Herr Vorragend hat geschrieben:Ich halte diese Erklärung für verfehlt oder zumindest irreführend. Klar, auch "die Hetze" wird einen gewissen Teil dazu beitragen, aber das ist meiner Meinung nach ein untergeordneter Grund.
Wenn sogar Leute wie Fohlen, den ich für einen ziemlich intelligenten und rational und ausgewogen denkenden Menschen halte, merken, dass sich ihre Einstellung zur Flüchtlingsfrage langsam, aber doch spürbar verändert - dann glaube ich einfach nicht, dass da massgeblich "Hetze" (z.B. erfundene Meldungen) daran Schuld sein soll.
Sehr schönes Posting, sehr schön. Vor allem der Teil, in dem du mich als intelligenten, rationalen und ausgewogenen Menschen bezeichnest. Das bleibt sonst immer an mir hängen. :mrgreen:
Aus persönlicher Sicht würde ich dem auch zustimmen. Diese Versuche, irgendwelche Menschen, Anhänger von Religionen oder Volksgruppen als Bedrohung hinzustellen, perlen an mir (zumindest aus meiner persönlichen Sicht) ziemlich ab. Mir macht eher die Masse an Migranten, die zu uns wollen und zu uns kommen, die Aussicht, dass es auf absehbare Zeit wahrscheinlich nicht weniger werden und die Hilflosigkeit von Politik und Behörden, mit dieser Situation umzugehen, Angst. Natürlich würde es die Sache vereinfachen, kämen die Menschen aus Frankreich und Spanien statt aus Syrien, Afghanistan und diversen afrikanischen Staaten, weil es ja doch gewisse sozio-kulturelle Hürden gibt. Aber das ist jetzt kein unüberwindbares Hindernis.
Ich denke auch, dass Quoten ein Schritt in die richtige Richtung wären.
Andererseits könnte ich allerdings auch nachvollziehen, wenn ein Land wie England sagen würde: "Mooooment mal! Über 10 Jahre habt ihr in der Flüchtlingsproblematik keinerlei Handlungsbedarf gesehen, weil ihr dank Dublin-Abkommen im Grunde ja wunderbar vor den Flüchtlingen abgeschottet wart und die Randstaaten die Last tragen mussten. Und jetzt plötzlich, nur weil eure Angie mehr oder weniger versehentlich die Flüchtlinge angelockt hat und jetzt plötzlich ihr selbst die Last zu tragen habt, sollen jetzt auch wir unsere Flüchtlingspolitik ändern? Warum sollten wir?!? Ihr habt euch die Situation eingebrockt, jetzt könnt ihr die Suppe auch auslöffeln..."
Joar, sicherlich wäre eine Quote ein Schritt in die richtige Richtung. Aber sicher sind unsere Forderungen da auch ein Stück weit bigott, weil wir mit so etwas erst kommen, seitdem so viele Flüchtlinge zu uns kommen wollen und auch mehr oder minder zu uns durchgelassen werden. Das Dublin-Abkommen hatten wir hier ja schon angemerkt und das haben wir ja auch lange Zeit grinsend als "joar, ist jetzt halt da und es gilt"-Regelung hingenommen.
Auf der anderen Seite dürfte aber doch ein Land wie Deutschland auch gewisse... nunja, Druckmittel in der Hand haben, stelle ich mir mit meiner Semi-Informiertheit diesbezüglich zumindest vor. Vielleicht nicht auf einen Staat wie Großbritannien, aber gegenüber schwächeren Ländern durchaus. Schöner wäre natürlich, wenn man da mal zu einem Kompromiss gelänge, weil Konsens darüber herrscht, dass man einander zu helfen hat in so einer hübschen "Wertegemeinschaft".
Nur stellt sich da für mich auch schon wieder die Frage, zu welchem Konsens man denn kommen möchte. GB, Ungarn etc. verfolgen ja eher das Ziel, die Flüchtlinge mit möglichst restriktiven Maßnahmen aus ihrem Land zu halten, andere Staaten sind da deutlich weniger "hart". Da müsste es auch erstmal eine gemeinsame Haltung geben, denke ich.
Sentinel2003 hat geschrieben:Übrigens, ist hier in Berlin der Berliner Senat ganz scharf auf noch weitere Sporthallen....ja, sollen doch alle Flüchtlinge sämtliche Sporthallen benutzen und bekommen, scheiß doch drauf, das die Schüler dann irgendwo an den Arsch der Welt müssen, um Sport zu machen, na, HAUPTSACHE ist doch, das die Flüchtlinge ein Dach über den Kopf haben....
Also ich muss jetzt nicht allzu lange suchen, um Argumente zu finden, die dafür sprechen, dass es tatsächlich wichtiger ist, Menschen gerade im Winter ein Dach über dem Kopf zu gewähren, als Schüler und Sportler komfortabel ihren Sport treiben zu lassen.
Extaler hat geschrieben:...
Also zunächst einmal bleibt noch die breitere europäische Verteilungs-Lösung, damit nicht einige Staaten extrem stark und andere kaum durch die Migration belastet werden. Und sollte sich das alles tatsächlich so dramatisch entwickeln, wie du in deinem extremst schwarzmalerischen Posting schreibst, dann bin ich irgendwann in der Tat für die moralisch traurige Lösung, uns abzuschotten, ja. Es ist ja nicht so, dass wir damit als erbärmliche Untermenschen in einer Welt voller Humanität und Hilfsbereitschaft dastehen, wenn ich mal vorsichtig in Richtung Nordamerika, Arabien oder partiell auch einfach Europa schaue. Wir sind lange nicht an dem Punkt, wo man bereits kapitulieren und zu diesem Schritt greifen müsste, wenn denn mal die Industrienationen bereit wären, an einem Strang zu ziehen (und da war Deutschland in der Vergangenheit sicher auch nicht immer und überall das leuchtendste Beispiel).
Aber du blickst ja in eine Zukunft, in der mehr Flüchtlinge nach Europa kommen, als unser Kontinent derzeit an Einwohnern hat. Und rein unter dieser Prämisse bin ich Egoist oder um es nach Machiavelli zu sagen Wolf genug, um irgendwann zu sagen: So, bevor "meine" Stadt, "mein" Land und "mein" Kontinent in den Armuts- und Konfliktesumpf gezogen wird, machen wir lieber alles dicht, was geht. Ja, das ist eine regelrecht dystopische Vorstellung, aber ich lasse mich mal auf dieses ja vielleicht sogar irgendwann nicht mehr gänzlich ferne Gedankenspiel ein und sage es in aller Offenheit, dass ich da eher an mich denke, als an Moral und Menschlichkeit. Ich bin mir ziemlich sicher, dass ich damit gemäß dieses Falles in der Mehrheit sein werde, es allerdings jetzt viele nicht sagen möchten, weil es da so ein emotionales Zentrum in uns gibt, das uns flüstert, welch widerwärtige Gestalten wir doch sind. Aber ich denke, damit lässt sich aus persönlicher Warte besser leben als mit den Auswirkungen, die bei solch einer humanitären Katastrophe moralisch löbliches Verhalten hätte.
Aber mir soll niemand erzählen, dass es derzeit nicht möglich wäre, die aktuelle Zahl der Flüchtlinge in den Griff zu bekommen. Und bevor wir uns komplett abschotten, gibt es noch viele weitere Wege: Den Krisenregionen helfen und das Leben im Nahen Osten und Afrika lebenswerter gestalten, wäre natürlich die naheliegendste Idee. Wann und ob es nötig sein wird, auf Abschottung umzustellen, ist Interpretationssache. Kategorisch auszuschließen, dass es bei anhaltender Migration dazu kommen wird und wir hinnehmen, dass Menschen verrecken, halte ich für mich selbst allerdings einfach für unehrlich.
Im kleineren Ausmaß tun wir das eigentlich doch schon jetzt. Oder wieso lassen wir die Leute erst über das Mittelmeer schippern oder tausende Kilometer weit pilgern, bevor sie ihren Asylantrag stellen können? Weil es sonst noch mehr Personen versuchen würden, in ihr Traumziel Europa zu gelangen. Wahrscheinlich auch deutlich mehr alte und kranke Menschen, die sich das derzeit nicht zutrauen. Im Prinzip haben wir da doch jetzt schon eine gewisse "Selektion"... und irgendwie gelingt es den meisten von uns doch recht gut, das emotional zu verkraften.
Ja, so sehe ich das. Stolz bin ich nicht drauf, aber es ist letztlich halt einfach meine Wahrheit.
Fohlen