Bist du Gläubig?

Ja
11
19%
Nein
40
70%
Ich bin mir nicht sicher
6
11%
von Donnie
#1352112
Ich bin evangelisch erzogen worden und wurde auch konfirmiert. Aber wirklich glauben an Gott tue ich nicht. Ich stelle es mir zwar beruhigend vor ernsthaft religiös zu sein und an etwas glauben zu können, auch weil ich sehe wie sehr es meiner recht religiösen Tante jeden Tag hilft, aber ich kann nicht gläubig sein. Dazu finde ich Religionen und ihre heiligen Schriften zu dubios. Am Ehesten kann ich mich noch mit Buddhismus identifizieren.
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von Sebb.
#1352271
Absolut nicht.
Habe die Konfirmation meinen Eltern zu liebe durchgezogen. Wenn ich allerdings die Kirchensteuer auf meiner Lohnabrechnung sehe und Leute die Ihren himmlischen Dünnfiff überall verbreiten, abgesehen von den Perversen in der Kirche werde ich bald austreten. Wütend macht mich auch die Dummheit von Leuten die, die Evolution leugnen und stattdessen an Stories glauben die von Uwe Boll stammen könnten, wobei.... :D
Passend dazu habe ich heute eine Einladung von den Zeugen Jehovas im Briefkasten gefunden, was mich schon leicht angesäuert hat. Wenn ich den Typ mit seinen schmierigen Fingern erwischt hätte wärs heute lustig geworden.... :D
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von ultimateslayer
#1352287
Ricky hat meine Meinung zu dem Thema eh schon wundervoll beschrieben, also kurz und knapp: Agnostiker.
von Andelko
#1353821
Ja ich bin gläubig.

Ich komme aus einer sehr gläubigen katholischen Familie. Meine Eltern haben uns auch katholisch erzogen. Aber ab einem gewissen Alter haben sie es uns überlassen ob wir weiter in die Kirche gehen oder nicht.

Ich geh selten aber regelmäßig in die Kirche.Ostern und Weihnachten ist ein Muss für mich. Meine Eltern gehen jeden Sonntag in die Kirche und beten viel. Das gibt ihnen Kraft. Ich selbst steh der katholischen Kirche auch kritisch gegenüber aber Papst Franziskus überzeugt mich immer mehr. Ich finds herrlich wie er die Kirche nach links gedreht hat :D
von Eva
#1362282
Ich möchte dem Forum durch diesen Thread mitteilen, dass ein bestimmter User gestern Abend sein von Sünden behaftetes Lotterleben aufgegeben hat, um von nun auf den Spuren des Erlösers zu wandeln. Ganz plötzlich hat er sich dazu entscheiden, auf diese Weise den Rest seines irdischen Daseins verbringen zu wollen. Vielleicht möchte er sich selbst zu diesem Schritt äußern, wenn er dazu bereit ist, die Bibel einen Moment beiseite zu legen.
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von Basil
#1362807
Andelko hat geschrieben:
Ich geh selten aber regelmäßig in die Kirche.Ostern und Weihnachten ist ein Muss für mich. Meine Eltern gehen jeden Sonntag in die Kirche und beten viel. Das gibt ihnen Kraft. Ich selbst steh der katholischen Kirche auch kritisch gegenüber aber Papst Franziskus überzeugt mich immer mehr. Ich finds herrlich wie er die Kirche nach links gedreht hat :D


Hm. Dieses ritualisierte Glaubensbekenntnis durch den Kirchengang habe ich nie verstanden, was vermutlich daher kommt, dass mir der erzieherische Background fehlt. Aber auch so, eine Übersteigung der eigenen Existenz habe ich bisher nur im Einssein mit der Natur erlebt, ohne drückende Gegensätze des alltäglichen Lebens. In einem einfachen "Sein". Vielleicht noch in der Liebe und der Musik. In meiner Himmelsvorstellung existieren Gut und Böse nicht, weil sie nie erfunden wurden. Wenn Glauben, dann wohl ein animistischer.
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von Kunstbanause
#1362808
Bei keinem Forenuser bin ich so hin- und hergerissen wie bei dir. Manchmal denk ich: Endlich jemand, der ähnlich freigeistig denkt und aus diesen Gründen oftmals sozial "inkompetent" agiert, sich allerdings eher "inkompatibel" fühlt (was mich dann denken lässt, yeah, mit dem könntest du bis spätnachts philosophieren), andererseits würde ich mir wünschen, dich würde der Blitz...
von Ghost
#1382450
Nein. Ich wurde nicht religiös erzogen und habe keinen Bezug zu Gott. Oder Göttern.
baumarktpflanze hat geschrieben:Ich habe erfahren, dass der Glauben für viele Menschen scheinbar vor allem Hoffnung ist. Sie haben jemanden zum reden, wenn sie sonst niemanden mehr zum reden haben. Sie haben jemanden, auf den sie die Schuld schieben können, wenn sie niemanden mehr haben, auf den sie die Schuld schieben können.

Das fand ich sehr beeindruckend. Das hat nichts mehr damit zu tun, was einem die Leute, die der Kirche angehören, einem erzählen wollen. Die Menschen haben ihre eigene Interpretation des Glaubens gefunden. Und ich kann verstehen, dass Menschen deswegen gläubig werden.
Wenn Menschen Kraft aus ihrem Glauben schöpfen, ist das ja schön und beeindruckend und man wünscht sich fast, dass man diese Erfahrung auch machen kann. Aber diese spirituelle Unterstützung eines göttlichen Wesens kann ja nur ein resultierender Aspekt des Glaubens sein und nicht die Begründung dafür, dass man glaubt à la "Ich bin Christ, weil ich Kraft aus meinem Glauben schöpfen will". Dann würde Gott, die Kirche, die Religion ja bloß ein Mittel für die eigenen "egoistischen" Zwecke sein.
Selbst wenn ich wollte, könnte ich nicht einfach mal anfangen, an den Herrn Gott im Himmel zu glauben, nur weil ich mich einsam fühle und mich nach Sinn und Geborgenheit sehne.

Wenn Commi sagt, sein Gott sei gütig und beschützend und einen strafenden Gott könne er sich nicht vorstellen, kann ich das auch nicht nachvollziehen. Man kann natürlich alles glauben, was man möchte, aber da kann ich mir auch einen menschengroßen Hasen mit regenbogenfarbenem Fell vorstellen, weil ich halt will. Hat bloß keine Basis, außer diesem Wollen.

RickyFitts Beitrag kann ich mich anschließen. Wenn Religion und Glaube vor allem weltliche Macht- und Ordnungsfunktionen ausübt, dann macht es für mich keinen Sinn, sie als ewige universale Wahrheit zu betrachten.

Es erscheint mir gehaltvoller, Spiritualität, Sinngebung und Selbsterkenntnis in anderen Lehrtraditionen zu suchen wie etwa dem Buddhismus, die den Fokus auf das Innere rücken und nicht auf einen göttlichen Richter. Dies aber bloß ein naiver Gedanke, da kenne ich mich nämlich nicht aus.
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von phreeak
#1382466
Ich glaube an das fliegende Spaghettimonster
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von RickyFitts
#1382508
Ghost hat geschrieben: Wenn Menschen Kraft aus ihrem Glauben schöpfen, ist das ja schön und beeindruckend und man wünscht sich fast, dass man diese Erfahrung auch machen kann. Aber diese spirituelle Unterstützung eines göttlichen Wesens kann ja nur ein resultierender Aspekt des Glaubens sein und nicht die Begründung dafür, dass man glaubt à la "Ich bin Christ, weil ich Kraft aus meinem Glauben schöpfen will". Dann würde Gott, die Kirche, die Religion ja bloß ein Mittel für die eigenen "egoistischen" Zwecke sein.
Selbst wenn ich wollte, könnte ich nicht einfach mal anfangen, an den Herrn Gott im Himmel zu glauben, nur weil ich mich einsam fühle und mich nach Sinn und Geborgenheit sehne.

Wenn Commi sagt, sein Gott sei gütig und beschützend und einen strafenden Gott könne er sich nicht vorstellen, kann ich das auch nicht nachvollziehen. Man kann natürlich alles glauben, was man möchte, aber da kann ich mir auch einen menschengroßen Hasen mit regenbogenfarbenem Fell vorstellen, weil ich halt will. Hat bloß keine Basis, außer diesem Wollen.

RickyFitts Beitrag kann ich mich anschließen. Wenn Religion und Glaube vor allem weltliche Macht- und Ordnungsfunktionen ausübt, dann macht es für mich keinen Sinn, sie als ewige universale Wahrheit zu betrachten.

Es erscheint mir gehaltvoller, Spiritualität, Sinngebung und Selbsterkenntnis in anderen Lehrtraditionen zu suchen wie etwa dem Buddhismus, die den Fokus auf das Innere rücken und nicht auf einen göttlichen Richter. Dies aber bloß ein naiver Gedanke, da kenne ich mich nämlich nicht aus.
Egal ob man nur mit dem neuen oder auch dem alten Testament argumentiert und damit den gütig-vergebenden oder den strafenden Gott ins Feld führt - ein Ergebnis bleibt doch gleich: Der Vorstellung und dem Glaube an diese Götterfigur liegt als Verhaltensmuster eine zutiefst narzisstische Sichtweise zu Grunde. Selbst wenn Gott nicht wie im alten Testament aktiv auf der Erde straft, so belohnt er immer noch mit dem Einzug ins Himmelsreich im Jenseits. Oder verwehrt es den Sündern eben. Genauso Bestrafung und dahinter steckt vor allem wieder ein Gedanke: ich brauche die Vorstellung einer übermächtigen Kraft, die über mein Verhalten urteilt und mir Bestätigung dafür gibt, dass ich richtig handele. Bei Fehlverhalten habe ich dagegen nicht mehr nur mit meiner Moral und meinem schlechten Gewissen zu tun sondern habe auch eine jenseitige Bestrafung als Konsequenz zu befürchten. Es kommt mir manchmal fast bequemlich vor, dass sich diese Leute nicht mit ihrem eigenen moralischen Kompass auseinandersetzen und für sich selbst in jeder Situation argumentieren können, ob ihr Verhalten gerade okay ist. Rechtschaffenheit ist eine aktive Geisteshaltung. Gesetzestreue (weltliche wie geistliche) dagegen ist nur Folgsamkeit und Gehorsam motiviert von Belohnung und Bestrafung. Aus so ziemlich jeder Art von Sozialverhalten, die irgendwer mal für ein paar Sekunden anstößig fand, wurde in der Geschichte auch schon versucht ein göttliches Unterlassungsgebot zu dichten.

Und der Punkt, wo ich dann nie weiterkomme und mir die Gegenseite meist auch nur noch schulterzuckend mit unergründlichen Wegen kommen konnte, ist der: Warum sollte Gott das überhaupt scheren? Soll ich wirklich glauben, dass den die täglichen kleinen Dramen von bald 8 Milliarden Winzlingen interessieren und ob ihre Herzchen rein sind? Das klingt nach kolossaler Zeitverschwendung und Langeweile. Abgesehen davon passt es für mich auch nicht zum Konzept des freien Willens. Wenn ich eine Kreatur erschaffe, von der ich bestimmte Verhaltensweisen nicht sehen will, dann schaffe ich sie so, dass sie diese gar nicht erst zeigen kann. Und uns sind ja sogar Verhaltensweisen gegeben, die verhindern, dass wir uns Schaden zufügen, und dabei an unserem freien Willen vorbei arbeiten: Reflexe. Wenn uns doch also alle Pfade per Entscheidung so offenstehen, warum sollte Gott sie dann im nachhinein per Gebot einschränken und darauf ein Überwachungskonzept mit Endauswertung, Belohnung und Strafe stülpen. Würde es uns als Menschheit nicht besser stehen, lieber so viele Möglichkeiten auszutesten wie möglich. Nur so weitet sich der Erfahrungshorizont der Gesamtgeschellschaft doch weiter. Wenn wir uns auf Regeltreue reduzieren stagnieren wir dagegen.

Also selbst wenn ich mich darauf einlasse, mir vorzustellen, dass es eine schöpferische Kraft gab, wegen der wir nun alle hier sind, glaube ich immer noch im Leben nicht daran, dass die auch nur ansatzweise etwas mit dem christlichen Gott zu tun hat. Denn der macht einfach keinerlei Sinn. Letztlich ist der aber eh eine Fiktion geschaffen um abstrakt unfehlbare Autoritäts- und Gerichtbarkeitsinstanz einzurichten. Und für die Hoffenden Menschen ein narzisstisches Wunschbild von einem großen Planer, in dessen Werk man eine Rolle spielt und dessen Anforderungen man genügen kann. Ich habe nie verstanden, warum man diese Art von Existenztrost braucht. Ist die Vorstellung, dass wir wirklich alle nur aus einem gigantischen kosmischen Zufall über diesen Gesteinsbrocken laufen und anderen sich wundernden Bewusstsein begegnen können, denn so angsteinflößend?
von Ghost
#1383093
RickyFitts hat geschrieben:Es kommt mir manchmal fast bequemlich vor, dass sich diese Leute nicht mit ihrem eigenen moralischen Kompass auseinandersetzen und für sich selbst in jeder Situation argumentieren können, ob ihr Verhalten gerade okay ist. Rechtschaffenheit ist eine aktive Geisteshaltung. Gesetzestreue (weltliche wie geistliche) dagegen ist nur Folgsamkeit und Gehorsam motiviert von Belohnung und Bestrafung. Aus so ziemlich jeder Art von Sozialverhalten, die irgendwer mal für ein paar Sekunden anstößig fand, wurde in der Geschichte auch schon versucht ein göttliches Unterlassungsgebot zu dichten.
Ich habe in den letzten Tagen auch wieder Videos gesehen, in denen argumentiert wurde, dass man als Atheist keine Moral besitzen kann, weil man bloß triebgesteuert bzw. wie ein Roboter agieren würde. :| Für eine Moral braucht man natürlich ein Büchlein wie die Bibel, Empathie und Selbstreflexion reicht wohl nicht.
Und der Punkt, wo ich dann nie weiterkomme und mir die Gegenseite meist auch nur noch schulterzuckend mit unergründlichen Wegen kommen konnte, ist der: Warum sollte Gott das überhaupt scheren? Soll ich wirklich glauben, dass den die täglichen kleinen Dramen von bald 8 Milliarden Winzlingen interessieren und ob ihre Herzchen rein sind? Das klingt nach kolossaler Zeitverschwendung und Langeweile.
So würde ich Gott aber nicht mal sehen, da man ihn so zu sehr vermenschlichen würde und Kategorien wie Zeit und Langeweile auf ihn keine Anwendung finden dürften. Vielleicht gleicht eher einem Riesencomputer, der die Leben aller Menschen auswertet und in verschiedene Ordner einheftet. :lol:

Dass Gott all diejenigen bestraft, die nicht an ihn glauben, ist auch ziemlich bescheuert, denn wenn ich jemand bin, der überhaupt keinen Kontakt mit (in diesem Fall) der christlichen Religion habe, kann ich ja nichts dafür, dass ich überhaupt nicht mal die Chance habe, Gott zu entdecken, werde dafür aber dennoch bestraft. Das wäre ja dann schon ein sehr zynischer und arschlochiger Gott. Und dem sollte ich dann auch noch huldigen.

Ich verstehe auch nicht wirklich, warum man sich an so eine Fiktion hängt und damit argumentiert, dass das Leben sonst keinen Sinn hätte. So what. Den Sinn kann man sich selbst geben und ein Leben nach dem Tod brauche ich nicht.

Vor zwei Tagen habe ich die Show The Atheist Experience entdeckt - ist ganz interessant und die hosts intelligent und well-spoken.
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von baumarktpflanze
#1383128
RickyFitts hat geschrieben:ich brauche die Vorstellung einer übermächtigen Kraft, die über mein Verhalten urteilt und mir Bestätigung dafür gibt, dass ich richtig handele.
Ich glaube, dass der Gedanke an etwas da oben gläubigen Menschen in gewisser Weise weniger Bestätigung als eher eine Hoffnung gibt. Dabei geht es gar nicht so sehr um ein Leben nach dem Tod oder der Frage, wie genau ich jetzt richtig oder falsch lebe, sondern einfach darum, dass ich noch jemanden habe, mit dem ich reden kann, dem ich etwas erzählen kann, mit dem ich in gewisser Weise ganz in Ruhe eine Form des inneren Gesprächs führen kann. Diese Form der Kommunikation, die insofern einseitig ist, als dass der Gott einem selbst ja nicht antwortet, sich aber scheinbar durch Zeichen meldet, scheint eine Form des Haltes und der Hoffnung zu geben und auch eine Form des Lebenssinns zu vermitteln.

Dass man am Ende richtig oder falsch in einer Situation gehandelt hat, ist dann weniger eine Sache des eigenen Glaubens, sondern vor allem der eigenen Zuschreibung. Wenn ich glaube, dass mir ein Gott diesen Gedanken mit auf den Weg gegeben hat, dann werde ich diesen Gedanken höchstwahrscheinlich für richtig empfinden, auch wenn er fatale Folgen hatte. Meine Handlung war dann für irgendetwas gut.

Im Grunde machen das nichtgläubige Menschen ja auch, wenn sie eine Entscheidung, die sich im Nachhinein als falsch herausstellt, dennoch als "irgendwie-richtig" darstellen, weil man ja im Nachhinein dennoch was gelernt hat oder weil man einen neuen Weg eingeschlagen hat. Man nennt das dann auf andere Art und Weise einfach Schicksal.
von Ghost
#1383299
RickyFitts sprach ja - nehme ich an - vom christlichen (bzw. allgemein monotheistischem) Glauben und nicht von irgendetwas Undefiniertem, das über unsere physische Welt hinausgeht. Und der christliche Gott ist eben Richter und die "Person", die man glorifizieren soll, und die Bibel gibt die moralischen Richtlinien vor.

Wenn der Glaube eines Individuums lediglich darin besteht, Hoffnung aus diesem Glauben zu ziehen, dann hat das nicht mehr viel mit der christlichen Religion zu tun. Wenn es einem Kraft gibt, ist es ja auch durchaus legitim, an irgendeine Art Gott zu glauben. Es klingt für mich aber auch wie das gezielte Schaffen einer Illusion, die nur daraus entsteht, dass man Hilfe benötigt. Ich kann die Verbindung zwischen dem Glauben an solch eine Entität und einer logischen Begründung einfach nicht machen. So eine Unterredung mit "Gott" als Therapeuten würde ich dann eher als Gespräch mit mir selber bezeichnen, als Kennenlernen meiner selbst, was es im Endeffekt schließlich ist.
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von baumarktpflanze
#1383300
Absolut, im Grunde ist das Gespräch mit Gott eine Form des Sebstgespräches, aber es wird nicht als solches wahrgenommen, weil man es an eine Macht da oben sendet, ob man sie nun Allah oder Gott oder Spaghettimonster nennt.

Insofern ist auch die Religion, die darüber steht, auch nur eine Art des Identifikationsmerkmals. Vielleicht findet man sich in einer bestimmten Person wieder oder kann mit einer bestimmten Religion oder Bibelstelle besonders viel anfangen. Und nicht zuletzt ist es auch eine Sache der Erziehung und der Konditionierung: Die Wahrscheinlichkeit, dass sich jemand hier zu einer christlichen Religion angezogen fühlt, ist allein durch die Verbreitung sehr viel größer als es vielleicht bei einer anderen Religion der Fall wäre.
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von rosebowl
#1383303
Ich glaub, ihr analysiert da viel zu viel. Wenn man gläubig ist, überlegt man nicht, ob man sich jetzt mit einem höheren Wesen oder doch eher mit sich selbst unterhält, man handelt nicht um Strafen zu vermeiden oder Belohnungen zu sammeln etc. Es ist in allererster Linie einfach ein Gefühl. Ein Gefühl, dass da irgendeine Macht existiert, und dass diese Macht in der Lage ist, einem zu helfen, bestimmte Dinge zu beeinflussen, einem auch mal Trost zu spenden oder einen auf den richtigen Weg zu bringen. Allerdings heißt das auch nicht, dass man selbst nichts tun muss, weil da ein alter Mann über einem schwebt, der dafür sorgt, dass alles gut wird. Es ist einfach nur eine Unterstützung.

Gut, vielleicht sehe ich das auch nur so, weil ich kein Kirchgänger bin und deshalb mit dem, was die Kirche einem so an Interpretationen vorkaut, nicht viel anfangen kann. Ich bin der Meinung, dass Gott nicht erwartet, dass man sich das Denken abnehmen läßt, sondern eher dass man sich seine eigenen Gedanken macht. Und dabei darf man nicht vergessen, dass die Bibel nicht irgendwann mal vom Himmel gefallen ist und wortwörtlich direkt vom Chef stammt (was bei den ganzen Widersprüchen auch schwer zu erklären wäre), sondern über drölfzig Jahre von Menschen mit den damaligen Ideen, Moralvorstellungen und Machtpositionen zusammengetragen wurde.
von Ghost
#1383310
Schon klar, aber wie gesagt hat der Glaube, dass da oben irgendwas ist und mit dem kann man ein bisschen reden, nichts mehr mit dem christlichen Glauben zu tun. Wenn man sich das rauspickt, was man toll findet, aber das weg lässt, mit dem man sich nicht identifizieren kann oder das einem zu extrem ist, dann ist der Glaube Wischiwaschi geworden und ich frage mich, warum man sich dann überhaupt noch als Christ bezeichnet.

Dann erschafft man sich eben seinen eigenen Gott. Wie gesagt, wenn es einem hilft, mit ihm zu schnacken und man für sich Hoffnung und Lebenssinn daraus schöpfen kann, ist es ja schön und gut. Wenn man sich aber seinen persönlichen Gott zusammengebaut hat, dann verliert dieser Glaube doch die Allgemeingültigkeit. Es geht im Endeffekt nicht mehr um das Suchen nach Wahrheit, sondern nur um das eigene Wohlbefinden. Die Religionen beanspruchen für sich aber wahr zu sein.

Ich frage mich, woher diese light version von Gott dann kommt bzw. wie man sie legitimiert? Wenn das Wort Gottes in der Bibel durch Menschen verfälscht wurde, wo und wie zieht man dann die "Wahrheit" aus ihr? Warum geht man dann überhaupt noch von diesem Gott aus, wenn man ihn nach seinen Bedürfnissen abgewandelt hat?
Und warum offenbart sich Gott nur einigen wenigen?
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von rosebowl
#1383318
Das sehe ich komplett anders. Es gibt da eine Bibelstelle, die mir bei solchen Diskussionen immer einfällt. Da meint Jesus zu seinen Jüngern "Wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind, da bin ich mitten unter ihnen". Und ich hab wirklich das Gefühl, dass es deutlich mehr mit Glauben und Religion zu tun hat, wenn ich mal mit Freunden, Bekannten, Familie etc in eine Diskussion über irgendwelche entsprechenden Themen rutsche, als wenn ich mir am Sonntag eine Stunde lang erzählen lasse, wie ich irgendeine Bibelstelle zu verstehen habe, und dazwischen vorgefertigte Texte runtersinge oder -bete. Allein schon, weil ich mich da viel mehr aktiv mit dem Glauben beschäftige und mir viel mehr eigene Gedanken mache.
Das hat für mich auch viel mit freiem Willen zu tun - man hat die Religion als Orientierung, aber nicht als starres Gerüst. Und was man wie annimmt bzw. wie man bestimmte Aussagen interpretiert, muss jeder mit sich, seinem Gewissen - letztendlich eben seinem Glauben ausmachen.

Das hat für mich auch nichts mit Rosinenpickerei oder Glauben light zu tun. Womit ich mich nicht identifizieren kann oder was mir zu extrem ist sind in der Regel wirklich Dinge, die ich einfach auf Moralvorstellungen, Machtstrukturen etc zurückführe, die nun mal zu der Zeit herrschten, in der die Bibel zusammengetragen wurde. Auch wenn manche Kirchenvertreter so tun - niemand hat den direkten Draht zum Chef und bekommt genau gesagt, was wie gemeint ist und was von ihm direkt kommt. Die Bibel hat für mich sehr viel mit stiller Post und mit eigenen Interessen derjenigen, die die Texte aufgeschrieben und weitergetragen haben, zu tun. Da haben eher früher einige Rosinen gepickt...

Ich kann auch mit sehr vielem nichts anfangen, was die katholische Kirche so verbreitet, und die beruft sich ja auf die gleiche Bibel. Allein daran sieht man ja schon, dass es nicht die eine, richtige Auslegung gibt, an die man sich Wort für Wort zu halten hat, wenn man sich wirklich Christ nennen will.
von Ghost
#1383334
Und inwiefern bietet die Religion Orientierung? Wie stellt man fest, welche Bibelstellen man befolgen sollte und welche nicht? Wie rechtfertigt man das? Das hört sich für mich alles sehr beliebig an. Warum hat Gott nicht ein bisschen klüger gedacht und die extremen Auswüchse, die Gottesbücher annehmen würden, verhindert? Schließlich geschieht das dann alles in seinem Namen. Das Problem ist doch, dass diese Vieldeutigkeit dieser Schrift Verheerendes anrichtet und angerichtet hat. Warum sollte ich mich an solch einen Text dann irgendwo und irgendwie noch klammern, wenn so viel Mist drin steht?

Wer ist eigentlich der Gott, von dem du sprichst? Was ist seine Funktion und wie macht er sich bemerkbar? Hat er diese Welt bloß erschaffen und das war's? Wo liegt dann sein Sinn? Darin, dass er Menschen Kraft gibt? Warum unterstützt er dann nur einige Menschen und nicht alle? Warum spricht er nicht (mehr) mit den Menschen, die sich von ihm abgewendet haben? Er soll allmächtig und allwissend sein, aber selbst wenn er dies wäre, benutzt er diese Fähigkeiten anscheinend nicht. Was also tut er dann überhaupt?

Eigentlich hatte ich noch mehr Fragen, aber die habe ich vergessen. :roll:
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von rosebowl
#1383339
Ghost hat geschrieben: Wie stellt man fest, welche Bibelstellen man befolgen sollte und welche nicht? Wie rechtfertigt man das?
Mit einer Kombination aus freiem Willen, Gewissen und gesundem Menschenverstand. Das alles hat einem ja, wenn man an die Schöpfung glaubt, auch Gott gegeben, da gehe ich mal stark davon aus dass er auch gerne hätte, dass man es benutzt.

Und um da gleich Missverständnisse zu vermeiden: Mit Schöpfung meine ich nicht, dass man wortwörtlich davon ausgeht, dass die Erde in 6 Tagen erschaffen wurde und Darwin keinen blassen Schimmer hat. Aber wenn man sich mal so die Reihenfolge der Evolution anschaut und die mit der Schöpfungsgeschichte vergleicht (und die hatten ja noch keine Ahnung von Darwin, Fossilien etc), dann gibt es da schon erstaunliche Parallelen. Da ist dann halt die Frage, was man für den Auslöser dieser Entwicklungen hält, Zufall oder irgendwas "Höheres"...
Ghost hat geschrieben:Warum hat Gott nicht ein bisschen klüger gedacht und die extremen Auswüchse, die Gottesbücher annehmen würden, verhindert? Schließlich geschieht das dann alles in seinem Namen. Das Problem ist doch, dass diese Vieldeutigkeit dieser Schrift Verheerendes anrichtet und angerichtet hat. Warum sollte ich mich an solch einen Text dann irgendwo und irgendwie noch klammern, wenn so viel Mist drin steht?
Man soll sich ja nicht an den Text klammern. Ich meine, Gott und auch der Glaube an ihn war ja schon lange vor der Entstehung der Bibel da. Also ist nicht die Bibel Grundlage des Glaubens, sondern wenn überhaupt, dann ist es umgekehrt...
Ghost hat geschrieben:Wer ist eigentlich der Gott, von dem du sprichst? Was ist seine Funktion und wie macht er sich bemerkbar? Hat er diese Welt bloß erschaffen und das war's? Wo liegt dann sein Sinn? Darin, dass er Menschen Kraft gibt? Warum unterstützt er dann nur einige Menschen und nicht alle? Warum spricht er nicht (mehr) mit den Menschen, die sich von ihm abgewendet haben? Er soll allmächtig und allwissend sein, aber selbst wenn er dies wäre, benutzt er diese Fähigkeiten anscheinend nicht. Was also tut er dann überhaupt?
Joa, wirklich beantworten kann ich diese Fragen zum Großteil auch nicht. Dazu gibt es einfach keine Fakten, sondern nur eine Vorstellung, die wohl bei jedem etwas anders ist.
Die Funktion würde ich als eine Kombination aus Schöpfer, Beschützer, Begleiter, Ansprechpartner... bezeichnen. Ich gehe nicht davon aus, dass er die Welt nur erschaffen hat und sich dann gemütlich zurückgelehnt hat und das seitdem als sein Privatkino betrachtet. Warum er allerdings wann und wo eingreift oder eben auch nicht - keine Ahnung. Was meinst du, wie oft ich mich gefragt habe, warum er nicht eingegriffen hat, als unfähige Ärzte bzw. unfähiges Pflegepersonal meinen Großvater das Leben gekostet haben? Oder natürlich im viel größeren Rahmen - warum er nicht eingreift, wenn sich Israelis und Palästinenser, alle natürlich im Namen der Religion, die Köpfe einschlagen? Der einzige Ansatz einer Erklärung ist hier wohl der freie Wille der Beteiligten. Jeder muss für sich selbst entscheiden, wie er handelt. Jeder muss sein eigenes Handeln vor sich und seinem Gewissen verantworten (und nicht etwa vor einem Priester, der ihm dann erzählt, dass ihm vergeben ist, wenn er ein paar Gebete runterleiert. Die Beichte ist ein Punkt, den ich im katholischen Glauben so gar nicht nachvollziehen kann...). Wäre das nicht so und Gott würde stattdessen dauernd eingreifen, gäbe es weder Selbstverantwortung, noch könnte man irgendwie selbst über sein Leben bestimmen.Alles wäre eh vorherbestimmt und es wäre völlig egal, was wir tun, weil Gott eh alles in die Bahnen lenkt, die vorgesehen sind. Ich fänd die Idee, mein Leben so wenig selbst in der Hand zu haben, auch ziemlich ernüchternd und frustrierend.

Ich finde diese Erklärungsansätze auch unbefriedigend. Und ich hab auch, sollte ich ihm jemals begegnen, so einige Fragen, die ich gerne beantwortet hätte. Aber das ist wohl auch etwas, was zu einem Konzept dazugehört, das auf nicht beweisebaren Annahmen beruht: Man muss sich damit abfinden, dass man nicht auf jede Frage eine Antwort bekommt. Es ist eben keine (Natur-)Wissenschaft.

Und mal ganz allgemein: Was ist denn die Alternative zum Glauben an einen Gott? Alles, was sich auf der Welt entwickelt hat, ist Zufall? Es gibt kein Leben nach dem Tod, sondern wir verbringen hier unsere mickrigen 70-90 Jahre und zerfallen dann zu Staub, ohne dass irgendwas bleibt? Das finde ich irgendwie auch recht frustrierend und beliebig...
Klar kann man dann sagen, dass der Glaube letztendlich nur eine Krücke ist, um sich genau diesen Frust zu ersparen. Vielleicht ist es auch so. Da ist man eben wieder bei dem, was Religion (auch) ausmacht: Glauben heißt nicht wissen. Es ist eben ein Gefühl. Ich habe das Gefühl, da ist etwas/jemand. Genauer werde ich es, zumindest solange ich lebe, nie wissen. Genauso wie keiner wissen kann, dass da nichts/niemand ist...
von Ghost
#1383361
rosebowl hat geschrieben:Mit einer Kombination aus freiem Willen, Gewissen und gesundem Menschenverstand. Das alles hat einem ja, wenn man an die Schöpfung glaubt, auch Gott gegeben, da gehe ich mal stark davon aus dass er auch gerne hätte, dass man es benutzt.
Hm, mit dem freien Willen kommt man wieder in so ein komplexes Gefilde. Die eigenen Taten sind durch so viele Faktoren determiniert, dass man den Willen kaum wirklich als frei bezeichnen kann. Wenn du abgeschottet in einer streng konservativen religiösen Gemeinschaft aufwächst, dann nützt dir dein freier Wille auch nichts und du wirst die Bibel so verstehen, wie es dir beigebracht wurde.
"Gewissen" und "gesunder Menschenverstand" kann man ja auch unterschiedlich auffassen. Ich fände das auf jeden Fall schwierig, für mich zu legitimieren, welche Teile der Schrift ich nun für mich so umsetze und welche ich einfach ignoriere. Und wenn es um so Sachen wie "Du sollst nicht morden" geht, dann brauche ich keine Bibel, sondern nur meinen eigenen moralischen Kompass.
Wird die Moral dann eigentlich als universelles Prinzip gesehen und nicht als menschliches Konstrukt?

Was ist eigentlich mit anderen Religionen, die einem anderen Gott huldigen? Wie erklärt man sich, dass sich verschiedene Religionen in unterschiedlichen Regionen ausgebreitet haben, wenn es doch nur einen Gott gibt? Liegen die dann falsch?
[...] Der einzige Ansatz einer Erklärung ist hier wohl der freie Wille der Beteiligten. Jeder muss für sich selbst entscheiden, wie er handelt. Jeder muss sein eigenes Handeln vor sich und seinem Gewissen verantworten (und nicht etwa vor einem Priester, der ihm dann erzählt, dass ihm vergeben ist, wenn er ein paar Gebete runterleiert. Die Beichte ist ein Punkt, den ich im katholischen Glauben so gar nicht nachvollziehen kann...). Wäre das nicht so und Gott würde stattdessen dauernd eingreifen, gäbe es weder Selbstverantwortung, noch könnte man irgendwie selbst über sein Leben bestimmen.Alles wäre eh vorherbestimmt und es wäre völlig egal, was wir tun, weil Gott eh alles in die Bahnen lenkt, die vorgesehen sind. Ich fänd die Idee, mein Leben so wenig selbst in der Hand zu haben, auch ziemlich ernüchternd und frustrierend.
Die Erklärung mit einem freien Willen (wenn man ihn denn anführen will) kann man aber auch nur dann irgendwie anwenden, wenn es um menschliche Konflikte geht. Wenn ein Mensch durch einen anderen Menschen getötet wird, dann ist das die negative Konsequenz der Existenz eines freien Willens. Aber es gibt ja auch noch andere Todesursachen, dessen Auslöser kein Mensch sein muss: Unfälle, Naturkatastrophe, Krankheiten.

Und manchmal hat man schon das Gefühl, dass man sein Leben nicht wirklich in der Hand hat, aber das führt dann irgendwie schon vom Thema ab.
Und mal ganz allgemein: Was ist denn die Alternative zum Glauben an einen Gott? Alles, was sich auf der Welt entwickelt hat, ist Zufall? Es gibt kein Leben nach dem Tod, sondern wir verbringen hier unsere mickrigen 70-90 Jahre und zerfallen dann zu Staub, ohne dass irgendwas bleibt? Das finde ich irgendwie auch recht frustrierend und beliebig...
Warum ist die Vorstellung, dass das Leben das einzige ist, das wir haben, so frustrierend für so viele Leute? Ich stelle mir es weitaus frustrierender vor, wenn ich wüsste, dass ich nach meinem Sterben wieder da bzw. irgendwo bin und dann für alle EWIGKEIT (an die ich nicht glaube) existiere. Was ist an dieser Vorstellung so tröstlich? Hört sich eher qualvoll an. :lol: Vielleicht fällt es mir deswegen schwer, diese Sehnsucht nach einem Gott nachzuvollziehen, weil mir dieser Glaube daran nicht unbedingt Trost gibt.
[Nachgedanke: Allerdings gab es auch mal kurze Momente, wo ich das Gefühl hatte, dass ich verstehen konnte, wie man diesen Glauben an etwas Höheres verspüren will und hoffte in diesen Momenten auch, dass es so etwas gibt. Lange kann ich mir diese Illusion aber nicht machen und die Sehnsucht nach einem Sinn in einer schlechten Situation, in der man sich verloren fühlt, ist wahrscheinlich normal.]

Und: Macht es das Leben nicht eigentlich noch wertvoller, wenn es das Einzige ist, das wir haben? Macht es nicht das, was wir hier tun, umso wichtiger? Kann es nicht sinnstiftend sein, dass wir in DIESER Realität Gutes tun und Menschen helfen? Dann würden wir nämlich nicht nur zu Staub verfallen, ohne dass irgendwas bleibt, sondern eben doch etwas hinterlassen, für unsere Nächsten und die, die nach uns kommen.
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von rosebowl
#1383373
Ghost hat geschrieben:Die eigenen Taten sind durch so viele Faktoren determiniert, dass man den Willen kaum wirklich als frei bezeichnen kann. Wenn du abgeschottet in einer streng konservativen religiösen Gemeinschaft aufwächst, dann nützt dir dein freier Wille auch nichts und du wirst die Bibel so verstehen, wie es dir beigebracht wurde.
Klar. Natürlich funktioniert das als Argument nur, soweit nicht irgendwelche Umstände das Handeln schon determinieren. Aber ich hab auch oft das Gefühl, dass "die Umstände" eine Ausrede sind. Klar prägt es einen, wie man aufwächst. Aber ist man nicht irgendwann mal in einem Alter, in dem man sich nicht mehr nur darauf berufen kann, sondern sich auch seine eigenen Gedanken macht und ein eigenes Gefühl dafür entwickelt, was richtig und was falsch ist? Sonst landet man doch zwangsläufig bei der vielzitierten "schweren Kindheit", die alles rechtfertigt. Also dass äußere Einflüsse und Prägung durch das Umfeld die eigenen Einstellungen und das Handeln beeinflussen - keine Frage. Aber man hat meiner Meinung nach immernoch in den meisten Fällen einen Spielraum, welche Entscheidungen man trifft.
Ghost hat geschrieben:"Gewissen" und "gesunder Menschenverstand" kann man ja auch unterschiedlich auffassen. Ich fände das auf jeden Fall schwierig, für mich zu legitimieren, welche Teile der Schrift ich nun für mich so umsetze und welche ich einfach ignoriere. Und wenn es um so Sachen wie "Du sollst nicht morden" geht, dann brauche ich keine Bibel, sondern nur meinen eigenen moralischen Kompass.
Wird die Moral dann eigentlich als universelles Prinzip gesehen und nicht als menschliches Konstrukt?
Natürlich ist das schwierig. Aber es geht ja wie gesagt meistens gar nicht um das Ignorieren, sondern um die Auslegung bestimmter Stellen. Und ich glaube, dass jemand, der sich seine Gedanken dazu macht und sein Gewissen oder wie auch immer man es letztendlich nennen will als Maßstab heranzieht mindestens genauso "Gnade findet", um es jetzt mal so richtig Holzhammer-religiös zu formulieren, wie jemand, der sich das alles vorkauen läßt (und dann im Zweifel immernoch sagen kann: Der Pfarrer/Priester/Papst hat aber gesagt...).
Und natürlich braucht man keine Bibel, um die Minimalregeln des menschlichen Zusammenlebens zu kennen und zu befolgen. Aber dieser "eigene moralische Kompaß" ist ja auch bei jedem Mensch etwas anders, von dem her ist es für ein funktionierenedes Zusammenleben sicher nicht schlecht, wenigstens solche minimalen Grundregeln festgelegt zu haben. Ob das jetzt die 10 Gebote oder andere gesammelte Regeln sind, ist ja letztendlich egal.
Ghost hat geschrieben:Was ist eigentlich mit anderen Religionen, die einem anderen Gott huldigen? Wie erklärt man sich, dass sich verschiedene Religionen in unterschiedlichen Regionen ausgebreitet haben, wenn es doch nur einen Gott gibt? Liegen die dann falsch?
Wenn du die Kirche fragst ja. Ich sehe das eher als verschiedene Ausprägungen des gleichen Gedankens. Oder um es mit einem Zitat aus dem Medicus zu sagen: "Ich stelle mir die Trennung zwischen Leben und Paradis (aka die Religion) als Fluß vor. Wenn es viele Brücken über den Fluß gibt, wird es Gott dann stören, welche Brücke der Reisende wählt?" Wenn Gott so allwissend und allmächtig ist, wie eigentlich alle Religionen glauben, kann zumindest ich mir nicht vorstellen, dass er gleichzeitig so beschränkt ist.
Ghost hat geschrieben:Die Erklärung mit einem freien Willen (wenn man ihn denn anführen will) kann man aber auch nur dann irgendwie anwenden, wenn es um menschliche Konflikte geht. Wenn ein Mensch durch einen anderen Menschen getötet wird, dann ist das die negative Konsequenz der Existenz eines freien Willens. Aber es gibt ja auch noch andere Todesursachen, dessen Auslöser kein Mensch sein muss: Unfälle, Naturkatastrophe, Krankheiten.
Klar. Da bleibt dann letztendlich wohl wirklich nur die Erklärung, dass wir nun mal nicht unsterblich sind. Wie oft hab ich in den letzten paar Jahren dafür gebetet, dass meine Großmutter ihre diversen Krankheiten mal wieder übersteht - obwohl ich natürlich weiß, dass es irgendwann vorbei ist. Man denkt sich immer "aber doch nicht jetzt, aber doch nicht ausgerechnet in meiner Familie/meinem Freundeskreis, da muss Gott doch eingreifen, wenn es ihn gibt". Ist ja auch menschlich absolut nachvollziehbar, und es geht wohl jedem so. Gleichzeitig hat das natürlich auch viel von Sankt Florian...
Ghost hat geschrieben:Warum ist die Vorstellung, dass das Leben das einzige ist, das wir haben, so frustrierend für so viele Leute? Ich stelle mir es weitaus frustrierender vor, wenn ich wüsste, dass ich nach meinem Sterben wieder da bzw. irgendwo bin und dann für alle EWIGKEIT (an die ich nicht glaube) existiere. Was ist an dieser Vorstellung so tröstlich? Hört sich eher qualvoll an. :lol:
Warum? Also zum einen kann ich tatsächlich den Gedanken gerade gar nicht nachvollziehen, warum es frustrierend oder sogar qualvoll sein soll, in irgendeiner Form weiter zu existieren. Die allermeisten Menschen wünschen sich doch ein möglichst langes, erfülltes Leben. Warum ist die Vorstellung, dass das dann auch nach dem Ende der Existenz hier noch in irgendeiner Form weitergeht, dann negativ? Das finde ich eigentlich schon eher tröstlich.
Und ein Leben nach dem Tod schließt es ja nicht aus, auch in diesem Leben Gutes zu tun, Menschen zu helfen, etwas für die Menschen hier zu hinterlassen. Das Leben nach dem Tod ist ja nicht das Ziel, so dass mich alles andere davor nicht wirklich interessiert, sondern es ist eine Fortsetzung von dem, was ich hier schon habe. Und die Vorstellung, dass nach dem Leben hier Schluß ist, macht das Leben für mich auch nicht wertvoller, eher im Gegenteil. Was ist denn dann wertvoll? Doch eigentlich nur der Augenblick bzw. die im Verhältnis extrem kurze Zeitspanne, die ich hier auf der Erde verbringe. Da bleibt vielleicht noch die nächste Generation, die ich eventuell hinterlasse. Oder irgendwas gutes, das ich für jemanden getan habe, gute Erinnerungen, die jemand an mich hat... Aber das ist doch so im "großen Ganzen" auch relativ wenig. Und außerdem frage ich mich dann auch (auch wenn das jetzt total unchristlich-egoistisch klingt): Was hab ich denn davon? Ich hab vielleicht was Positives hinterlassen - aber das bringt mir doch wesentlich mehr, wenn ich das auch noch weiter in irgendeiner Form sehen/verfolgen kann als wenn ich danach ein Häufchen Staub bin und das war´s. Also für mich ist da relativ klar, welche Vorstellung das Leben für mich wertvoller macht...
Und es geht ja auch nicht nur darum, dass man selbst weiterlebt, sondern es ist auch der Gedanke, dass auch die, die man im Lauf seines Lebens verliert, noch irgendwie da sind. Dass sie dich in irgendeiner Form weiter begleiten, vielleicht auch mal unterstützen, und auch dass man sie nach dem Tod wieder sehen wird. Also zum Beispiel nach dem Tod meines Großvaters (der der Mensch war, der mir neben meinen Eltern immer am nächsten stand) hat mir der Gedanke schon sehr geholfen.

Puh, man verzettelt sich da echt ganz schnell. Das macht mal wieder klar, woher der Ausdruck "über Gott und die Welt reden" kommt :D
Naja, letztendlich würde ich bei mir (um nochmal auf das "beliebig" im Zusammenhang mit Bibelauslegung etc zu kommen) sagen, dass ich gläubig, aber nicht religiös bin. Dass ich Christin bin, ist wohl zu einem sehr großen Teil schlicht dem Zufall bzw. dem Umstand, dass ich hier geboren bin, geschuldet. Aber davon, dass es da irgendwas über uns gibt - ob jetzt Gott, Allah, Buddha (ja, ich weiß, ist eigentlich kein Gott...) oder was auch immer, bin ich schon wirklich überzeugt. Vielleicht ist das auch ein Grund dafür, warum ich nicht das Gefühl habe, eng an irgendeiner Schrift "kleben" zu müssen.
von Ghost
#1383504
rosebowl hat geschrieben:Klar. Natürlich funktioniert das als Argument nur, soweit nicht irgendwelche Umstände das Handeln schon determinieren. Aber ich hab auch oft das Gefühl, dass "die Umstände" eine Ausrede sind. Klar prägt es einen, wie man aufwächst. Aber ist man nicht irgendwann mal in einem Alter, in dem man sich nicht mehr nur darauf berufen kann, sondern sich auch seine eigenen Gedanken macht und ein eigenes Gefühl dafür entwickelt, was richtig und was falsch ist? Sonst landet man doch zwangsläufig bei der vielzitierten "schweren Kindheit", die alles rechtfertigt. Also dass äußere Einflüsse und Prägung durch das Umfeld die eigenen Einstellungen und das Handeln beeinflussen - keine Frage. Aber man hat meiner Meinung nach immernoch in den meisten Fällen einen Spielraum, welche Entscheidungen man trifft.
Trotzdem: Wenn jemand in der besagten konservativen Gemeinschaft aufwächst, dann wird er wahrscheinlich nicht plötzlich denken "Ach, das sehe ich doch ganz anders", soweit er nicht durch irgendeinen äußeren Input zu diesem Gedanken gelenkt wird. Wäre ich im Mittelalter geboren, würde ich meinen Glauben an Gott wahrscheinlich nicht anzweifeln, es sei denn, irgendein Erlebnis, irgendeine Person, irgendetwas, das außerhalb von mir ist, würde diesen Gedankenprozess in Gang setzen. Der Wille kann ja eigentlich nicht aus dem Nichts kommen.
Andererseits würde eine vollkommene Determinierung bedeuten, dass alles vorherbestimmt wäre und das kann ich mir schlecht vorstellen - nicht, weil es solch eine trostlose Realität wäre (denn es spielt keine Rolle, was ich toll und was nicht finde), sondern, weil quasi alles Schicksal wäre und man dann wieder dieses Konzept einer "higher purpose" hätte (wobei die letztendlich ja auch sinnfrei sein könnte).
Andererseits wüsste ich nicht, wo ich die logische Grenze zum freien Willen ziehen könnte, da Gedanken doch eigentlich nicht aus dem Nichts entspringen können und so alles irgendwie eine Kausalkette bilden müsste ...
Warum? Also zum einen kann ich tatsächlich den Gedanken gerade gar nicht nachvollziehen, warum es frustrierend oder sogar qualvoll sein soll, in irgendeiner Form weiter zu existieren. Die allermeisten Menschen wünschen sich doch ein möglichst langes, erfülltes Leben. Warum ist die Vorstellung, dass das dann auch nach dem Ende der Existenz hier noch in irgendeiner Form weitergeht, dann negativ? Das finde ich eigentlich schon eher tröstlich.
Ewigkeit ist für mich nicht unbedingt ein positiv konnotiertes Konzept, denn Ewigkeit wird irgendwann zur Qual. Und auch das Leben ist doch nicht nur positiv, in vielen Fällen überwiegt das Negative. Wenn ich also diese beiden Teile zusammensetze, dann kommt für mich nicht unbedingt etwas Tröstliches heraus.
Ich wünsche mir ein erfülltes Leben - ja, aber ich muss nicht 100 Jahre alt werden, wenn ich am Schluss körperlich und geistig zerfalle.
Klar: wenn man ewiges Leben von vornherein positiv denkt, weil man im Jenseits glücklich und alles toll ist, dann ist es natürlich tröstlich, aber das ist so ein abstraktes, von dieser Realität entferntes Konzept, dass es nicht zu begreifen ist. Wenn es nicht zu begreifen ist, kann man da noch von Leben reden? Wie soll so ein ewiges Leben überhaupt funktionieren?
[Gedankennebenstrang: Wenn ich ein beschissenes Leben hatte, würde ich doch wollen, dass es zu Ende ist. Und nicht noch weitergeht mit all den schmerzhaften Erinnerungen. Sind all die Traumata, die diese Person mit sich rumbringt, im Jenseits dann verflogen? Wenn sie plötzlich nur noch Glück verspürt, dann wird doch ein Teil ihrer Persönlichkeit ausradiert - kann man dann noch von derselben Person sprechen?]
[...] Und die Vorstellung, dass nach dem Leben hier Schluß ist, macht das Leben für mich auch nicht wertvoller, eher im Gegenteil. Was ist denn dann wertvoll? Doch eigentlich nur der Augenblick bzw. die im Verhältnis extrem kurze Zeitspanne, die ich hier auf der Erde verbringe. Da bleibt vielleicht noch die nächste Generation, die ich eventuell hinterlasse. Oder irgendwas gutes, das ich für jemanden getan habe, gute Erinnerungen, die jemand an mich hat... Aber das ist doch so im "großen Ganzen" auch relativ wenig. Und außerdem frage ich mich dann auch (auch wenn das jetzt total unchristlich-egoistisch klingt): Was hab ich denn davon? Ich hab vielleicht was Positives hinterlassen - aber das bringt mir doch wesentlich mehr, wenn ich das auch noch weiter in irgendeiner Form sehen/verfolgen kann als wenn ich danach ein Häufchen Staub bin und das war´s. Also für mich ist da relativ klar, welche Vorstellung das Leben für mich wertvoller macht...
Und es geht ja auch nicht nur darum, dass man selbst weiterlebt, sondern es ist auch der Gedanke, dass auch die, die man im Lauf seines Lebens verliert, noch irgendwie da sind. Dass sie dich in irgendeiner Form weiter begleiten, vielleicht auch mal unterstützen, und auch dass man sie nach dem Tod wieder sehen wird. Also zum Beispiel nach dem Tod meines Großvaters (der der Mensch war, der mir neben meinen Eltern immer am nächsten stand) hat mir der Gedanke schon sehr geholfen.
Also wäre das Leben für dich nicht (oder kaum) wertvoll, wenn nach deinem Sterben tatsächlich Sense wäre? Dann würde der Wert des Lebens nur aus der Hoffnung bzw. dem Glauben gezogen, dass es danach noch weitergeht - also geht es dann doch gar nicht mehr um den Wert des Lebens an sich, sondern um den Wert, der das afterlife dem an sich wertlosen Leben verleiht?

Ich finde nicht, dass es unbedingt wenig ist. Und wenn ich so empfinden würde, dann wäre es halt so. Ich glaube nicht daran, dass es eine universelle Gerechtigkeit gibt (da Gerechtigkeit wieder ein menschgemachtes Konzept ist). Wenn jemand ein kurzes Leben hatte oder ein Leben voller Schmerzen und das war's - dann ist das traurig und tragisch und furchtbar und natürlich tröstet es dann, wenn man an etwas glaubt, was diese Ungerechtigkeit wieder gut macht. Aber für mich wäre so ein Glaube eine Illusion, weil ich eben WILL, dass es so ist. Aber warum sollte da jemand sein, der jemanden erst leiden lässt und es dann "wieder gut macht" (und da wären wir schon wieder bei den unergründlichen Wegen Gottes).
"Was habe ich dann davon?" - Ich wüsste nicht, warum Gott mir für mein Leben ein Geschenk machen sollte. Warum sollte ich darauf Anspruch haben?

Letztendlich kommen wir damit ja auch wieder zu dem, was baumarktpflanze gesagt hat: dass der Glaube vor allem Trost spendet. Für mich reicht es aber nicht, wenn mich etwas tröstet, dass ich dann daran glaube und daher finde ich mich mit dieser atheistischen (und für einige pessimistischen) Sichtweise ab und versuche, in dieser auch das Positive zu sehen.
von Säqirjënn
#1383527
Wenn jemand in der besagten konservativen Gemeinschaft aufwächst, dann wird er wahrscheinlich nicht plötzlich denken "Ach, das sehe ich doch ganz anders"
Doch, z.B. Luther und wahrscheinlich viele andere auch, die ihre Meinung aber eher für sich behalten haben.
Wenn ich ein beschissenes Leben hatte, würde ich doch wollen, dass es zu Ende ist. Und nicht noch weitergeht mit all den schmerzhaften Erinnerungen. Sind all die Traumata, die diese Person mit sich rumbringt, im Jenseits dann verflogen? Wenn sie plötzlich nur noch Glück verspürt, dann wird doch ein Teil ihrer Persönlichkeit ausradiert - kann man dann noch von derselben Person sprechen?
Wir dürfen nicht unbedingt von unserer Wohlstandsgesesllschaft ausgehen, in der wir es uns leisten können zu sagen, Leben ist nur lebenswert wenn es ein gewisses Niveau hat.

Viele Menschen haben und hatten ein ziemlich mieses Leben ohne Aussicht auf Besserung. Das einzige was ihnen noch unangenehmer war, ist der Gedanke, kein Leben mehr zu haben, weil Menschen einfach mal Angst vor dem Tod haben; je näher er ist, desto mehr. Da ist der Gedanke recht tröstlich später einmal ein zweites, besseres Leben zu haben ohne Leiden, Hunger und der allgegenwärtigen Angst sterben zu müssen.

Ich finde die Vorstellung ewig zu leben auch nicht so prickelnd, aber wenn ich mir vorstelle, ein Arzt würde mir sagen, dass ich nur noch zwei Monate zu leben habe, fände ich die Vorstellung, dass es danach zumindest eine zeitlang noch weitergeht, doch recht schön.

Vielleicht hatte dieses Gut- und Böse-Unterscheiden im Himmel für viele Leute auch etwas Tröstliches/Gerechtigkeitsstiftendes; es gab den einfachen Menschen die Möglichkeit sich ein gutes Leben zu verdienen, während die, die rücksichtslos in Überfluss lebten, bestraft würden.
Mit Schöpfung meine ich nicht, dass man wortwörtlich davon ausgeht, dass die Erde in 6 Tagen erschaffen wurde und Darwin keinen blassen Schimmer hat. Aber wenn man sich mal so die Reihenfolge der Evolution anschaut und die mit der Schöpfungsgeschichte vergleicht (und die hatten ja noch keine Ahnung von Darwin, Fossilien etc), dann gibt es da schon erstaunliche Parallelen. Da ist dann halt die Frage, was man für den Auslöser dieser Entwicklungen hält, Zufall oder irgendwas "Höheres"...
Meine persönliche Meinung dazu: Die Erfinder der Geschichte sahen Gott als Art Handwerker, der mit einfachen Dingen beginnt, sich steigert und schließlich seine Meisterprüfung ablegt.
Warum unterstützt er dann nur einige Menschen und nicht alle?
Weil helfen kompliziert ist (könnte man jetzt argumentieren). Denken wir nur an die Situationen, in denen wir eine gottähnliche Position haben. Z.B. wenn wir sehen wie ein Fliege in ein Spinnennetz fliegt. Wem sollen wir helfen, oder sollen wir die Natur entscheiden lassen? Viele Leute fragen sich "weshalb hilft Gott mir nicht?", sie fragen sich aber beispielsweise nicht, weshalb Gott nicht ihrem Brotbelag geholfen hat zu überleben.
Warum spricht er nicht (mehr) mit den Menschen, die sich von ihm abgewendet haben?
Ich fürchte für die Beantwortung der Frage bin ich nicht bibelfest genug, aber ein Theologe würde jetzt wahrscheinlich bei der Geschichte vom verlorenen Sohn ansetzen.
Ich habe in den letzten Tagen auch wieder Videos gesehen, in denen argumentiert wurde, dass man als Atheist keine Moral besitzen kann, weil man bloß triebgesteuert bzw. wie ein Roboter agieren würde. Für eine Moral braucht man natürlich ein Büchlein wie die Bibel, Empathie und Selbstreflexion reicht wohl nicht.
Vielleicht liegt der Schlüssel dieses Missverständnisses in der Frage, weshalb man moralisch handeln soll und nicht etwa nur so, dass es einem selbst am Meisten nützt. Die Religion beantwortet dies damit, einem Gott zu gefallen bzw. um in den Himmel zu kommen. Von daher kann es aus der Sicht eines Gläubigen so erscheinen, als gäbe es für Atheisten keinen Grund moralisch zu sein. Ich würde auch mal vermuten, dass die jeweils vorherrschende Religion durchaus einen Einfluss auf Moralvorstellung auch von Atheisten haben kann. So dürfte es relativ wahrscheinlich sein, dass viele in Atheisten in Europa an dem Motiv der Nächstenliebe (wenn auch in anderen Worten) festhalten oder an gewissen Geboten zum Umgang mit Mitmenschen (die die Meisten aber, wie die Kirche, nur auf andere Menschen und nicht auf Tiere anwenden).
Dass Gott all diejenigen bestraft, die nicht an ihn glauben, ist auch ziemlich bescheuert, denn wenn ich jemand bin, der überhaupt keinen Kontakt mit (in diesem Fall) der christlichen Religion habe, kann ich ja nichts dafür, dass ich überhaupt nicht mal die Chance habe, Gott zu entdecken, werde dafür aber dennoch bestraft.
Das haben sich viele Missionare auch gedacht und sind ausgezogen um die Leute zu bekehren.