Waterboy hat geschrieben:Merkel hat sich wahrlich keinen Gefallen getan damit überhaupt auf das Gedicht zu reagieren
Aber darauf reagieren musste sie doch zwangsläufig, weil §104a StGB nun mal eine Entscheidung der Bundesregierung zwingend verlangt... :?
Über diesen Umstand waren Merkel und die Bundesregierung zwar sicherlich alles andere als glücklich, weil sie sich da am liebsten komplett herausgehalten und auf die Gewaltenteilung verwiesen hätten, aber es half ja nix, das Dilemma war unausweichlich.
Die Entscheidung, zeitnah den Paragraphen §103 StGB abzuschaffen oder zumindest zu ändern, kann ich aber ausnahmsweise mal nur loben. Auch wenn es schon rein aus Eigeninteresse der Bundesregierung nur nachvollziehbar ist. Im gleichen Zug §90 StGB mit abzuschaffen wäre aber noch viel wichtiger. Der ist nämlich noch viel anachronistischer als §103, und bei §103 kann man wenigstens noch den nachvollziehbaren Sinn dahinter erkennen.
Für mich hätte man es wie gesagt bei dieser Entscheidung belassen können, und hätte die Ermächtigung zur Strafverfolgung mit Hinweis auf die geplante Abschaffung des Paragraphen verweigern können. Dass es jetzt doch anders kommt, ist im Endeffekt aber auch nicht so schlimm. Dass Böhmermann dafür in den Knast kommt, muss niemand befürchten, es wird maximal auf eine Geldstrafe hinauslaufen, die er aus der Portokasse bezahlen wird. Bzw. der Gebührenzahler. Wenn nicht sogar alle seine neuen Freunde von Pegida, AfD & Co. einen Spendenaufruf zur Übernahme der Geldstrafe für ihn starten werden, weil er es den "verschissenen Moslems" mal so richtig gezeigt hat.
Selbst Erdogans Anwalt hat ja bereits gesagt, dass es letztlich nicht zu einer wirklich harten (Haft)Strafe kommen wird, sondern die Strafe lediglich angemessen sein soll, ihn auf den rechten Weg zurückzuführen.
Unter'm Strich finde ich die Entscheidung der Bundesregierung jedenfalls nachvollziehbar und gut. Die meisten anderen Optionen hätte ich schlechter gefunden.
EDIT: Wie ist das jetzt eigentlich mit dem Umstand, dass Böhmermann jetzt nach zwei, und zwar zwei im Grunde fast identischen Tatbeständen angezeigt ist? Einmal "gewöhnliche" Beleidigung nach §185, einmal die spezielle Beleidigung nach §104?
Würde ja nun reichlich absurd und peinlich für die Judikative wirken, wenn es dafür bspw. zwei getrennte Prozesse gäbe, und der Richter in dem einen Prozess auf unschuldig entscheidet, der Richter in dem anderen Prozess hingegen auf schuldig...
