The Town - Stadt ohne Gnade
Ich liebe Heist-Movies, mich spricht das Filmgenre einfach an. Jeder Filmexperte kann sich dabei an ein bestimmten Film erinnern: „Heat“. Das dieser Thriller nur schwer zu übertreffen ist müsste jedem klar sein, kann aber „The Town“ den Film toppen? Leider nicht.
Über Ben Affleck wird oft viel geredet, ist er denn ein guter Schauspieler oder nicht. Aber in einem Job ist er klasse: Als Regisseur. In „Gone Baby Gone“ hat er viele überrascht und einen tollen Film abgeliefert, und „The Town“ überragt sogar seine erste Regiearbeit. Der Thriller hat viel Atmosphäre, man spürt Boston und Charlestown förmlich, er gibt jedem Schauspieler genug Freiraum, und die Inszenierung ist sehr fesselnd. Auch am Drehbuch wirkte er mit und rauskam ein spannender, intelligenter Heist-Movie mit packenden Dialogen.
Auch als Schauspieler wirkt er an diesem Film mit. Er ist Doug, ein Bankräuber, der mit seiner Truppe jede Bank, jeden Geldtransporter ausrauben kann. Er ist der Kopf der Gruppe, er plant alles. Doch als er Gefühle für eine vermeintliche Zeugin entwickelt, will er sein Leben ändern, aber nicht alle sind mit dem Plan einverstanden. Ben Affleck ist hier ziemlich solide, ich hab ihm die harte Rolle abgekauft, sein muskelbepackter Körper mit den Tattoos taten ihr übriges. Nur bei den ersten Szenen könnte man diskutieren ob er da überzeugend ist. Aber solche Actionszenen passen zu ihm. Jeremy Renner spielt James Coughlin, auch Jem/Jim genannt, seine Familie nahm Doug auf und sie sind sozusagen wie Brüder. Auch er ist ein Bankräuber, aber im Gegensatz zu Doug agiert er nicht klug, sondern ist der Brutale in der Gruppe. Er akzeptiert nicht, das Doug wegziehen will, und will weiter jede Menge Geld haben. Jeremy Renner spielt den Rüpel absolut klasse und ist der Star des Films, jede Szene mit ihm ist voller Intensität, und obwohl er ein Arschloch ist ist er sympathisch, ich hoffe wir sehen ihn noch in viele weiteren Filmen, die Oscarnominierung geht völlig in Ordnung. Rebecca Hall mimt Claire, die bei einem Bankraub mitgeschleppt wird und ausgesetzt wird. Um sicherzugehen, das sie nichts gesehen hat, geht Doug mit ihr aus und entwickelt Gefühle für sie, und auch Claire verliebt sich in Doug. Aber als sie erfährt, das Doug ein Bankräuber ist, ist sie völlig am Boden zerstört. Rebecca Hall überzeugt hier als verwundbare Frau und spielt ziemlich stark. Jon Hamm verkörpert den FBI-Agenten Adam Frawley, der es langsam satt hat, nie die Bankräuber zu finden, und geht ehrgeizig an die Arbeit, um die Gruppe ein für alle mal hinter Gitter zu bringen, und flippt teilweise aus. Jon Hamm hat mich sehr überzeugt, und ich hoffe man sieht in von nun an in mehreren Hollywoodproduktionen und nicht nur in „Mad Men“. Und zu guter Letzt haben wir Blake Lively, sie ist die Schwester von Jem und in Doug verliebt, und das einzige was sie will ist die Liebe von ihm, und nachdem sie erfährt das er eine Andere hat, ist sie am Boden zerstört. Blake Lively gibt ihrer Figur die nötige Schärfe, leider kommt sie zu kurz.
„The Town“ zeigt, wieso ich solche Filme liebe. Sie leben von der Spannung und den verschiedenen Charakteren. Auch dieser Thriller ist genau für mich und für die Zuschauer, die auch sowas lieben. Der Cast tut ihr Übriges und spielen fantastisch. Die zwei älteren Herren, Pete Postlethwaite und Chris Cooper, haben zwar nur einen kurzen Auftritt, sind aber eindrucksvoll. Der Beginn ist toll gemacht und der Film fesselt den Zuschauer bis zum Schluss. Dass der Drehort Charlestown war, fand ich ziemlich gut, das machte den Film realistischer, ich hatte den Eindruck, das Ben Affleck den Film für sich und alle Bewohner von Charlestown widmete. Alle Charaktere fand ich sehr interessant und man konzentriert sich nur auf bestimmte Charaktere, Doug und Jem, die anderen Figuren spielen zwar auch eine wichtige Rolle, aber sie haben nicht genug Tiefgang wie es bei Doug und Jem der Fall ist. Der Film ist einfach sehr authentisch, „The Town“ ist Ben Afflecks Film, ganz klar, er hat viel Arbeit da reingesteckt und das sieht man. Leider hatte der Film auch paar Längen, und zwar fand ich die Liebesgeschichte zwischen Claire und Doug toll, aber im Mittelteil war das etwas zuviel des Guten, ich hätte mir mehr Szene zwischen Doug und Adam/FBI gewünscht. Die Actionszenen sind knallhart und routiniert inszeniert. Mir hat es einfach gefallen, das viele Themen in diesem Film behandelt wurden. Insgesamt ist „The Town“ ein vielschichter, ungekünstelter Film, mit einem tollen Cast, und einem brillianten Ben Affleck, von dem ich mir in der Zukunft viele Filme wünsche.
8,5/10