Was'n hier los? Ich hab noch überhaupt nichts gemacht... :shock:
Vorab: Ich wollte eigentlich (wie die anderen auch) ein paar Eindrücke zur finalen Episode posten, aber im Moment habe ich nicht wirklich Lust dazu, weil mir nach dem Lesen der Postings doch eher ein paar allgemeine Aussagen auf der Zunge liegen. Jaaa, keine Spoiler von Wittgenstein heute!
Ich hatte eigentlich vor, spätestens nach dem deutschen Release die Serie auch noch mal mit ein paar Freunden zu sehen, um sie mit dem Martin-Fieber anzustecken, aber das werde ich wohl eher nicht mehr machen - ich finde die filmische Umsetzung von GoT nach wie vor (bis auf wenige Ausnahmen) großartig, aber ich habe mir beim schauen immer und immer wieder die Frage gestellt, ob mich die Geschichte, so wie sie nun mal im TV nur darstellbar ist, auch als Nicht-Buchleser gefesselt hätte. Wahrscheinlich nicht. GoT bezieht seine Spannung für Fans vor allem daraus, dass man eben die Hintergründe kennt und nicht jeden Nebencharakter googeln muss - ich werfe das keinem vor, weil das Figurenensemble wirklich richtig groß ist (bzw. noch weitaus größer werden wird) und eine Episode nun mal nur begrenzte Laufzeit hat. Aber so großartig besetzt GoT auch ist und so gekonnt, wie die Show manchmal zwischen subtilen und brachialen Tönen schwankt, wird sie trotzdem nicht die immense Vielfältigkeit der Vorlage erreichen können - und wie man gesehen hat, können die notwendigen Straffungen leicht eine epische Sequenz fürchterlich banal erscheinen lassen, wenn man nur sieht, was man sieht oder in den vielen Plotwendungen zwischenzeitlich (verständlicherweise) den Überblick verloren hat.
Für uns Buchleser ist "A Song of Ice and Fire" nun schon seit 15 Jahren eine nicht abgeschlossene Riesensaga - Band 3 erschien vor elf Jahren und der bislang letzte Band 4 vor sechs Jahren (2005). Es fehlen also immer noch drei Bände zum Abschluss, und es ist schon dankenswert, dass im Juli endlich der fünfte Koloss erscheint. Viel ist dazu gesagt und geschrieben worden, aber ich möchte da auch nicht vorgreifen - ich wollte nur ausdrücken, dass man sich als Buchleser in kaum einer Szene wirklich langweilt, weil man immer wieder visualisiert bekommt, was so schon lange niedergeschrieben wurde. Wenn man Season 1 jetzt ein eher enttäuschendes Finale unterstellt, liegt das nicht an den mangelnden Fähigkeiten der Drehbuchautoren, sondern an der Vorlage, die ihre Riesengeschichte genau so und nicht anders vor dem Leser ausbreitet. Man konnte es ja in den Diskussionen verfolgen, wenn auf bestimmte Ereignisse hinspekuliert wurde oder schnelle Lösungen angedacht wurden - und so funktioniert die Saga eben nicht. Für sich betrachtet entfalten sich die unzähligen Handlungsstränge an den verschiedenen Orten doch eher gemächlich - bis man ihre Konsequenzen erfährt oder überhaupt wittert, wohin der Hase läuft, vergeht eben schon geraume Zeit. Da hat das HBO-Finale sogar schon dramaturgisch etwas vorgegriffen, um alle Handlungsstränge rund zu bekommen und abzuschließen (denn eigentlich sind sie das, zumindest was ihren ersten Bogen angeht). Alle Charaktere gehen etwas Neues an oder verharren in ihrer Position, weil sie für das riesige "Schachspiel des Lebens" eben genau da gebraucht werden, wo sie sind. Die Drachen beispielsweise bedeuten die einschneidendste Veränderung in der Entwicklung eines Handlungsstrangs, der bald viele andere beeinflussen könnte, und deswegen ist ihre epische Stellung im Finale auch völlig gerechtfertigt. Kleinere Sachen wie den Ausritt der Night's Watch (den ich in der Serienversion sehr gelungen fand), Lancels kleines Techtelmechtel mit Cersei und Aryas Begegnung mit Hot Pie (bzw. das Verlassen von King's Landing) hat man vom Anfang des zweiten Buches herübergeholt, was nicht schlimm ist, sondern eben ganz gut das Bemühen um ein erstes Abschließen sämtlicher Stränge gut verdeutlicht.
GoT (die Show) ist in vielen Sachen schon direkter als GoT (das Buch) - wahrscheinlich, um den Nichtlesern den Einstieg in die Welt der Ränkespiele von Westeros zu erleichtern, aber als Leser ist man schon durchaus ein wenig ernüchtert, wenn viele von Martins Andeutungen schon bei ihrer Einführung unmissverständlich vor dem Zuschauer ausgebreitet werden. Das nimmt den Diskussionen ein wenig den Reiz, wenn plötzlich von Anfang an klar zu sein scheint, dass Joffrey eben nicht Roberts Sohn ist, dass Renly und Loras mehr als nur gute Freunde sind oder dass Gendry ganz klar als Roberts Bastard etabliert wird. Vielleicht wirkt dadurch die Serie weniger subtil als die Bücher, in der auf mittlerweile über 4000 Seiten eine Welt erschaffen wird, in der es vor kleinen Details nur so wimmelt, die durch die Eigenheiten ihrer Charaktere lebt (die eben keine klassischen Archetypen sind), durch ihre Gemeinheiten, aber auch tiefsten Gefühle und innersten Konflikte. Niemand ist sicher, und so ist auch niemandes Geschichte sicher. Die Nebenfigur von heute könnte bald genauso gut der größte Charakter der Saga werden. Das wird in einer filmischen Struktur natürlich holprig aussehen, weil Film eben anders funktioniert - in vollem Umfang Verständnis dafür können wiederum nur die Leser haben, die dem Zwang dieser Struktur nicht folgen müssen, weil das Buch mehr entwicklerischen Spielraum für alle zulässt.
Fazit: Es ist schön, als Leser der Serie folgen zu können, zu sehen, wie all die Charaktere zum Leben erwachen, wie sie aussehen, wie sie sich verhalten. Ich habe mich durch die Bücher nie gespoilert gefühlt, sondern war eher besorgt, wie Nichtleser mit all dieser Detailfülle (und den Dingen, die sie nicht erfahren konnten) umgehen können. Ich für meinen Teil bin froh, die Bücher zuerst gelesen zu haben und würde es immer wieder tun.
'Nuff said. Und nun: Bash me!
