Theologe hat geschrieben:markymarc05 hat geschrieben:Theologe hat geschrieben:
Wenn man liest, dass er für seinen neusten Film Inland Empire nicht mal ein Drehbuch hatte, würde ich das mal bezweifeln. Mulholland Falls kann zB keinen Sinn ergeben, weil es nur ein umgeschnittener Pilotfilm ist, der nie in Serie geht und deshalb keine Auflösung haben kann. Lost Highway ist dagegen noch halbwegs logisch.
Tatsächlich? Mir geht es genau umgekehrt. Ich fand Mullholland Drive eigentlich noch relativ "konventionell", mit einer logisch nachvollziehbaren Story. Jedenfalls im Vergleich zu Lost Highway, der mir auch nach dem x-ten Mal ein einziges Rätsel ist. :?
Gerade weil Mullholland der Pilot-Film zu einer Serie sein sollte, hat Lynch sich hier m.E. wieder mehr einer klassischeren Erzählform zugewandt, als es in seinen anderen Spätwerken der Fall ist.
Bei Mulholland Drive gibt es aber schon deshalb keine Auflösung, weil die ja erst im Laufe der Serie folgen sollte. Man kann sich natürlich schon was zusammenreimen, aber bei MD gibt es endlos viele Interpretationsmögllichkeiten, weil eben ein Ende nie gedreht wurde und einige Figuren vollkommen sinnlos eingeführt werden, weil sie im Film nur 1x auftauchen. Wie dem auch sei mag ich die meisten von Lynchs arbeiten, die "normalen" Filme wie Blue Velvet und Wild At Heart komischweise am wenigsten.
Mitnichten. Mulholland Drive war ursprünglich mal als Pilot für eine Serie gedacht, doch was dann ins Kino kam war letztlich etwas ganz anderes. Nachdem ABC kalte Füße bekam und das Projekt einstellte lag das ganze ein halbes Jahr auf Eis, in dem Lynch um die Welt getourt ist, um Geldgeber zu finden. Mit deren Hilfe hat er dann Mittel für umfangreiche Nachdrehs gefunden, die angeblich allein rund 40% des Films ausmachen und das hat das ganze zu einem seiner labyrinthischen Kinofilme umgestrickt.
Und so ganz unergründlich ist das auch nicht mehr. Tatsächlich lassen sich mit mehrmaligem schauen und etwas überlegen klare Zusammenhänge und ein recht stringentes Deutungsmuster für den Film finden. Will hier nicht viel spoilern, aber ich glaube ich hab meine und die wohl gängigste Interpretation hier schon mal in einem anderen Thread ausgerollt. Und da passen dann auch fast alle Teile zusammen. Als Rest bleiben eigentlich nur der seltsame Mann hinter der Glaswand und die Szene im Diner über den Traum. Die gehören nicht direkt zum Diane/Camilla/Rita Plot, wohl aber zu der Perspektive des Films auf LA als Stadt.
Glaubt mir, das macht wirklich letztlich recht viel Sinn und wurde in einen Film umgearbeitet, der in sich stimmig ist. Mulholland Drive und Lynch im Allgemeinen hatte ich mir als Teilthema meiner Zwischenprüfung in Amerikanische Kulturwissenschaften ausgesucht und hab mich da eingehend mit beschäftigt.
Inland Empire ist da schon ein etwas anderer Härtefall. Dass es kein richtiges Drehbuch gab, muss nicht heissen, dass da planlose Konfusion am Werk war. Es ist eben nur ein sehr ungefilterter und freier Lynch Film dadurch, dass er ihn aus eigener Tasche finanziert hat und nun gar nicht erst mehr ein Script für irgendwelche Finanzierungen vorlegen musste. Doch ich habe schon erkannt, dass das auf seine eigene Weise wieder eine starke Zusammengehörigkeit zu einem gewaltigen Gesamtkomplex aus seinen verschiedenen Ebenen an Szenen bildet. Nur bin ich da nach einmal anschauen im Kino noch nicht ganz hinter gestiegen. Doch da werden sich auch die Filmanalysten die nächsten Jahre land erst die Zähne ausbeißen, um ihn schließlich dann doch langsam zu erschließen. So wie sie es auch mit all seinen bisherigen Filmen getan haben. Nur macht Inland Empire das eben noch viel schwerer als alle vorherigen - und das scheint Absicht. Denn wann immer ihn ein Interviewer nach den Sinnzusammenhängen seiner Handlunge gefragt hat, hat Lynch nur geantwortet, dass er die Analysiererei an seinen Filmen nicht besonders mag, weil er sie erschafft als ein großes verstörendes Geheimnis, das wie ein Zaubertrick nur so lange seine unheimliche Faszination verströmt wie man die Funktionsweise nicht verstehen kann.