rechtfertigt.
Hans-Christian Schmids Drama bleibt im konventionellen Rahmen des Familiendrama-Genres, ist aber kompetent dirigiert und alle Schauspieler liefern starke Leistungen ab, wobei ich vor allem Lars Eidinger und Corinna Harfouch hervorheben möchte. Es ist ein leiser Film, der sympathischerweise ohne große (melo)dramatischen Gesten auskommt, wobei eine fantastische Szene ein bisschen den Realismus stört.
Stockholm Östra (Stockholm Ost)
Auf dem Weg zur Arbeit fährt Johan eines Tages ein Kind an, das daraufhin stirbt. Von Schuldgefühlen geplagt, trifft er später auf die Mutter des Kindes (die dem Prozess fern geblieben war) und spürt das Verlangen, für sie dazu sein. Das Verhältnis, das sie zueinander aufbauen, beruht jedoch auf einer Lüge, denn Johan erzählt ihr nicht von seiner wahren Identität.
Eine Prämisse, aus der man etwas machen kann, wobei die Melodramatik schon aus dieser herausquillt. In den Reviews wird eigentlich vor allem die Cinematographie und das Schauspiel der Hauptdarsteller positiv hervorgehoben, aber erstens würden selbst diese den in Kitsch versinkenden und jegliche Tiefe vermissenden Plot nicht retten, zweitens haben mich weder die schauspielerischen Leistungen berührt, noch die Fotografie. Es gibt durchaus einige schöne Einstellungen, aber man entscheidet sich dann auch ab und zu einen seltsamen Weichfilter zu benutzen, der höchstens albern wirkt.
Die schwedische Produktion endet dann schließlich unbefriedigend und simplifizierend, was dann aber auch nicht mehr viel ausmacht.
Salpa (deutsche Übersetzung: Salpa)
Henri ist ein verschüchterter, stotternder Junge, der keine Freunde hat, aber Zuflucht im nahe liegenden Pferdestall findet. Sein distanzierter Vater, mit dem er zusammen lebt, fängt an, ihn zu Hause zu unterrichten, kann jedoch nicht die Geduld aufbringen, die Henri benötigt, um die Mathematikaufgaben zu lösen.
Wenige Dialoge, viel Stille, Natur und voneinander distanzierte Individuen: typisch Finnisch könnte man das nennen. Zugegeben brauchte ich auch einige Zeit, bis ich mich mit der kargen, irgendwie poetischen Inszenierung anfreunden konnte. Doch nach einer Weile ist man voll drin in Henris Welt und empfindet Mitleid mit ihm. Das ist auch dem Spiel des jungen Elis Lindfors zu verdanken - ich hoffe, dass man in Zukunft noch mehr von ihm sehen wird.
SALPA untersucht die Beziehung eines Jungen, der Kontakt und Zuneigung sucht, zu seinem Vater, der Schwierigkeiten hat, Mitgefühl zu zeigen und sich nicht in die Gedankenwelt und die Realität seines Sohnes einfinden kann. Es geht um Einsamkeit und um zwischenmenschliche Beziehungen, universelle Themen also, die mit der physischen Nachaußenkehrung der inneren Kämpfe, dem Stottern nämlich, aber eine spezielle und so im Kino nicht oft dargestellten Realisierung erfahren.
