- Fr 29. Aug 2008, 05:48
#567381
Normalerweise umgehe ich das Mittagsprogramm von RTL, aber dieser "Fall" klang dann doch zu interessant um ignoriert zu werden (und dank rtlnow durfte/musste ich mit ansehen wie die Jugend von dem Jungen von einer überehrgeizigen Frau zerstört wird).
Normalerweise muss das Jugendamt eingreifen. Der Junge erleidet zwar keine physischen Schmerzen, aber die Psyche ist - auf gut Deutsch gesagt - im Ar...Eimer. Ihm kommen die Tränen, wenn er erzählt/realisiert, dass er außer den Opa (und den Freizeitpark) keine Freunde hat. Seine Mitschüler ärgern ihn, weil er im Ballettunterricht ist (sofern er das freiwillig macht, ist dies kein Problem, aber den Eindruck vermittelt er nicht) und seine eigentlichen Interessen (der Freizeitpark) wird von der Frau - die sich Mutter nennt - einfach ignoriert. Im Grunde kann die Frau sich glücklich schätzen, dass Corbin für die Freizeitparks lebt, ansonsten würde er getrost auf die Bonusstriche verzichten und gegen alles rebellieren, was die Frau fordert. Aber schon traurig, dass er sich nicht auf die Kindheit/Schule konzentrieren kann, sondern mit dem Theater das Hartz IV Geld von ihr aufbessern muss.
Zu Beginn der "Auftritt" im Zug, welcher mehr als lächerlich war. Ganz davon abgesehen, dass die Haut bei einem weißen Shirt dunkler wirkt, als bei einem dunklen Shirt (Thema: Schwarz-Weiß-Kontrast), aber den Sohn auch noch öffentlich zu diffamieren/mobben ("das sieht aus wie eine Leiche", "für Deine Verhältnisse bist du braun") ist schon erbärmlich. Dann hatte er sein Casting und was macht die Frau? Sie sorgt sich um das Geld, welches sie "für das Kind" investiert hat (sie sagt das Kind, als wäre er nur eine Sache) und welches bei einem Scheitern wohl "verschwendet" gewesen wäre. Ob Corbin traurig ist spielt bei der Frau wohl keine Rolle.
Traurig ist schon ein passendes Thema. Der Rollschuh-Trainer zeigt mehr Interesse an den Gefühlen von Corbin, zumindest habe ich den Eindruck, wenn er über die Corbins Situation berichtet. Und bei dem vom Trainer angesprochene „Ausbruch“ ist es nicht die Frage OB er kommt, sondern WANN er kommt. Selbst als Zuschauer, fällt es auf, dass Corbin leidet (zumindest wenn der Zuschauer zur Empathie fähig ist). Danach die „putzige“ Aussage von der Frau, dass der Deutsche im Allgemeinen zu neugierig sei und sich überall einmischt (zur Erinnerung: Sie bestimmt den Tagesablauf von Corbin). Im Straßenverkehr soll man bekanntlich auch helfen, wenn man einen Unfall bemerkt hat, warum sollte das auf der sozialen Ebene anders sein?
Dann kam auch die Entscheidung und was macht die Frau? Anstatt sich einfach zu freuen, dass er es geschafft hat, nein - kleiner Kuss auf die Wange, Händedruck und die Ermahnung, dass er besser trainieren soll. Das ist wohl das herzlichste was aus dieser Frau zu holen ist. Und zum Opa sagt sie: „Wir waren erfolgreich.“ Wir? Entweder hat RTL die Stellen rausgeschnitten bei denen sie auf der Bühne steht und trainiert oder „die Gute“ hat so ein starkes Ego, dass Erfolg nur mit ihr möglich ist. Erinnern wir uns, wenn es schief ging, war Corbin alleine schuld. Aber „süß“ ist, wenn diese Frau behauptet er würde ihr auf der Nase rumtanzen und sei faul (wenn er faul ist, was würde diese Frau zu einem „normalen“ 12-Jährigen sagen?) Jeder Feldwebel wäre zufrieden, wenn die Soldaten so diszipliniert wären wie der Junge. Aber dass er nach einem Schultag und täglichem Training irgendwann keine Kraft mehr hat, sollte nicht überraschen.
Die Aktion vom Opa war natürlich zu erwarten. Zum einen konnte sich die „Herrin der Striche“ ihre sechs Bonusstriche, für irgendwelche Drehungen, in den am Anfang erwähnten A…Eimer stecken und die Herrin wird für den leichtgläubigen Zuschauer zum Ende hin doch als „gute Seele“ dargestellt. Der Zuschauer „verlässt“ die Sendung mit einem guten Gefühl, weil sich scheinbar alles zum Guten gewandt hat.
Aus dem kurzen Beitrag (zumindest war es so geplant) wurde schon ein halber - nicht neutraler- Artikel mit einer Spur Ironie, aber für Hobbypsychologen ist diese Sendung sicherlich sehr interessant. Als Fazit bleibt festzuhalten, die Frau will sich scheinbar an Corbin rächen, dass er ihre Theaterkarriere zerstört hat, als sie mit ihm schwanger war. Woher der Planungs- und Kontrollwahn (sie kontrolliert Corbin und die Trainer) kommt, lässt sich anhand der Sendung nicht feststellen, aber wahrscheinlich ist sie einfach enttäuscht, dass die „Grand Madame“ des Theaters nun Hartz IV beziehen muss, während Corbin das Geld nach Hause bringt. Für die Super Nanny wäre das sicherlich auch ein interessanter Fall. Es fängt an, dass die „Eltern“ behaupten mit ihren Kindern stimme etwas nicht und die Super Nanny findet heraus, dass die Eltern bzw. die Erwartungen der Eltern das eigentliche Problem sind.
PS: Den Begriff „Mutter“ habe ich bewusst nur einmal verwendet. Zum Muttersein gehört aus meiner Sicht mehr, als das Kind 9 Monate im Bauch getragen und anschließend mit Nahrung versorgt zu haben (ebenso wichtig ist, dass das Kind psychisch nicht "verhungert") . Bleibt zu hoffen, dass sie im normalen Leben nicht so ehrgeizig und kalt ist, wie sie in der Sendung erscheint.
Auf den Vater (oder Erzeuger) gehe ich jetzt nicht ein, aber auch dieser müsste sich verantworten.