- Di 16. Jul 2013, 14:46
#1265504
Bioshock Infinite
Hmpf, das war aber ein bisschen weniger als erwartet, sowohl im Umfang als auch in der Qualität. BI hätte wirklich ein erstklassiges Spiel werden können, doch wirklich jeder einzelne Aspekt hat so seine mittelschweren ABERs.
Grafik:
Prächtige Wolkenstadt, farbenprächtiger art style, Architektur ein Mix aus Kolonial und Art Deko. ABER: kaum Abwechslung. Es sieht irgendwie überall gleich aus. Außerdem hält das Spiel in den mittleren und späteren Levels nicht mehr das Niveau das Anfangs. Es wirkt alles immer mehr mit dem groben Pinsel ausgestaltet.
Leveldesign:
Gut ist, dass es viel zu finden und entdecken gibt. Leider gehören dazu auch die gröber ausstaffierten Räume. Wenige von den Locations im Spiel wirken glaubhaft bewohnt. Level wirken wenig individuell, wodurch ich teils auch mit Orientierungsproblemen zu kämpfen hatte und unangenehm häufig auf den Pfeil zum nächsten Wegpunkt angewiesen war.
Sound:
Die Effekte gehen in Ordnung, allerdings nervt das Gedudel der Automaten im inzwischen 3. Bioshock Spiel doch gewaltig. Die Musikuntermalung ist leider sehr flach und enttäuschend nach den stärkeren Vorgängern.
Gameplay:
Eigentlich nur ein ziemlich durchschnittlicher Shooter. Die Waffen sind vollkommen unorigineller Standardkram, nicht eine als besonders herausstechende Waffe gibt es im ganzen Spiel. Das hätte man mit den Plasmid-Fähigkeiten ausgleichen können, aber die sind eine noch größere Enttäuschung. Sie sind allesamt unspektakulär, unoriginell und auch noch so schwach, dass man sie eigentlich kaum braucht. Minispiele sind diesmal gleich ganz gestrichen: kein Hacking mehr. Auch an sonstiger Levelinterkation gibt es außer Türen öffnen und an Automaten Upgrades kaufen kaum noch was zu tun. Hier und da, darf man mal eine Ölpfütze in Brand oder eine Wasserlache unter Strom setzen. Das Schienensystem der Stadt, das in den ersten Trailern noch viel zu sehen war, wurde als Idee merklich sehr stark zurückgefahren und ist nur noch ein kleines Gimmick. Wichtiger sind da schon die zusätzlichen Deckungen, Geschütze oder Supplykisten, die man sich "beschwören" lassen kann. Rätsel gibt es allerdings gar keine und anders als in den beiden Vorgängern muss man auch so gut wie nirgens mehr Plasmide einsetzen, um wirklich weiter zu kommen. Da hätten ein paar Physik- und Elementpuzzeleien eigentlich sehr gut gepasst, um die etwas dröge Ballerei aufzulockern. Die Shooterkernmechaniken sind ordentlich umgesetzt, aber die Gegner sind schlapp. Wie schon in den Vorgängern verbringt die dümmliche KI extrem viel Zeit damit wie aufgescheuchte Hühner durch den Level zu rennen und Stellung zu beziehen, bevor sie endlich mal anfangen auf mich zu feuern. Dabei rennen sie mir auch gerne zwei Mal am offenen Lauf vorbei. Ebenfalls schwach ist aber auch das Design der Gegner. Kaum besondere oder abweichende Verhaltensweisen oder kreative Gegnertypen. Mächtigere Gegner heißt in BI einfach nur: hat mehr Hitpoints, ne dickere Waffe und bewegt sich träge. Bosskämpfe gibt es keine, entsprechend generisch und schlapp fällt daher auch das Finale aus.
Story:
Endlich ein wirklich sehr positiver Punkt. BI erzählt eine interessante Science Fiction Geschichte quer durch Raum und Zeit, wobei Elisabeth ein glaubwürdiges und toll gestaltetes Bindeglied ist. Und es gibt wieder einen dicken und ein paar kleine schöne Twist. Aber auch hier muss ich meckern: wieder gibt es zu wenig Charaktere, mit denen man direkt interagieren kann. BI erzählt der schlechten Tradition der Reihe folgend seine gute Geschichte leider mit teils sehr billigen Mitteln: Audiologs und Lautsprecherdurchsagen. Das wirkt dann unglücklicherweise sehr statisch und auch viel zu monologisch, um mich voll mitzureißen. Da erzählen etliche moderne Shooter ihre Story wesentlich direkter und narrativ besser (zB Spec Ops The Line oder Dishonored). So hat BI eigentlich nur 4 wirklich greifbare Charaktere und der Rest labert irgendwelches Zeug aus irgendwelchen verschrammelten Aufnahmen. Sowas passt vielleicht noch in ein verlassenes post-katastrophe setting wie in Rapture oder bei Dead Space, aber nicht in eine anfangs so belebte Wolkenstadt
Fazit:
Warum das Spiel so gefeiert wird, kann ich kaum nachvollziehen. Es ist ein solider Shooter mit einem interessanten Setting und einer sehr guten Story, aber auch stellenweise schlapper Präsentation, langweiligen Waffen, uninspirierten Gegnern mit mauer KI, mäßigem Leveldesign auf trotzdem zu kleinen Karten (häufige Ladepausen, sehr begrenzte Gleitschienenstrecken). Wäre Bioshock: Infinite das SPIEL nur genauso ambitioniert wie seine Story, hätte das ein tolles Game werden können. Dass man aber an Anfang und Ende jeweils gut 20 Minuten Pro- und Epilog ohne jede sinnvolle Spielerinteraktion erzählt bekommt, wirft in mir die Frage auf, ob Ken Levine sich nicht besser als Drehbuchautor betätigen sollte, statt auf seine tollen Ideen und Konzepte mittelmäßiges Gameplay draufzuwursten, bis ihm sogar das zu fad wird und er den Spieler nur noch von Szene zu Szene mitspazieren lässt.
6,5/10
"And in that moment, I swear we were infinite."