- Di 26. Apr 2016, 16:39
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The Witcher 3
Was für ein riesiger, unterhaltsamer Zeitfresser in einer extrem opulent gestalteten Welt. Aber wie schon in Skyrim haben mir die Nebenquests fast besser gefallen als die Hauptkampagne - was auch daran liegen mag, dass ich ohne so wirklich zu wissen warum ein sehr negatives Ende bekommen habe, das eigentlich in vielen Punkten der Art entgegensteht wie ich Geralt gespielt habe. Das hat dem Spiel für mich doch einen erheblich bitteren Nachgeschmack gegeben, auch weil die namensgebenden Wild Hunt Gegenspieler eh schon ziemlich blass blieben und man in der Haupthandlung viel zu selten in stimmiger Weise mit ihnen konfrontiert wird, während man 2/3 der Zeit nur irgendwelchen reisenden Freunden hinterherspürt und einen McGuffin nach dem anderen auffinden muss. Da hat mir so mancher Hexerauftrag wesentlich besser gefallen. Trotz des eher durchschnittlichen Plots waren Story und Dialoge aber gut geschrieben und strotzten vor interessanten Persönlichkeiten. Allerdings hätte ich mir wesentlich mehr Interaktivität in den Dialogen gewünscht. So richtiges Rollenspiel-Feeling kommt da nicht mehr auf, wenn Geralt halt alle Gespräche in seiner etwas schroffen Geralt-Art führt und man gerade im Vergleich zu den Spielen von Bioware oder Telltale nur selten den Ton angeben an. Dadurch geriet mir auch so manche Dialogsequenz und Cutscene ein gutes Stück zu lang. Ebenfalls nur Rollenspiel light war die Charakterentwicklung, die kaum merklichen Einfluss auf den Spielstil hatte. Ein bisschen mehr Schaden mit diesem oder jedem Zeichen oder Schwerthieb oder etwas höhere Kapazität beim Einnehmen und Wirken der Tränke - das war es dann aber auch schon. Da haben die ganzen Klassen und Spezialisierungen in Dragon Age: Inquisition doch deutlich mehr zu bieten, wo die Gruppenkämpfe ab Stufe Schwer auch wesentlich taktischer werden als es beim Witcher das nur immer hibbeligere Rumrollen und Blocken je werden.
Stichwort Gruppe: die fehlt mir ja doch am meisten. Es gibt zwar einige enge Verbündete, mit denen man hier und da mal eine Hauptquest bestreitet und die auch ihre eigene Nebenquest mitbringen, aber selbst da steuert man sie nicht geschweige denn sie ausrüsten zu können. The Witcher spielt sich weiterhin mehr wie ein Risen als ein RPG mit pausierbaren Taktikkämpfen, was die Spieltiefe der Kämpfe doch merklich begrenzt. Daran ändert auch eine aufgebläht riesige Menge an Tränken, Waffenölen und Absuden nichts, von denen die Hälfte eh vergleichsweise nutzlos erscheint und nur für Unübersichtlichkeit im Inventar sorgt. Auch etwas zu viel des Guten ist für mich das Spiel im Spiel Gwint. Sammelkartenspiele, wo man erst Decks kaufen und zusammenstellen muss, sind eh schon nicht mein Ding. Wenn ich dann in einem Rollenspiel, das ohnehin schon eine Tonne Content bietet auch noch von jedem dritten NPCs mit einer Dialogoption "lass und Gwint spielen" und einem Haufen Nebenquests zu diesem Kartenspiel gedrängelt werde, fühle ich mich fast schon genervt davon. Die anderen zwei Nebenbeschäftigungen, Faustkampfturniere und Pferderennen, sind zwar nicht nur deutlich weniger originell, sondern fast schon plump umgesetzt, aber sie haben zumindest stets die richtige Länge von nur 1-2 Minuten. Aber genau wie die Scherbensammelei und die Astrarien-Rätsel im Bioware Konkurrenten habe ich solches substanzarmes Füllmaterial auch hier weitestgehend links liegen lassen.
Für mich lebt The Witcher 3 vor allem von seiner atemberaubenden Präsentation (obwohl mir die Musik so ab Spielstunde 50 auch langsam auf den Senkel ging) und dem fabelhaften Entdecker-Feeling in den enorm stimmungsvollen Landschaften sowie einer Vielzahl toller kleiner Geschichten. Die Hauptquest hat so ihre Höhen und Tiefen (Skellige war mir doch arg klischeehaft) sowie ein paar interessante Nebenfiguren, überspannt den Bogen allerdings auch manchmal mit allzu bemüht sarkastischen Dialogen (Lambert... seufz). Im Ganzen mangelt es aber doch an wirklich großen Momenten. Auch da hat Dragon Age: Inquisition für mich die Nase klar vorn. Tja und das Ende hat für mich doch auch einiges versaut. Das passte für mich einfach gar nicht zu dem Spiel und den Entscheidungen die ich gefällt hatte. Davon ist aber natürlich Vieles Detailkritik an einem Game, dessen Produktionsqualität und genereller Flow mit Ausnahme von ein paar Bugs und kleinen Komfortmängeln auf Referenzniveau liegen. Nur von der Kampfmechanik, Dialogauswahl und Charakterentwicklung hatte ich mir etwas mehr Rollenspiel erwartet als ich hier letztlich bekommen habe.
8/10
Heart of Stone DLC
Für den Preis auf jeden Fall der üppigste DLC, den ich je gespielt habe. Die Story ist wesentlich privater statt einem weiteren Weltenrettungsepos, was eine angenehme Abwechslung ist, und bietet eine starke Teufelspakt-Geschichte mit sowohl sehr launigen wie auch tragisch-berührenden Momenten. Hier kommt für mich wesentlich mehr und stimmiger echte Emotionalität rüber als im Hauptspiel und der Antagonist fasziniert mit einer fiesen Verschmitztheit. Die neuen Landstriche und Örtlichkeiten sind darüber hinaus noch einen Zacken liebevoller und beeindruckender gestaltet als die des Hauptspiels.
9/10
"And in that moment, I swear we were infinite."