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von JackieZ
#1075703
Sentinel2003 hat geschrieben: Das ist eben dieser riesenm Unterschied zwischen kleinen Privat-Bürgern und großen Ländern, wenn ein Privatmann seinen erhaltenen Kredit nicht mehr bedienen kann,muß dieser zu 90pro in die Insolvenz, nicht aber andersherum, hier wird mit den Euros nur so herumgeworfen, das ist doch voll ätzend!!
An der Insolvenz des kleinen Privatmanns hängt auch nicht ein Rattenschwanz von Gläubiger-Banken, die ernsthafte Probleme bekommen würden :wink:
So gesehen wird die Politik eigentlich von den Banken erpresst, diese Hilfspakete zu gewähren. Von dem Geld sieht Griechenland nämlich nix - das bekommen auf direktem Wege die Gläubiger-Banken.
von Trötenflöter
#1075784
JackieZ hat geschrieben: An der Insolvenz des kleinen Privatmanns hängt auch nicht ein Rattenschwanz von Gläubiger-Banken, die ernsthafte Probleme bekommen würden :wink:
So gesehen wird die Politik eigentlich von den Banken erpresst, diese Hilfspakete zu gewähren.
Das ist sicherlich nicht ganz richtig. Nachdem man die privaten Gläubiger (v.a. Banken) erst dazu brachte, freiwillig Kredite an Griechenland zu begeben, bzw. Staatsanleihen (etwa neue 30-Jährige als Kompensation für die auslaufenden Staatsanleihen) zu kaufen und einen Schuldenschnitt von 50% für Privatgläubiger ankündigte, kann man nicht von einer privatwirtschaftlichen Erpressung sprechen, insbesondere weil viele Banken die Pleite Griechenlands im Endeffekt wohl noch bevorzugt hätten, da so ihre CDS ausgelöst worden wären.
Gerade in Deutschland ist die private Beteiligung an griechischen Staatsanleihen in den letzten zwei Jahren massiv zurückgegangen und beträgt heute nur noch einen relativ geringen Anteil.

Größter Interessent des Nichtausfalls Griechenlands bleibt der deutsche Staat und die EU. Neben den offensichtlichen Bürgschaften und direkten Auszahlungen (ESM) gibt es versteckte Konsequenzen, die im Falle der Insolvenz Griechenlands oder gar des Austritts aus der EURO-Zone eintreten könnten.
Zum einen wäre da die EZB, die einerseits massiv die Geldversorgung in Griechenland durch Staatsanleihenkäufe, Vollzuteilungsverfahren bei der Geldschöpfung und niedrige Zinsen vorangetrieben hat und andererseits griechische Sicherheiten (etwa Staatsanleihen) ohne Risikoabschlag bei der Offenmarktpolitik zulässt. Letzteres fördert einzig die Versorgung liquiditätsschwacher Banken in Griechenland und Spanien.
Glaubt man H.W. Sinn (was man u.U. eher vermeiden sollte), kämen auch auf die Bundesbank massive Verpflichtungen im Falle des Ausscheidens Griechenlands aus der EURO-Zone: Im Rahmen der Target2-Saldierung befinden sich Kapitalverbindlichkeiten- und forderungen zwischen Deutschland und den PIIGS-Staaten in starkem Ungleichgewicht und müssten gegebenenfalls durch die restliche EURO-Zone getragen werden. Deutschland wäre als wirtschafts- und bevölkerungsstärkstes Land am meisten davon betroffen.
Neben den volkswirtschaftlichen Konsequenzen für Portugal, Spanien und Italien (erhöhte Risikoabschläge für Staatsanleihen, Kapitalflucht, etc.), die sich dann auch indirekt wiederum auf unsere (exportorientierte!) Volkswirtschaft auswirkten, sei noch die HypoRealEstate erwähnt, die wohl einen überdurchschnittlichen Anteil an griechischen Beteiligungen hält. Aufgrund der Verstaatlichung des Instituts blieben diese Verluste auch in Steuerzahlerhand.
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von JackieZ
#1075807
Von deutschen Banken war gar nicht ausschließlich die Rede. Viel mehr Sorge um Griechenland haben wohl französische Banken. Ich kann mir sehr gut vorstellen, dass beispielsweise von einer BNP Paribas enormer Druck auf die Politik ausgeht, denn für die würde es bei einem 100%igen Schuldenschnitt schon eng werden.
Den Kollaps gäbe es aber wohl spätestens, wenn infolge einer Kettenreaktion nach der Griechen-Pleite auch Italien zahlungsunfähig wird. Die Italiener schulden den Franzosen das ungefähr sieben-fache von dem, was die Griechen den Franzosen schulden. Spanien würde dann nochmal mit dem zweifachen der Griechenland-Summe zu Buche schlagen. Im schlimmsten Fall hätte man dann nicht nur eine Griechenland-Pleite, sondern 10. Ich bin mir recht sicher, dass Gläubiger-Banken dies als Druckmittel benutzen, damit der Steuerzahler weiter in die Verantwortung genommen werden kann.
von Quotentreter
#1075846
JackieZ hat geschrieben:Ich bin mir recht sicher, dass Gläubiger-Banken dies als Druckmittel benutzen, damit der Steuerzahler weiter in die Verantwortung genommen werden kann.
Was es nicht sein kann, jedenfalls nicht ohne Gegenleistung oder Regelungen, die so etwas zukünftig ausschließen. Man will Deregulierung? Dann ist aber Steuergeld tabu. Man will eine Ausfallsicherung bei Risiken? Nur mit Regulierung. Alles andere funktioniert nicht. Man kann nicht die Gewinne einstreichen und die Verluste sozialisieren. Das funktioniert jetzt noch, weil Deutschland noch gut da steht und den Karren ziehen kann. Aber auch wir haben Grenzen und für uns bürgt keiner mehr.

Ein weiter so geht nicht, dass muss selbst der sturste Ökonom irgendwann kapieren.
von Trötenflöter
#1076020
JackieZ hat geschrieben:Von deutschen Banken war gar nicht ausschließlich die Rede. Viel mehr Sorge um Griechenland haben wohl französische Banken. Ich kann mir sehr gut vorstellen, dass beispielsweise von einer BNP Paribas enormer Druck auf die Politik ausgeht, denn für die würde es bei einem 100%igen Schuldenschnitt schon eng werden.
Wie schon erwähnt, spekulier(t)en einige Banken wohl sogar eher auf den Totalausfall der Forderungen bzw. eine Pleite Griechenlands, weil dann ihre CDS auf Griechenlandinvestments ausgelöst worden wären (die Zahl solcher Verträge soll seit 2009 wohl massiv gestiegen sein).
Außerdem haben alle französischen Großbanken schon 2011 ihre griechischen Staatsanleihen erfolgswirksam abgeschrieben (im Falle der BNP 75% Wertberichtigung), sodass man sehr wohl auf den Schuldenschnitt vorbereitet war. Da diese Banken trotzdem noch Gewinne verzeichneten und auch die erhöhten Kapitalanforderungen erfüllen, steht die Frage nach einer Rettung überhaupt nicht im Raum.
Sollte es zu Kettenreaktionen in Italien und Spanien kommen, wären nicht nur europäische Banken betroffen, sondern die komplette Exportwirtschaft. Dies wäre schon der Fall, wenn Griechenland aus der Währungsunion austreten würde (schwache Drachme -> mehr Binnenkonsum -> weniger deutsche Exporte). Auch hier sehe ich keine "Erpressung" der Banken, da es wohl ohnehin gesamtwirtschaftlich sinnvoll ist, derartige Kettenreaktionen zu vermeiden.
Quotentreter hat geschrieben:Was es nicht sein kann, jedenfalls nicht ohne Gegenleistung oder Regelungen, die so etwas zukünftig ausschließen. Man will Deregulierung? Dann ist aber Steuergeld tabu. Man will eine Ausfallsicherung bei Risiken? Nur mit Regulierung. Alles andere funktioniert nicht. Man kann nicht die Gewinne einstreichen und die Verluste sozialisieren. Das funktioniert jetzt noch, weil Deutschland noch gut da steht und den Karren ziehen kann. Aber auch wir haben Grenzen und für uns bürgt keiner mehr.
Ich weiß nicht, ob ich den Post richtig verstanden habe, aber wenn er darauf hinausläuft, dass, im Falle der Erpressung der Staaten durch Banken (was so nicht stimmt), Banken stärker reguliert gehörten, um "systemrelevante" Insolvenzen zu vermeiden, stimme ich zu.
Allerdings muss man hier deutlich sagen, dass die Regulierung (in Europa) in den letzten Jahren ganz stark voran getrieben wurde, insbesondere durch Basel III, das ab 2013 in Kraft tritt. Wenn man sich die Maßnahmenpakete für Banken und Kapitalmärkte seit der Finanzkrise im Detail anschaut, kann man fast schon von Aktionismus sprechen und fragen, ob gewisse Kennzahlen (z.B. liquidity coverage ratio oder net stable funding ratio) überhaupt sinnvoll sind. Vor allem weil derartige Kennzahlen nicht objektiv gestaltet werden, sondern ein politischer Spielraum zu Grunde liegt. Beispielsweise gibt es bei der Berechnung für griechische Staatsanleihen keine Risikoabschläge, obwohl diese, wie wir ja wissen, absolut nicht ausfallgesichert sind.
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von JackieZ
#1076112
taht hat geschrieben: Wie schon erwähnt, spekulier(t)en einige Banken wohl sogar eher auf den Totalausfall der Forderungen bzw. eine Pleite Griechenlands, weil dann ihre CDS auf Griechenlandinvestments ausgelöst worden wären (die Zahl solcher Verträge soll seit 2009 wohl massiv gestiegen sein).
Außerdem haben alle französischen Großbanken schon 2011 ihre griechischen Staatsanleihen erfolgswirksam abgeschrieben (im Falle der BNP 75% Wertberichtigung), sodass man sehr wohl auf den Schuldenschnitt vorbereitet war. Da diese Banken trotzdem noch Gewinne verzeichneten und auch die erhöhten Kapitalanforderungen erfüllen, steht die Frage nach einer Rettung überhaupt nicht im Raum.
Na zum Glück haben die Zentralbanken dem Druck der Banken längst nachgegeben. Unter normalen (vernünftigen) Umständen wäre der Bankenmarkt nämlich schon bereinigt worden und der Dexia-Pleite wären noch einige mehr gefolgt. Eine mögliche Bankenrettung haben die Zentralbanken damit geschickt umgangen, indem sie die Geldpolitik so extrem gelockert haben. Eine erneute Bankenrettung könnte man der Bevölkerung auch garnicht mehr verkaufen - ein Leitzins nahe null und Zentralbankgeld, was den Banken quasi hinterhergeworfen wird, ist mittlerweile das Instrument der Wahl. Ob die Gelddruckmaschine die realwirtschaftlichen Probleme lösen kann, ist aber höchst fraglich.

Ein positives Gegenbeispiel ist Island - das erste Land, was von der Staatsschuldenkrise betroffen war. Island bekam kein Rettungspaket und wurde marktgerecht bereinigt. Man ließ die Banken Pleite gehen und Forderungen ausfallen, und mittlerweile ist Island wieder auf dem Weg der Besserung. Erst kürzlich gab es eine Heraufstufung durch Fitch. Und das alles, während im Rest von Europa ein Rettungspaket das nächste- und eine Herabstufung die nächste jagt. Schon kurios, oder?
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von phreeak
#1076461
Ohne viel Ahnung würd ich jetzt mal behaupten, das so kleine Länder wie Island es einfacher haben, als Länder die 100x soviele Einwohner haben und alles mehr ineinander hängt.
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von JackieZ
#1076525
phreeak hat geschrieben:Ohne viel Ahnung würd ich jetzt mal behaupten, das so kleine Länder wie Island es einfacher haben, als Länder die 100x soviele Einwohner haben und alles mehr ineinander hängt.
Das beschleunigt den Prozess natürlich. Hauptunterschied ist aber, dass Island nicht gerettet wurde und Gläubiger für ihre leichtfertig vergebenen Kredite alleine geradestehen mussten - so wie es die Prinzipien des Marktes eigentlich auch verlangen. Was ich damit sagen will: durch die Rettungsaktionen und die lockere Geldpolitik in der Eurozone (sowie vor allem in den USA) werden die fundamentalen Probleme ja nicht gelöst, sondern der "Judgement Day" nur nach hinten geschoben. Am Beispiel Islands sieht man aber, dass das Land nach seiner Pleite in keine tiefe Rezession gestürzt ist und die Leute sich nicht gegenseitig aufgegessen haben. Im Gegenteil, das Land hat sich recht flott erholt. Warum ist das für die Eurozone keine Option? Stichwort: "Kontrollierte Pleite"
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von 2Pac
#1076613
Island ist aber finazwirtschaftlich genau so relevant wie Albanien oder Äquatorialguinea. Also völlig unbedeutend. Das BIP beträgt nicht mehr als 12,1 Mrd. US-$. Da ist klar das keine Bank daran pleite geht und der befürchtete Dominoeffekt ausgelöst wird. Bei Griechenland würde der Dominoeffekt den Rest der global vernetzten Banken mit in den Sumpf reißen.
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von JackieZ
#1076669
2Pac hat geschrieben:Island ist aber finazwirtschaftlich genau so relevant wie Albanien oder Äquatorialguinea. Also völlig unbedeutend. Das BIP beträgt nicht mehr als 12,1 Mrd. US-$. Da ist klar das keine Bank daran pleite geht und der befürchtete Dominoeffekt ausgelöst wird. Bei Griechenland würde der Dominoeffekt den Rest der global vernetzten Banken mit in den Sumpf reißen.
Das würde bei Griechenland ebenso wenig passieren, wie bei Island. Die Griechenland-Pleite haben die meisten Gläubiger mittlerweile schon eingepreist, und auch die Märkte würden davon nur noch geringfügig geschockt werden.
Das Beispiel Island zeigt doch aber, dass ein Staatsbankrott und mithin eine Pleite fast aller inländischer Privatunternehmen nicht das Ende sein muss. Und selbstverständlich haben bei der Island-Pleite auch ausländische Investoren ihr Geld verloren - auch deutsche.

Den Dominoeffekt bei Griechenland sehe ich da eher in die andere Richtung: wenn die griechische Bevölkerung es schafft, sich gegen die Sparbemühungen zur Wehr zu setzen, warum sollten dann Italiener, Spanier oder Portugiesen das über sich ergehen lassen? Wenn's eng wird und deren Regierungen auch ernsthafte Einschnitte beschließen, werden auch dort die Menschen auf die Straße gehen und sich dagegen weigern. Und dann wird der Rest von Europa das wieder bezahlen dürfen. Damit werden die Verhältnisse immer prekärer und niemandem ist geholfen.
Ich sehe also langfristig keine andere Alternative, als diese Staaten pleite gehen zu lassen und die bittere Pille der damit einhergehenden Folgen zu schlucken.
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von Eisbär
#1076895
JackieZ hat geschrieben: Den Dominoeffekt bei Griechenland sehe ich da eher in die andere Richtung: wenn die griechische Bevölkerung es schafft, sich gegen die Sparbemühungen zur Wehr zu setzen, warum sollten dann Italiener, Spanier oder Portugiesen das über sich ergehen lassen? Wenn's eng wird und deren Regierungen auch ernsthafte Einschnitte beschließen, werden auch dort die Menschen auf die Straße gehen und sich dagegen weigern. Und dann wird der Rest von Europa das wieder bezahlen dürfen. Damit werden die Verhältnisse immer prekärer und niemandem ist geholfen.
Ich sehe also langfristig keine andere Alternative, als diese Staaten pleite gehen zu lassen und die bittere Pille der damit einhergehenden Folgen zu schlucken.
Ich sehe den Dominoeffekt in anderer Richtung:
Wenn die griechische Bevölkerung nicht mit ihrem Establishment aufzuräumen vermag und dort zeitnah demokratische Zustände etablieren kann, wird DAS auf die Nachbarländer übergreifen.

Ein Zeichen an die europäischen Kleptokrateneliten:
Seht, ihr könnt so korrupt sein wie ihr wollt, ihr müsst für eurer Handeln keine Verantwortung übernehmen!
Die Bevölkerung wehrt sich nicht, ihr könnt sie schamlos plündern!

Dass die angewandte Austeritätspolitik gar nicht funktionieren KANN (der Entzug von Massenkaufkraft muss logischerweise in eine Rezession führen), die griechische Wirtschaft also nie selbstständig aus der Krise hinauswachsen kann, weiss ja sogar der IWF selbst.
Da arbeiten ja nicht nur völlig hirnverbrannte Vollidioten.

Es scheint Kapital- und Machtinteressen zu geben, die sich gegen die Vernunft bestens durchsetzen können.

Und so wird Griechenland nicht aus der Misere geholfen, im Gegenteil, sondern dafür gesorgt, dass auch noch ein paar Nachfolgegeneration bzw. Staaten die so dumm waren, für GR zu bürgen, via Zinses-Zins ruiniert werden und nochmehr in Abhängigkeit der Finanzmärkte bzw. vermögender Kreise gebracht.
Politische Partizipation und sozialen Fortschritt der über Jahrzehnte blutig errungen wurde, werden dabei ganz selbstverständlich abgewickelt.
Sowas wird in einer "marktkonformen Demokratie" (Merkel) nicht gebraucht.
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von JackieZ
#1077232
Ich hätte es zwar nicht so dramatisch ausgedrückt, aber im Prinzip ist das genau, was ich sage. Verschiedene Kräfte (auch deutsche) handeln bezüglich der Griechenland-Hilfen ausschließlich aus Eigeninteresse. Dadurch wird Griechenland aber nachhaltig nicht geholfen, sondern nur noch mehr in den Teufelskreis geschubst. Daher kann Griechenland nachhaltig bzw. langfristig nur mit einer Pleite geholfen werden.
von Trötenflöter
#1077369
Es folgt ein Roman..

Zunächst zum Thema Island:
JackieZ hat geschrieben: Ein positives Gegenbeispiel ist Island - das erste Land, was von der Staatsschuldenkrise betroffen war.
Der Vergleich hinkt, wo er nur hinken kann. Erstens gab es in Island keine Staatsschuldenkrise und keinen Staatsbankrott. Die Krise Islands ist/war eine Währungs-und Bankenkrise und steht damit unter völligen anderen Vorrausetzungen.
Wenn man es unbedingt auf einen Vergleich anlegt, dann kann man Island mit Irland vergleichen. Auch dort war eine Bankenkrise ausschlaggebend für die derzeitigen Probleme und auch dort gab es ein großes Leistungsbilanzdefizit aufgrund des hohen Kapitalimports. Letzteres ist enorm wichtig, denn die isländichen Banken entschlossen sich, nur das inländische Kapital zu retten. Ausländische (Privat-)gläubiger gingen leer aus. Das heißt, dass bei dieser Bankenkrise die inländische Wirtschaft sehr viel weniger getroffen war. In Griechenland hingegen halten die inländischen Banken zum Großteil inländische Forderungen (dazu später noch mehr).

Zweitens waren die Staatschulden in Irland und Island zu Beginn der Krise relativ niedrig. Erst im weiteren Verlauf erreichten sie ein stark überdurchschnittliches Niveau. Diesen Puffer gibt es in Griechenland nicht. Konjunkturpakete und ähnliches sind dort nahezu unvorstellbar.

Drittens befindet sich der Lebensstandard Islands und die Wirtschaftskraft pro Kopf auf einem ähnlichen Niveau wie Deutschland. Dass ein solches Land sich sehr viel schneller von einer Krise erholt, ist nur logisch.

Viertens ist Island kein EU-Mitgliedsstaat und auch nicht abhängig von der EZB oder dem EURO-Wechselkurs. So war es möglich, die völlig überbewertete isländische Währung abzuwerten und somit die Grundlage für einen Neuanfang zu schaffen.

Fünftens:
JackieZ hat geschrieben:Island bekam kein Rettungspaket und wurde marktgerecht bereinigt.
Das stimmt nicht. Island bekam Überbrückungskredite und Rettungspakete vom IWF, Großbritannien und auch Deutschland. Nur hat man hierzulande eben kaum was von den Hilfspaketen in Höhe des halben BIPs Islands mitbekommen, aufgrund der verschwindend geringen absoluten Höhe.
Auch wurden Islands Banken nicht "marktgerecht bereinigt", denn der isländische Staat hat alle drei Großbanken und deren isländische Vermögenswerte und Schulden übernommen. Für Ansprüche aus isländischen Einlagensicherungsfonds kam zum Teil ebenfalls der Staat auf.
Die Verpflichtungen der Einlagensicherungsfonds für isländische Tochterbanken in GB und Holland übernahmen die jeweiligen Länder und zwar unter enormen diplomatischen Spannungen. Ohne die IWF-Kredite wäre Island längst nicht so glimpflich davon gekommen.
JackieZ hat geschrieben:Das Beispiel Island zeigt doch aber, dass ein Staatsbankrott und mithin eine Pleite fast aller inländischer Privatunternehmen nicht das Ende sein muss.
Wie oben bereits erwähnt, gab es keinen Staatsbankrott und wo du das mit "fast allen isländichen Privatunternehmen" her hast, weiß ich nicht.

Wenn man Griechenland mit einer Staatspleite vergleichen will, dann mit Argentinien 2001. Sowohl bei der Höhe der Staatsschulden als auch der zu starken Währung lassen sich Parallelen finden. Wenn man sich die Entwicklung Argentiniens anschaut, liese sich für Griechenland ein ähnliches Szenario konstruieren: 2-3 Jahre den Status eines Entwicklungslandes (wirtschaftlich und sozial) annehmen und danach wieder nach vorn blicken.

Nur liegen die Fakten in Griechenland anders: Zunächst bestanden die Verpflichtungen Argentiniens, wenn man vom IWF absieht, hauptsächlich gegenüber Privatgläubigern. Auch in Argentinien gab es einen Schuldenschnitt dieser Verpflichtungen. Supranationale Institutionen wie der IWF bestehen hingegen auch nach einem Staatsbankrott in aller Regel auf die Erfüllung der Verpflichtungen und genau dieser Punkt ist für Griechenland problematisch.
Selbst wenn Griechenland einen hundertprozentigen Schuldenschnitt bei den Privatgläubigern durchführen würde, bliebe, durch die ganzen Hilfspakete, ein Schuldenberg gegenüber institutionellen Gläubigern. Würde Griechenland noch dazu aus dem Euro austreten, stiegen diese Euro-Verpflichtungen wiederum um ein Vielfaches durch die Abwertung der neueingeführten Drachme.
Würde Griechenland auch seine Verpflichtungen gegenüber institutionellen Gläubigern nicht mehr erfüllen, dürfte es eng werden in der EURO-Zone: Nicht nur, dass die EZB selbst griechische Staatsanleihen im Wert von 50Mrd.€ hält, was übrigens einem Vielfachen des gezeichneten Kapitals der EZB entspricht, sie gewährt den Banken im Rahmen der Offenmarktpolitik auch die Hinterlegung griechischer Staatsanleihen als Sicherheit. Gingen also Banken mit griechischen Staatsanleihen im Zuge der Griechenlandpleite bankrott, könnten nicht einmal deren Sicherheiten verwertet werden.
Und das bringt uns gleich zum nächsten Thema: Die Griechischen Banken. Wie eine Quelle im Juni 2011 berichtete, übersteigen die griechischen Staatsanleihen im Besitz griechischer Banken teilweise das Sechsfache des Eigenkapitals dieser Banken. Und hier kommen wir eben auf den Unterschied zu Island, wo die Banken großteils auslandsverschuldet waren, zurück: Ein "Pleitegehenlassen" betrifft zum großen Teil auch die inländische Wirtschaft. Zur Staatspleite käme eine massive Bankenpleite in Griechenland hinzu, die die Wirtschaft auf absehbare Zeit lähmen würde und die Refinanzierung Griechenlands aus privater Hand nahezu unmöglich machen dürfte. Dies könnte dementsprechend auch dazu führen, dass die restlichen PIIGS-Staaten privat nicht mehr refinanziert werden, weil z.B. keiner mehr ihre Staatsanleihen kaufen möchte. Die Folge: Wiederum müssten EZB und EU-Staaten einspringen, fraglich ist nur, ob das noch vermittelbar wäre, nachdem man in Griechenland hunderte Milliarden verbraten hat.
Eisbär hat geschrieben:Dass die angewandte Austeritätspolitik gar nicht funktionieren KANN (der Entzug von Massenkaufkraft muss logischerweise in eine Rezession führen), die griechische Wirtschaft also nie selbstständig aus der Krise hinauswachsen kann, weiss ja sogar der IWF selbst.
Das ist schon möglich. Argentinien wäre da wieder ein Beispiel (wenn auch kein sonderlich gutes, bedenkt man die sozialen Missstände im Land). Allerdings ist das tatsächlich wenig hilfreich, wenn man nicht an der strukturellen Unwirtschaftlichkeit des Landes ansetzt. In meinen Augen braucht Griechenland eine deutlich schwächere Währung, um auf einen grünen Zweig zu kommen. Dadurch könnte zunächst die Reduzierung des Leistungsbilanzdefizits angegangen werden, indem man die Exportwirtschaft und der Tourismus fördert. Nur ist das eben ein Teufelskreis. Wie oben schon geschrieben, würde die Wiedereinführung der Drachme durch die Vielzahl institutioneller Gläubiger wahrscheinlich sogar noch gegenteilige Wirkungen entfalten.
Andererseits ist aber eine immense Euro-Abwertung unrealistisch und würde dem Rest der Euro-Zone auch nicht unbedingt gut tun. Ich möchte jedenfalls gerade nicht solche Entscheidungen treffen müssen. Normalerweise bin ich der Letzte, der Subventionen gut heißt, doch in diesem Fall ist die Lage viel zu verzwickt, als dass man sich einfach hinstellen und sagen kann "wir geben euch jetzt nichts mehr".

Und schließlich noch dazu:
Eisbär hat geschrieben:Wenn die griechische Bevölkerung nicht mit ihrem Establishment aufzuräumen vermag und dort zeitnah demokratische Zustände etablieren kann, wird DAS auf die Nachbarländer übergreifen.
Ich halte es, diplomatisch ausgedrückt, für sehr idealistisch, die griechische Bevölkerung hier vorwurfslos gehen zu lassen. Schließlich hat sie über Jahre von der laxen Steuerpolitik des Staats profitiert und mit einem Selbstverständnis ihre Gehaltsschecks in bar, natürlich ohne Steuerabzug, kassiert. Nach 10 Jahren gibt es dann halt Steueramnestie und kein Mensch interessiert sich mehr dafür, dass diese Gelder ja vielleicht notwendig wären für Infrastruktur oder Sozialsysteme. Man vermutet ein Drittel des BIPs in der Schattenwirtschaft Griechenlands - auf Kosten ausländischer (institutioneller) Gläubiger. Da betrifft der Egoismus des "Establishments" ja wohl die ganze Bevölkerung.
Zuletzt geändert von Trötenflöter am So 26. Feb 2012, 13:53, insgesamt 1-mal geändert.
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von JackieZ
#1077385
bezüglich Island: du musst da garnicht so sehr ins Detail gehen. Die einzige Message die ich damit verband war, dass eine Pleite nicht den wirtschaftlichen Tod eines Landes bedeuten muss. Bei Griechenland ist ja nicht mehr die Frage, ob die Verbindlichkeiten- ob privater oder institutioneller Natur - ausfallen, sondern nur noch wann? Da widerspricht es doch der Logik, dass diese Verbindlichkeiten sogar noch erhöht werden, und als einzige Bedingung Sparmaßnahmen im Land gefordert werden, die es auf lange Sicht nicht wettbewerbsfähiger machen, sondern das genaue Gegenteil bewirken.
Zu den isländischen Privat-Pleiten: das habe ich in einem ftd-Artikel gelesen, in dem einige der größten isländischen Unternehmen genannt waren, die infolge der Krise ebenfalls Insolvenz anmelden mussten (u.a. auch wegen Zahlungsausfällen von riskanten Investments in Verbindung mit inländischen Banken... so gesehen waren da wohl nicht alle Vermögenswerte der Inländer besichert).
Desweiteren würde mich mal interessieren, wo man solche detaillierten Infos über die Island-Krise bekommt bzw. wie lange man dafür recherchieren muss :shock:
taht hat geschrieben:Normalerweise bin ich der Letzte, der Subventionen gut heißt, doch in diesem Fall ist die Lage viel zu verzwickt, als dass man sich einfach hinstellen und sagen kann "wir geben euch jetzt nichts mehr".
Da bin ich ganz deiner Meinung. Nur kann die Lösung auch nicht die gegenwärtige sein, dass Rettungspakete geschnürt werden, mit denen die Ursache der griechischen Misere nicht bekämpft werden, sondern lediglich Zeit gewonnen wird. Das kann man sicherlich noch jahrelang so weiter betreiben, aber der große Knall- der unweigerlich kommen muss - wird damit nur noch heftiger. Die VWL nennt das "intergenerationale Lastverschiebung"... ich bin leider kein Freund davon :(
von Sentinel2003
#1078288
Heutefrüh bei "volle Kanne" wurde ja schon geunkt, dass es nicht das letzte Geldpaket für Griechenland war....
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von acid
#1082108
Wozu gab es bei der Wahl in Russland eigentlich internationale Beobachter (schon interessant, das es da welche geben muss), wenn deren Beobachtungen dann nur zur Kenntnis genommen werden?
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von rosebowl
#1082331
Das frage ich mich auch... Wahrscheinlich, weil Putin so ein "lupenreiner Demokrat" ist... :P
von Trötenflöter
#1085770
http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/g ... 91122.html

Hier mal ein gutes Beispiel zum einseitigen "Qualitätsjournalismus" deutscher Medien (und das poste ich hier nun nicht gerade als Fan von Apple). Zwar geschah der Vorfall in den USA, doch reihen sich die deutschen Medien ebenso in die Schlange derer ein, die sehr deutliche Worte zu diesem Vorfall fanden und ohne eigene Überprüfungen übernahmen.
Nun möchte ich hier keine Verschwörungstheorie aufstellen und behaupten, dass bewusst gelogen wird (dass man chinesische Arbeitsbedingungen häufig nicht mit deutschen vergleichen kann, liegt auf der Hand), doch gerade im Bereich Ostasien stolpert man immerwieder über Halbwahrheiten, die sich schon beim einfachen Kontakt mit dort lebenden Menschen als unzutreffend herausstellen. Bestes Beispiel dafür sind die vielen Reportagen zur Erdbeben-Katastrophe in Japan, die die Stimmung der Bevölkerung überhaupt nicht aufnehmen, sondern das behaupten, was dem deutschen Zeitgeist entspricht.
Noch schlimmer ist das bei Berichten über China, in denen oftmals nicht sein kann, was nicht sein darf und häufig selbst bei eigentlich objektiven Meldungen ein pseudo-moralisches "Geschmäckle" mitschwingt.
Insbesondere SPON scheint für sowas ein Händchen zu haben. Allein, dass die obige Meldung der SPON-Redaktion nur einen kleinen Artikel im Bereich "Netzwelt" wert war, während man vorher dutzendfach über die Vorfälle in anderen Ressorts berichtete, ist bemerkenswert.
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von JackieZ
#1085885
Das war auch 2008 zu den Olympischen Spielen so. Bei den ZDF-Übertragungen rückten oftmals die sportlichen Ereignisse in den Hintergrund, wenn Kerner und Hohenstein täglich die "menschenunwürdigen Bedingungen" im Land anprangerten. Der permanent erhobene Zeigefinger ging mir schon damals extrem auf den Keks. Informationen die man über asiatische Länder erhält werden von den Medien oftmals stark gefiltert und verfälscht - aber das ist ja eigentlich in allen Bereichen so.
Für China-kritische Meldungen sind die Medien jedenfalls immer sehr empfänglich...
von Wastl
#1118897
Kann mir jemand sagen warum die UNO eigentlich mal auf die Idee kam eine Resolution zu verabschieden in der Großbritanien und Argentinien aufgefordert wurden den Streit um die Falklandinseln durch Verhandlung zu beenden?

Ich wüßte nicht was es da groß zu verhandeln gibt. Die Insel war menschenleer bis die Franzosen kamen, dann kamen die Briten hinzu. Die Franzosen haben ihre Gebiete an die Spanier verkauft. Die Spanier mußten die Insel im "Argentinischen" Unabhängigkeitskrieg räumen, die Briten haben aber immer noch Anspruch auf die Inseln erhoben. Dann haben die Argentinier über Umwege versucht die Inseln zu besiedeln, der Verwalter hat sich mit den falschen angelegt und wurde durch die US-Navy vertrieben. Die erklärten die Inseln zum Niemandsland, bevor die Briten zurückkamen und sich wieder auf der Insel angesiedelt haben. Die ganze Zeit über war Argentinien weder offiziell unabhängig noch hatte man die Inseln jemals wirklich besiedelt.

Die Briten haben also einen älteren Anspruch und die Tatsache das praktisch sämtliche Einwohner Briten oder britischer Abstammung sind auf ihrer Seite, wie genau kommt Argentinien also darauf das die Insel ihnen gehören müßte?

Den Briten Kolonialismus vorzuwerfen ist schon sehr scheinheilig, wenn man selbst nichts anderes tun würde. Davon das man Menschen dazu zwingen würde zu einem Staat zu gehören mit dem sie absolut nichts zu tun haben mal ganz abgesehen. Schon witzig das sie jetzt wieder verstärkt damit kommen, wo doch Öl- und Gasvorkommen in dem Gebiet gefunden wurden. Das ist bestimmt reiner Zufall... :roll:

Gebietsansprüche kann man ja noch irgendwie verstehen wenn die Gebiete lange Zeit zu einem gehörten, aber doch nicht wenn man nie wirklich da war. Da hätte ja selbst Deutschland einen logischeren Anspruch auf irgendwelche Pazifikinseln...
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von Maddi
#1179756
Herzlichen Glückwunsch, Kim Jong Un :!: :mrgreen:

http://www.spiegel.de/politik/ausland/k ... 69574.html
Peking - Kim Jong Un hat einfach alles: Macht, Masse und vor allem Sex-Appeal. Da kann man schon mal ins Schwärmen geraten - und eine Satiremeldung für voll nehmen. Dass Nordkoreas Diktator Kim Jong Un zum "Sexiest Man Alive" des Jahres 2012 gewählt wurde, hielt die Website der chinesischen Zeitung "People's Daily" offenbar für ziemlich plausibel. Das Portal nahm eine entsprechende Spaßauszeichnung der US-Satire-Website The Onion wörtlich und widmete der Geschichte in der Rubrik "Internationales" einen Artikel. Dazu stellte die Zeitung 55 Fotos des jungen nordkoreanischen Machthabers.

Den Titel des erotischsten Mannes des Jahres habe die US-Webseite The Onion Kim verliehen, schrieb das Blatt - ohne satirischen Hintergrund. Der Artikel erschien sowohl in der chinesischen, als auch in der englischen Version der Zeitung. "Mit seinem umwerfend hübschen, runden Gesicht, seinem jungenhaften Charme und seiner starken, stämmigen Figur ist dieser Herzensbrecher aus Pjöngjang der wahrgewordene Traum aller Frauen", zitierte die chinesische Zeitung aus dem Originaltext der Satire-Webseite.
Kim sei "gesegnet mit einer Aura des Mächtigen, die eine unverwechselbare niedliche, kuschelige Seite" verberge, heißt es weiter. Er habe die Zeitung "mit seinem einwandfreien Sinn für Mode, seinem schicken Kurzhaarschnitt und, natürlich, seinem berühmten Lächeln zum Schwärmen gebracht". "People's Daily" zitierte die angebliche Stilexpertin "Marissa Blake-Zweiber" von The Onion mit lobenden Worten über Kim: "Er hat diese seltene Fähigkeit, zugleich jemand völlig Liebenswertes und komplett Machomäßiges zu sein."
von Andelko
#1217508
Ich denke hier passt es rein.

Venezuelas Präsident Hugo Chavez ist Tot!Er hat den Kampf gegen den Krebs verloren
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