Fernsehfohlen hat geschrieben:
Dennoch kann ich es auch nicht wirklich nachvollziehen, dass die USA tatsächlich noch immer eine Top-Bonität besitzen, denn die finanzielle Lage ist ja nun mehr als angespannt. Und da nun einmal das Ausmaß der Verschuldung auch einen erheblichen Teil der Agentur-Ergebnisse ausmacht, wüsste ich nicht, wie man die Top-Stufe erklären könnte. Oder sehe ich da irgendwas völlig falsch?
Fohlen
Wie ich bereits sagte, ist das System der drei US-amerikanischen Ratingagenturen nicht unbedingt optimal. Jedem Menschen, der von a nach b denken kann, fallen wahrscheinlich auf Anhieb eine handvoll Interessenskonflikte ein, die entstehen können, wenn die Ratingagenturen ihre Marktmacht ausüben. Allein die Tatsache, dass die drei wichtigsten Agenturen im gleichen Land sitzen, lässt wohl vermuten, dass eine Herabstufung der USA politisch verhindert werden würde.
Letztlich ist jedoch die Reputation das wichtigste Instrument dieser Unternehmen. Sobald Zweifel an der Kompetenz und Richtigkeit der Entscheidungen aufkommen, können die Agenturen schließen, weil keiner ein Rating braucht, auf das man sich nicht verlassen kann. Insofern sind die Ratingagenturen sehr wohl darauf bedacht, wirklichkeitsnahe Einschätzungen abzugeben.
Nun kenne ich mich nicht mit dem Ratingprozess der Agenturen nicht aus, allein die Staatsverschuldung halte ich aber für kein ausreichendes Kriterium, um eine Aussage über die Bonität eines Landes zu treffen. Mit knapp 100% Staatsverschuldung im Verhältnis zum BIP erzielen die USA ja nun wahrlich nicht den größten Wert. Japan, deren Staatsverschuldung fast doppelt so hoch ist, wie das BIP, ist schließlich auch noch im Top-Rating-Bereich.
Wie ich schon sagte, geht es da wahrscheinlich viel mehr um die Refinanzierungsmöglichkeiten und die Gesamtwirtschaftslage. Die traditionell starke Binnenwirtschaft der USA profitiert z.B. vom derzeit schwachen Dollar, während das Wachstum Irlands in Vor-Krisenzeiten eher auf ausländische Finanzinvestitionen zurückzuführen ist, welche natürlich sehr schnell auch wieder abgezogen werden können.
Abgesehen davon weisen die USA derzeit ein gesundes Wirtschaftswachstum und Inflationsrate auf und können sich, wie bereits erwähnt, locker über niedrig verzinste Staatsanleihen refinanzieren.
Dazu kommt, dass die USA über die mächtigste Notenbank der Welt verfügen. Die FED kann sehr eng mit der Regierung zusammen arbeiten, wenn es darum geht die Staatsverschuldung zu senken. Sei es durch eine höhere Inflation oder indirekte Wechselkursanpassungen, sofern dies außenpolitisch vertretbar ist.
Irland beispielsweise kann dies nicht. Durch die Weisungsgebundenheit an die EZB können die europäischen Staaten nicht mehr flexibel entscheiden, wieviel Geld "gedruck wird" o.ä. Während die EZB aktiv eine Inflation verhindern möchte, indem sie eine konservative Notenpolitik fährt, bräuchte Irland genau das Gegenteil um die eigene Deflation zu bekämpfen.
Ich weiß nicht, was wirklich in die Bewertung der Ratingagenturen eingeht, im Falle von Irland und co kann ich die Bewertung jedoch sehr gut nachvollziehen.
rosebowl hat geschrieben:Also wenn ich einer Freundin, die seit einigen Jahren in den USA lebt, glaube, ist das dort nicht anders..
Oh.. na dann vergiss alles was ich oben geschrieben habe. Wenn deine Freundin das sagt, dann muss das stimmen.