- So 7. Dez 2008, 07:58
#605196
Die Idee der Konsumgutscheine kam meines Wissens von Nahles bzw. sie war es die die Idee der Öffentlichkeit/Medien gegenüber kommunizierte.
Schonmal ein guter Grund Nahles NICHT zu wählen.
Zum einen, wie schon ausgeführt, ist die Wahrscheinlichkeit das von den 500,- ZUSÄTZLICHE Anschaffungen getätigt werden, sehr gering, begünstigt werden die Haushalte die diese 500,- im Prinzip gar nicht nötig haben dank entsprechendem Einkommen.
Die Haushalte die zu Weihnachten oder spätestens zu Ostern die Kündigung im Briefkasten haben oder die ganzen prekär-Beschäftigten Noch-Mittelschichtler, werden weiterhin alles Geld hamstern und nicht für unsinnige Konsumausgaben verprassen.
Im Prinzip also nichts weiter wie Umverteilung von unten nach oben. Ganz normal eben.
Das gleiche gilt für die Steuerbefreiung von Neuwagen, für alle zukünftigen Cayenne oder Cayman-Fahrer, also Personen denen es völlig egal ist ob sie 500 oder 5000 Euro Kfz-Steuer bezahlen, eine tolle Sache, für einen Normalverdiener der sein zukünftigen Wagen über einen längeren, wirtschaftlich unsicheren Zeitraum finanzieren muss, uninteressant.
Niemand kauft ein Auto für 20000 oder 30000 Euro wo er zweimal vielleicht 300 Euro Steuern sparen kann er aber nicht weiss ob er in 12 Monaten dafür noch die Raten aufbringen kann.
Die Aktion hätte man sich einfach sparen können.
Zum anderen bringt das nur einen einmaligen Effekt der recht schnell verpufft, im September, als sich die realwirtschaftliche Krise erst entwickelte, hätte man mit so einer Maßnahme vielleicht etwas erreichen können. Nur jetzt ist das Kind bereits in den Brunnen gefallen, der Oktober war katastrophal für die Wirtschaft, der November nicht viel besser.
Und was sind schon 20 Mrd Euro zusätzlich die noch dazu über die halbe Welt verteilt werden.
Ähnlich sinnfrei die Vorschläge zu einer Steuersenkung.
Im Angebot sind derzeit eine MwSt Senkung und eine Einkommenssteuersenkung.
Letztere hatten wir unter Schröder, mit dem Ergebnis das die Sparquote nach oben ging, die Vermögungsverteilung ungleicher wurde und natürlich weder Investitions- noch Konsumgüter verstärkt nachgefragt wurden.
Um das zu kompensieren mussten natürlich anderswo Steuern erhöht werden (>MwSt auf 19%).
Eine MwSt Erhöhung macht die Produkte und Dienstleistungen MÖGLICHERWEISE günstiger, irgendwelche Kaufanreize um die Wirtschaft anzukurbeln entstehen mit größter Wahrscheinlichkeit nicht.
Auch hier müsste dann wieder gegenfinanziert werden.
Wenn die Bundesregierung unbedingt etwas machen möchte, und dafür auch Geld ausgeben will, sollte sie in Infrastruktur, Bildung etc. investieren.
All die wichtigen Bereiche für die ja sonst nie Geld da ist.
Um eine größere Wirtschaftsschrumpfung abzudämpfen sollte der Staat jetzt private und wirtschaftliche Nachfrage ersetzen, aber bitte für nachhaltige Investitionen in die Zukunft und nicht für kurzfristigen Konsum.
Zur Zeit geschieht eher das Gegenteil, es wird Geld in die Blasen die sich über die Jahre am Markt gebildet haben gepumpt um irgendwie das Platzen hinauszuzögern.
Siehe Autoindustrie, Bankwesen und viele andere die noch kommen werden (Werbe & PR, Consulting, Medien, Versicherungen, Luftfahrtindustrie,...).
Zusätzlich würde ich die Sozialleistungen erhöhen, allerdings nicht über Hartz-Aufstockungen sondern über ein Grundeinkommen.
Das Grundeinkommen würde etwa bei 450-500 Euro mntl. liegen und ersetzt Alg II und Sozialhilfe, darüberhinaus wird die Mittelschicht gestützt die nur ein geringes Jahreseinkommen erwirtschaftet (15000 - 25000 Euro negativer Steuerfreibetrag).
Damit wäre zum einen ein Existenzminimun für jeden gesichert ohne irgendwo betteln gehen zu müssen, die Mittelschicht wird gestärkt, ebenso kleine Betriebe und Unternehmen.
Darüberhinaus eröffnet das auch vielen kleinen Dienstleistern, Kleinstproduzenten oder solche die es noch werden möchten, eine STABILE Existenzgrundlage.
Die Ich-AGs waren ja eine nette Idee, nur das Problem ist halt das die meisten "Unternehmen", sobald der staatliche Zuschuss weg war, wieder kaputt gegangen sind da der "Gewinn" nicht zum leben reichte.
Ein Grundeinkommen könnte hier ansetzen und zusätzliche Arbeitsplätze schaffen, zwar überwiegend kleine, aber ordentliche Beschäftigung die volkswirtschaftlich sinnvoll wäre (Kinderbetreuung, Altenbetreueung, Gartenpflege, ...).
Letztlich haben wir ja das Problem das gesellschaftlich relevante Dienstleistungen im Gegensatz zu ökonomisch relevanten Dienstleistung kaum oder gar nicht bezahlt werden (können) und alle Alternativen zum Grundeinkommen marktverzerrend wirken oder höchst bürokratisch sind.
Die BA kann zum Großteil aufgelöst werden, es blieben übrig Arbeitsvermittlung, die Verwaltung für Alg I, Asylbewerber und die Wohngeldstelle.
Nahezu der komplette Gängel-, Kontroll- und Überwachungsapparat würde wegfallen.
Finanziert wird das ganze durch Einsparungen bei BA und einer Erhöhung der Vermögenssteuer.
Ob da jetzt irgendwelche "Schmarotzer" Geld bekommen obwohl sie nicht arbeiten wollen, kann uns zur Zeit ziemlich egal sein.
Wir werden die nächsten 3 Jahre genug damit beschäftigt sein die Arbeitsplätze die noch da sind zu erhalten.
Aber davon mal ganz abgesehen müssen wir uns mal kurz verdeutlichen was überhaupt passiert.
Wir haben im Kapitalismus nunmal nachfragestarke Zeiten und nachfrageschwache.
In starken Zeiten ist es politisch gerade so möglich sich nicht weiter zu verschulden.
In schwachen Zeiten wird alles versucht um die wirtschaftliche Situation zu bessern bzw. den Status quo der Boomzeiten zu halten, daraufhin wird sich auf Teufel komm raus verschuldet.
Wir brauchen also neben ständigen Wachstum und dem damit verbunden Drang alles was auf der Erde irgendwie verwertbar ist, zu verwerten, auch ständig neue Kredite.
Wir sägen also sowohl den ökologischen, den ökonomischen UND den gesellschaftlichen Ast ab auf dem wir sitzen.
Das KANN nicht funktionieren.
Jetzt haben wir gleich mehrere Probleme die sich potenzieren, zum einen wirtschaftlicher Abschwung, zum anderen die Schulden-Implosion, da wir (oder eher die USA) immer den boomenden Status quo halten wollten und Wohlstandsverlust politisch nie eine Alternative war.
Die zunehmende gesellschaftliche Spaltung kommt noch hinzu.
Und vor allem diese 3 Punkte können nicht durch mehr Wirtschaftswachstum, eine noch stärkere Ökonomisierung der Erde oder eine noch höhere Verschuldung aus der Welt geschafft werden.
Langsam müsste die Politik mal wachwerden und an grundlegenderen Stellschrauben drehen als darüber zu debattieren ob man die Arbeitslosenversicherungsbeiträge von 3,3 auf 2,8 oder 2,7 % kürzt und wie man das wieder gegenfinanziert.
“Die Kraft des besseren Argumentes scheitert nämlich an der Macht, die hinter den schlechteren steht, nicht an deren Inhalten.”
"flatter", 2012