Aaalsooo, ich bin katholisch und stehe dazu. Ich bin ziemlich religiös, aber dennoch modern und kritisch erzogen und aufgewachsen. Ich habe in meiner Kindheit und auch noch Jugend viel mit der Kirche zu tun gehabt. Das liegt sicher auch zum Teil daran, dass ich auf dem Land groß geworden bin. Es war völlig normal für meine komplette Familie, jedes Wochenende in die Kirche zu gehen, ich war Messdienerin und habe mich auch sonst in der Kirche engagiert. Dort traf ich viele Andere meines Alters, wir hatten halt auch ein echt reges Gemeindeleben und das war überhaupt nicht bieder, übermäßig konservativ oder langweilig. Es hängt immer davon ab, welche Leute da gerade zusammenkommen, in meinem Fall war das eine durchaus lustige Truppe.
Aber wie immer, wenn man sich in einer Organisation solchen Ausmaßes befindet (sei sie religiös, politisch etc.), stößt man unweigerlich auf ganz viele Dinge, die Einem stinken. Für mich als Frau war/ist es manchmal aus offensichtlichen Gründen frustrierend in der Kirche. Und es gibt sooo viel Verstaubtes, das auf den Prüfstand müsste, abgesehen von einer nahezu prähistorischen Hierarchie. Aber da geht es dem normalen Kirchenangehörigen nicht anders als dem Angehörigen der politischen Basis einer großen Partei, der als kleiner Bürgermeister oder Kommunalpolitiker oft nicht mit dem einverstanden ist, was die Parlamentarier in Berlin so verzapfen. Aber heutzutage, wo die jungen Generationen eher als Einzelkämpfer erzogen werden, Vereine und Organisationen meiden und sich immer weniger für ein Thema engagieren, ist das für Viele einfach nicht mehr so nachvollziehbar, wie sich so was anfühlt.
Wie dem auch sei, so religiös meine Familie auch sein mag, der Papst spielte in unserem religiösen Leben nie eine allzu tragende Rolle. Mein religiöses Oberhaupt ist kein menschliches, sondern ein Göttliches, an das ich glaube, der Papst hingegen ist das menschliche Oberhaupt der Kirche und wird von Menschen gewählt, die allesamt fehlbar sind wie eben jeder Mensch. Dementsprechend muss ich für mich entscheiden, wie ich zum jeweiligen menschlichen Oberhaupt meiner Kirche, der ich angehöre, stehe. Im Gegensatz zu leider sehr vielen anderen Christen lasse ich mir diese Freiheit der Zustimmung oder Ablehnung nicht abnehmen / absprechen. Ich habe zu Papst Benedikt XVI eine ziemlich kritische Einstellung, ich hielt ihn seinerzeit für keine gute Wahl, aber nun schaue ich erst mal, was er so in seinem Amt treibt.
Zum Papstbesuch kann ich nur sagen, dass es sein gutes Recht ist, seine Heimat zu besuchen, das steht ja wohl jedem Menschen zu. Ich denke, dass die Sicherheitsvorkehrungen etc. sehr wohl mit denen bei dem Besuch eines Regierungsoberhauptes zu vergleichen sind. Das ist halt ein Kuriosum, über dessen Sinnhaftigkeit man prinzipiell diskutieren kann: Es ist zwar eine Trennung von Kirche und Staat erfolgt, die aber erstens ihre kleinen Widersprüchlichkeiten nach wie vor beinhaltet (z.B. allein schon der Begriff Christlich Demokratische Union = CDU), zweitens dazu geführt hat, dass ich neben meiner geografischen Zugehörigkeit zu einer Regierung(-sform) seltsamerweise in religiöser Hinsicht sozusagen noch einer anderen Regierung angehören kann, nämlich in diesem Fall z.B. der römisch-katholischen, in der Papst Benedikt mein kirchliches Oberhaupt ist. Das ist durchaus diskutabel! Aber selbst wenn wir diese schwierige Diskussion mal beiseite lassen, gibt es immer noch den kleinen, aber eben existenten Vatikanstaat.
Allen Nörglern rund um den Papstbesuch in Bayern (die ich durchaus verstehen kann) sei aber gesagt, dass es so schnell - wenn überhaupt noch mal - nicht wieder vorkommen wird, dass ihr euch damit herumschlagen müsst. Der Mann hat eine kilometerlange Liste von zu besuchenden Ländern, die nun abgearbeitet wird und er ist alt. Aus diesem Grunde wollte er nun noch mal seine Heimat sehen, er befürchtet zu Recht, dazu nicht mehr zu kommen. Vielleicht sind wir großzügig und gönnen es ihm einfach.
Mein Freund und ich führen häufig genug all diese Diskussionen, da er im Gegensatz zu mir Religion an sich für das Überflüssigste und Schädlichste überhaupt hält, wir sind aber eh in vielen großen Fragen (z.B. Politik) konträrer Ansicht, was eine interessante Kombination ergibt, lach. Bin gespannt, wie wir irgendwann mal unsere Kinder erziehen sollen.