Danke mal für den spannenden Beitrag, aber da sind ein paar Schlussfolgerungen denen ich nicht zustimme dabei.
RickyFitts hat geschrieben:Ich finde es ein bisschen befremdlich wie oft in dieser Diskussion unter dem Stichwort Effekte die visuelle Alterung der Streifen erwähnt wird. Das ist doch so ziemlich der letzte Aspekt, der irgendeine Bedeutung hat. Und je nach Film sind die Effekte sogar verdammt gut gealtert. Star Wars sieht auch heute noch gut aus - nicht überragend, aber gut. Die technische Höhe ist noch mehr zu vernachlässigen, je besser das Art Design dahinter ist - siehe Blade Runner, das immer noch fantastisch aussieht und stilprägend ist.
Ich halte die beiden Beispiele für besonders schlecht, weil Star Wars und Blade Runner beide über die Jahre visuell verändert wurden. SW natürlich deutlich stärker aber es bleibt natürlich die Frage welche Versionen man gesehen hat und inwiefern es den eigenen Eindruck von der visuellen Qualität der Filme beeinflusst hat. Ich bin mir zum Beispiel nicht sicher ob ich SW jemals in der Originalfassung gesehen habe, da ja bereits 1997 die Fassungen mit den neuen Effekten erschienen sind.
Die Bindung an die Entstehungszeit ist da tatsächlich schon ein wichtigerer Faktor. Hier ist eben entscheidend wie wichtig der zeithistorische Kontext für den Film ist und ob dieser Kontext heute noch eine Bedeutung hat, ohne dass ich mich in meiner Rezeptionshaltung bewusst in dessen Entstehungszeit zurückfinden und einfühlen muss. Das kickt Easy Rider in meinen Augen ganz deutlich von der Liste der zeitlosen Klassiker. Apocalypse Now ist allerdings tricky. Denn das ist im Kern eine Adaption des Literaturklassikers Heart of Darkness, der man den Vietnam-Kontext übergestreift hat. Man hat hier also eine Geschichte aus der Zeit der Englischen Afrika-Kolonial-Expanision ins nächste Jahrhundert verfrachtet und für seine Zeit damals wieder hochaktuell werden lassen. Also muss am zu Grunde liegenden Plot und ihren Figuren ja wohl etwas zeitloses dran sein.
Noch deutlicheres Beispiel für das gleiche Phänomen: Gefährliche Liebschaften und Eiskalte Engel. Hier hat der Plot eines Feudal-Höfischen-Ränkespiels bzw als Film eines Kostümschinkens eine immer noch sehr werknahe Gegenwartsadaption erhalten, die als Highschool-Teenie-Liebesdrama plötzlich zum Riesenhit bei den jungen Zuschauern wurde. Das sagt uns doch eigentlich, dass der zeithistorische Kontext auch gar nicht so entscheidend ist, wenn im Kern eine Geschichte steckt, die universell menschlich ist und uns emotionalen Zugang zu ihren Charakteren ermöglicht. Genau das, was Filmwissenschaftler und Kritiker so an Casablanca loben. Der zeithistorische Kontext ist da im Grunde nebensächlich.
Dem würde ich auch nicht zustimmen, da eigentlich jeder Film universale Themen anspricht und im Kern immer eine Geschichte erzählt die auf jahrhunderte alte Geschichten zurück gehen. Da muss natürlich das Buch "The Hero with a Thousand Faces" erwähnt werden, wo die meisten epischen Heldengeschichten auf eine Linie runter gebrochen werden.
Ich würde behaupten, dass auch Easy Rider Themen hat die jeden ansprechen. Freiheit, der Drang anders zu sein, die Willkür des Lebens usw.. Die Essenz eines Filmes ist es doch, universale Themen zu erzählenen, sie aber in einem neuen Aufzug zu präsentieren. Wobei du natürlich recht damit hast, dass es variiert wie sehr diese Themen herauskommen, in Relation zu dem historischen Kontext.
Ein weiterer Faktor den du zwar ansprichst, aber meiner Meinung nach vielleicht ein wenig vernachlässigst ist die Frage der Sehgewohnheit. Ja, die heute berühmten Filme aus den späten 60ern und 70ern (New Hollywood) waren oft extrem langsame, experimentelle Filme die halt zum Teil heute nicht mehr funktionieren. Aber auch Schnitttechnik, Kameraführung, Dramaturgie usw. wirkt auch mich zum Teil überholt. Da kommen für mich viele Faktoren zusammen, die der "Genialität" die ein Film gehabt haben mag, entgegen wirken.
Die Golden Age Filme sind um einiges "broader" und leichter zu verfolgen, allerdings meiner Meinung nach auch unergibig. Ich quäle mich lieber durch den Exorzisten und kriege ein paar unbeschreiblich wirkungsvolle Szenen heraus, als einunhalb Stunden das lieblose Audiencepandering von Casablanca. Da gibt es meiner Meinung nach nicht viel zu loben, klar der Film erzählt eine zeitlose Liebesgeschichte. Aber dementsprechend auch eine uninteressante und nicht besonders originelle.
Deswegen würde ich dann auch deinem Umkehrschluss nicht folgen, oder sagen, dass es sich hier weniger um gutes altern handelt, als um den erzählerisch kleinsten Gemeinsamen Nenner (zB. Love against all Odds/am Ende das richtige tun) den jeder Mensch egal von welchem Hintergrund versteht.
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