Delaoron hat geschrieben:Klar, ohne Fukushima (und Stuttgart 21) wären sie nie an die Macht gekommen. Aber die Baden-Württemberger scheinen nicht unzufrieden mit der Regierung zu sein (auch ohne Fukushima), die Grünen haben in Umfragen sogar noch zugelegt.
http://www.wahlrecht.de/umfragen/landta ... emberg.htm
In BaWü ist die Situation für die Grünen aber eine ganz andere als im Bund.
1. Hat man mit Kretschmann einen Ministerpräsidenten, der aufgrund seiner Positionen genauso gut CDU- oder FDP-Mitglied sein könnte. Daher auch der breite Konsens gegenüber seiner Person.
2. Ist die SPD in BaWü inhaltlich und personell besonders schwach. Beim Schlüsselthema des Wahlkampfes (Bildungspolitik), vermehrt sich der Widerstand. Der scheinbar komplett imkompetenten damaligen Kultusministerin legte man Anfang des Jahres den Rücktritt nahe. Das lässt den Grünen den Raum sich zu profilieren.
3. Sind die letzten beiden CDU-Ministerpräsidenten PR-technisch eine absolute Katastrophe gewesen und von einem Skandal in den anderen geschlittert. Kein Wunder, dass die Leute sich nach Alternativen umschauen.
Dennoch sollten sich die Bundes-Grünen ein wenig an den BaWü-Grünen orientieren. Ich verstehe nicht, wieso man ökologische Politik nur in Verbindung mit sozialdemokratischem Anstrich umsetzen kann. Die Grünen könnten eine tolle Partei für Bildungsbürgertum und Mittelschicht sein. Ihnen könnte eine Schlüsselrolle zukommen, wenn sie sich für Koalitionen mit CDU und FDP öffnen würden, doch geht das alles nicht, solange man gesellschafts- und wirtschaftspolitisch die SPD plus sein möchte.
Im Gegenteil - ein übereilter Atomausstieg, die Sanktionierung der Energieerzeuger, verstärkte Finanzmarktregulierung, usw. sorgen eher dafür, dass weniger in CO2-effiziente Kraftwerke investiert wird und gefährden die Versorgungssicherheit. Gaskraftwerke laufen aktuell schon nicht mehr kostendeckend, Kohlekraftwerke würden einen signifikanten (künstlich herbeigeführten) Anstieg der Preise für CO2-Zertifikate nicht überleben.
Einerseits steigen also die Kosten der Energieerzeugung, andererseits befinden sich die Börsenstrompreise auf einem absoluten Tiefpunkt. E.ON und RWE ziehen sich jetzt bereits immer stärker aus der Stromerzeugung zurück oder expandieren ins Ausland. Irgendjemand muss aber in die großen Offshore-Windparks investieren, die es braucht, um unser Land mit erneuerbaren Energien zu versorgen. Eine dezentrale Stromerzeugung liegt zwar im Trend, wird aber einen ausreichenden und schnellen Ausbau noch nicht gewährleisten können. Von den benötigten Investitionen in den Netzausbau ganz zu schweigen, die mit Sicherheit in irgendeiner Form, analog der EEG-Umlage, auf den Verbraucher zurückkommen werden.
Das Einspeisevergütungsmodell in Deutschland, das hauptsächlich auf die Grünen zurückgeht, war für viele Länder Vorbild beim Ausbau der Erneuerbaren Energien. Die Grünen täten gut daran, einen ihrer wenigen großen Würfe nicht kaputt zu sozialdemokratisieren.