Cheops hat geschrieben:Es gab Zeiten, da hätte Schmidt das Telefonbuch von Stuttgart hätte vorlesen können und es wäre unterhaltend gewesen, denn er hat seine Fans aus dieser Zeit mit Pocher einfach verprellt.
Ne ne ne!
Ich bin sicher kein Pocherfan, aber den jetzt allein zum Sündenbock zu machen finde ich kurzsichtig und unfair. Harald Schmidt hat in der ARD auch lange vor Pocher schon massiv abgebaut. Der Fehler lag da ganz einfach schon im Konzept. Ich zitier mich da mal selber aus dem Pocher-Thread:
Schmidt ist was Standup angeht auch nur mäßig begabt. Wenn er gute Gags hat, kann er sie verkaufen, schwache wertet er aber auch überhaupt nicht auf. Schmidt braucht genauso die Improvisation, in der er aufblühen kann. Und genau das fehlt ja seit er bei der ARD ist. Weil er da eben so viel weniger Sendezeit hat, die dann mit Einspielern und geschrieben Gags und Gästen und sonstwas vollgestopft ist. Bei Sat1 hat man damals noch gemerkt: oha, heute war das Tagesgeschehen dünn, es gibt wenig Material - also muss er sich selbst was einfallen lassen. Und dann wurden Schiffe versenkt, Schuhe anprobiert, Einkaufswagen in den Kofferraum umgepackt und anderer kurioser Schabernack getrieben, der so ziemlich alle Strukturvorstellungen einer klassischen Late-Night sprengte. Und das waren die Momente, die ihn weit über den Durchschnitt katapultiert und ihm die Kritikerverehrung eingebracht haben, von der er heute noch zehrt wie von einer Rentenversicherung.
Der einzige Widerstand gegen Barths Aussage ist doch, dass man nicht will, dass ausgerechnet Mario Barth in so einer Sache recht hat, weil er humoristisch im Zotenüberfluteten Humorkeller gastiert. Das macht sein Statement vielleicht anmaßend, aber inhaltlich nicht zwangsläufig falsch. Ich muss ihm bei allem Widerstreben leider sogar recht geben. Schmidt weiß, dass er bei der ARD quasi auf höchster Gehaltsstufe verbeamtet ist - er ist ein zu teurer Prestige-Einkauf, um ihn abzusägen. Er ist ein Rolls Royce, bei dem man nach dem Verkauf festgestellt hat, dass der Motor schwächelt und innerlich Rost ansetzt. Aber zum Verschrotten wär er zu schade und war er zu teuer - egal wie wenig leistungsfähig/-bereit er noch ist. Und auf diesem Polster legt Schmidt schon sehr lange bequem die Füße auf den Tisch und spult halbarschige Routine runter. Er nimmt die Checks solange mit, bis man ihn irgendwann in die Rente schickt, was ihm dann nur Recht sein wird, weil er finanziell seine Schäfchen längst im Trockenen hat.
Bei Sat1 hab ich Schmidt geliebt und vergöttert. Bei der ARD ist er eine Schlaftablette, der es sichtbar müde ist sich vor Intendantengremien für jeden provokativen Tabubruch zu rechtfertigen. Die Narrenfreiheit wie unter Kogel hat er nicht mehr und er hat auch keinen Bock sich das wieder zu erkämpfen.
Das ist der eigentliche Niedergang von Harald Schmidt - nicht ein pöbelnder Jungspund-Sidekick sondern sowas wie Berufsmüdigkeit, die man ihm einfach anmerkt.